Kussen hat noch nie geschadet
schaltete, gab er Gas. »Ich hab einen hervorragenden Anwalt. Ich gebe dir seine Karte.«
»Ich will deine Hilfe nicht.«
»Ich weiß, aber du wirst sie trotzdem annehmen.« Er war müde. Müde davon, gegen die Vergangenheit anzukämpfen. Bei Autumn konnte er nicht gewinnen. Vielleicht war es besser, das jetzt einzusehen als später. Bevor er ihr noch einen Riesenklunker kaufte und sich zum Narren machte. »Ich will nicht, dass du sie mit deinem Mist aufregst.«
»Ich? Das ist echt frech. Du bist doch derjenige, der sie erst geschwängert und dann im Hotel sitzen gelassen hat.«
Er warf dem ehemaligen Navy SEAL einen Blick zu. Dem Mann, den alle für einen Helden hielten. »Wir wissen alle, was vor sechs Jahren passiert ist. Autumn und ich überwinden das gemeinsam«, log er.
Vince lachte. »Bist du dir sicher, dass Autumn das überwindet? Ich kenne meine Schwester. Sie ist eine Haven. ›Vergeben und vergessen‹ existiert in unserem Wortschatz nicht.«
Allerdings. Das hatte er auch schon gemerkt. Das war mehr als deutlich bei ihm angekommen. »Sag mir eins, Froschmann. Hast du je etwas getan, das du so sehr bereust, dass du dich noch nach Jahren deshalb schuldig fühlst? Vielleicht dein Leben lang?«
Vince schwieg lange. Dann sagte er: »Ein oder zwei Mal.«
Auch wenn er es nur ungern zugab, in dem Moment erkannte er sich selbst in Vince wieder. »Ich bereue, was ich Autumn angetan hab, und ich hab mich wie ein Verrückter darum bemüht, es wiedergutzumachen.« Er fuhr langsamer und nahm die Ausfahrt nach Kent.
»Hm.« Vince zog eine Fliegersonnenbrille aus der Brusttasche und setzte sie vorsichtig auf sein geschwollenes Gesicht. »Und wie funktioniert das bisher?«
Nicht sehr gut. Und nach jenem Morgen bezweifelte er auch, dass es das je würde. Er hatte ihr versprochen, ihr nie wieder wehzutun, und sie hatte ihm nicht geglaubt. Hatte ihm nicht vertraut, und je mehr er darüber nachdachte, desto wütender machte es ihn.
»Ich sollte mich wohl bei dir bedanken, dass du mich aus dem Knast geholt hast«, presste Vince hervor, als bereitete ihm allein schon der Gedanke zusätzliche Schmerzen.
Jetzt war es an Sam zu grunzen. »Übernimm dich nicht.«
Vince verschränkte die Arme vor der Brust. »Und bilde dir bloß nicht ein, dass wir jetzt quitt sind. Ich werde dir trotzdem eines Tages so richtig in den Arsch treten.«
Sam grinste. »Du wirst versuchen , mir eines Tages so richtig in den Arsch zu treten. Du kennst vielleicht hundert verschiedene Methoden, einen Menschen zu töten, aber ich kenne hundert Methoden, in jemandem den Wunsch zu wecken, tot zu sein.«
Vince lachte amüsiert. »Wenn du nicht so ein Riesenarschloch wärst, könnte ich dich sogar mögen.«
Sam rief nicht an. Weder am Abend, bevor er mit der Mannschaft auf Reisen ging, noch an den nächsten zwei Tagen. Am dritten Tag meldete er sich endlich und wollte Conner sprechen. Schon beim Klang seiner Stimme wurde Autumn ganz leicht ums Herz, obwohl es ihr zugleich in die Hose rutschte. Der wohlige Schmerz raubte ihr fast den Atem. Nachdem er mit seinem Sohn gesprochen hatte, legte er auf. Er wollte nicht mit ihr reden. Auch nicht am Tag darauf, als er wieder anrief und sich nur mit seinem Sohn unterhielt.
Es war am besten so, redete sie sich ein. Das Beste für Conner und sie. Ihre Augen brannten, und sie konnte die Tränen nicht zurückhalten, die ihr über die Wangen strömten. Sie hätte nie gedacht, dass ihr Herz, das sie so sorgfältig wieder gekittet hatte, sogar noch schlimmer brechen könnte als zuvor, doch so war es. Sie war kreuzunglücklich und wusste nicht, was sie tun sollte.
Um kurz nach zwölf kam Vince mit seinem großen schwarzen Truck auf den Parkplatz vor ihrem Bürofenster gefahren. Sie war zwar nicht in der Stimmung, ihren Bruder zu sehen, aber vielleicht wollte er sie zum Mittagessen ausführen und würde sie von ihren Problemen ablenken. Vielleicht hatte er auch ein supertolles Weihnachtsgeschenk für sie, das sie aufmuntern würde.
»Wow! Du siehst echt beschissen aus«, stellte er fest, als er ihr Büro betrat.
Autumn putzte sich die Nase. »Danke.« Sie zeigte auf sein blaues Auge. »Du aber auch. Was ist passiert?«
Natürlich antwortete er nicht. »Warum weinst du?«
Sie schüttelte abweisend den Kopf. Wenn er ein Geheimnis für sich behalten konnte, konnte sie das auch. »Ich will nicht darüber reden.«
Normalerweise hätte er ihr so lange zugesetzt, bis sie es ihm verriet. Stattdessen fragte er: »Ist
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