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Kurtisanen leben gefaehrlich

Kurtisanen leben gefaehrlich

Titel: Kurtisanen leben gefaehrlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Natascha Weber
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Gesicht des seltsamen Terrano wirkte plötzlich düster und verschlossen. Er schien über etwas nachzudenken. Überlegte er, in wieweit er mir vertrauen durfte? Auch ich selbst war sehr vorsichtig. Verducci war ein Fremder für mich und er konnte ebenso gut ein Mann des Fürsten sein. Aufmerksam blickte ich ihn an, versuchte, in einem Gesicht zu lesen, in dem man nicht lesen konnte.
    »Ihr wollt Euren Geliebten zurück, Lukrezia, und ich kann Euch dazu verhelfen. Ich verlange dafür als Gegenleistung nur Eure Hilfe. Euer Wissen über das Land des Fürsten und das Machtgefüge innerhalb dieser Stadt sind für mich unbezahlbar, denn ich habe diesen Boden seit Langem nicht mehr betreten. Ich habe nur wenige Verbündete, ebenso wie Ihr selbst, und wir verfolgen das gleiche Ziel. Was also läge näher, als unsere Zusammenarbeit?«
    Seine Stimme war dunkel und von altem Schmerz erfüllt. Ich zwang mich dazu, den Narbenmann ruhig anzublicken und kämpfte gegen meinen inneren Aufruhr an.
    Ich wusste nicht, was er wirklich vorhaben mochte, aber seine Worte waren zumindest in diesem Augenblick ehrlich, das sagte mir mein Gespür.
    Wir musterten einander, gegenseitig die Motive des anderen abschätzend. Die Pläne des Fürsten zu durchkreuzen, erschien mir unmöglich, aber wenn dieser Mann einen Weg kannte, um dies zu bewerkstelligen, dann würde ich ihm zur Seite stehen. Was konnte es mich jetzt noch kosten, da ich bereits alles außer meinem Leben verloren hatte? Er schien nicht daran interessiert, mich an den Fürsten auszuliefern, denn dazu hätte er mühelos jede Gelegenheit gehabt, ohne überhaupt das Wort an mich richten zu müssen.
    Meine Hand fand den Weg in die seine, einen Handel beschließend, von dem ich nicht einmal wusste, was er für mich bedeuten würde. Doch welche Wahl blieb mir, in diesem Spiel, zu dessen Spielfigur ich geworden war?
     
     

Kapitel 9
    D
omenico Verducci ließ es sich nicht nehmen, mich zu dem Haus des Schuhmachers zu begleiten und diesmal wehrte ich mich nicht dagegen. Er kannte meinen Aufenthaltsort bereits, also bestand keine Notwendigkeit mehr für ein Versteckspiel.
    Wir sprachen wenig, obgleich ich versucht war, weitere Fragen zu stellen. Der Narbenmann blickte aber so düster und stur nach vorne, dass ich es nicht wagte, seine Gedanken zu unterbrechen.
    Endlich hatte ich ausreichend Gelegenheit, über die Geschehnisse der Nacht nachzusinnen, kam aber zu keinem rechten Ergebnis. Viele Fragen waren offengeblieben, einige neue hinzugekommen und ich fühlte mich unsicher und einsam. Was sollte eine Frau wie ich gegen den Fürsten und eine zukünftige Königin ausrichten? Wie sollte ich dem Mann, der schweigend an meiner Seite lief, von Nutzen sein, wenn ich mir doch selbst nicht zu helfen wusste?
    Wir mussten beide ein merkwürdiges Bild abgeben, als wir den Schuhmacher erreichten und Domenico Anstalten machte, sich von mir zu verabschieden. Wir waren damit beschäftigt, einander einzuschätzen und die Absichten des anderen zu ergründen, und so wirkten wir wohl wie zwei Gegner vor einem Kampf, die sich umkreisten, und nicht wie Verbündete. Doch unsere gegenseitige Musterung fand noch vor ihrem Finale ein jähes Ende. Eine mir wohlbekannte, eisige Stimme erklang aus der Dunkelheit und ließ uns innehalten.
    »Ah, Signorina Lukrezia! Wie schön, dass Ihr endlich hier angelangt seid. Vielleicht möchtet Ihr mir Eure neue Bekanntschaft vorstellen?«
    Ich fuhr herum und sah mich mit vor Schreck geweiteten Augen Andrea Luca gegenüber, der beinahe unkenntlich im Schatten des Hauses stand. Das schlechte Gefühl, ertappt worden zu sein, breitete sich in mir aus, obgleich ich keinen Grund dazu hatte. Ich hatte nichts getan, was diese Reaktion rechtfertigen würde.
    Wie so oft, wenn ich Andrea Luca sah, begann mein Herz schneller zu schlagen, aber ob es aus Furcht oder vor Freude geschah, vermochte ich nicht zu unterscheiden. Er wirkte angespannt und wütend. Mir war bewusst, was er denken musste, schlich ich doch mit einem fremden Mann durch die Nacht, der auf den ersten Blick weder abstoßend wirkte noch irgendetwas über seine Beziehung zu mir verriet. Und schließlich war ich eine Kurtisane.
    Von den Ereignissen der Nacht ermüdet, suchte ich noch nach einer Antwort, die alles erklären würde, doch Andrea Luca zog bereits das Rapier mit einem leisen, schlangenartigen Zischen aus der Scheide. Das Mondlicht fing sich in dem Stahl und ließ ihn hell erglühen, eine deutliche Warnung an den

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