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Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.

Titel: Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem , Daniel E. Mroz
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letztere war durch das unfaßbare Geschehen so verblüfft, daß er sich nicht einmal bemühte, sich vor der Maschine zu verbergen, die ganz offensichtlich vorhatte, ihn zu zermalmen. Erst Klapauzius, der sich seine Geistesgegenwart bewahrt hatte, packte ihn am Arm und zog ihn mit Gewalt fort, und so rannten beide ein gutes Stück. Als sie sich umwandten, sahen sie, wie die Maschine, schwankend wie ein hoher Turm, langsam einherging und mit jedem Schritt fast bis zum ersten Stockwerk versank, aber starrsinnig, unermüdlich machte sie sich vom Sand frei und strebte stracks auf sie zu.
    »Nein, das hat es auf der Welt noch nicht gegeben!« sagte Trurl, dem die Luft vor Staunen wegblieb. »Die Maschine rebelliert! Was tun?«
    »Warten und beobachten«, erwiderte Klapauzius besonnen. »Vielleicht klärt es sich auf.«
    Vorläufig ließ nichts darauf schließen. Die Maschine, die festeren Boden erreicht hatte, kam schneller voran. In ihrem Innern pfiff, zischte und rasselte es.
    »Gleich wird die Einstellung und die Programmierung ausfallen«, brummte Trurl. »Dann fliegt sie auseinander und wird stehenbleiben …«
    »Nein«, erwiderte Klapauzius, »das ist ein Sonderfall. Sie ist so dumm, daß ihr nicht einmal schaden würde, wenn man die Verteileranlage stoppte. Paß auf, da … laß uns fliehen!«
    Die Maschine geriet sichtlich in Fahrt, um sie niederzuwalzen. Sie rannten also, so schnell sie konnten, und hinter sich hörten sie das entsetzliche rhythmische Stampfgeräusch. So liefen sie, was sollten sie auch sonst tun? Sie wollten an ihren Heimatort zurück, aber die Maschine verhinderte es, indem sie sie durch Flankieren vom beabsichtigten Weg abdrängte und sie unerbittlich zwang, in eine immer ödere Wüstenlandschaft einzudringen. Allmählich tauchten Berge aus den tiefhängenden Nebeln auf, düster und zerklüftet; Trurl rannte keuchend zu Klapauzius: »Hör zu! Wir fliehen in einen engen Hohlweg … Dorthin, wo sie uns nicht folgen kann … Die Verdammte … Wie?«
    »Es wäre besser, wenn wir geradeaus liefen«, sagte Klapauzius schnaufend. »Nicht weit von hier liegt eine kleine Ortschaft … Wie sie heißt, weiß ich nicht mehr … Jedenfalls finden wir dort … Uff!!! Schutz …«
    Sie rannten geradeaus und erblickten bald die ersten Häuser vor sich. Um diese Tageszeit waren die Straßen fast leer. Sie liefen ein gut Stück Weges, ohne auch nur eine lebende Seele anzutreffen, da kündete entsetzlicher Lärm, wie wenn eine Steinlawine auf den Rand der Siedlung niedergegangen wäre, daß auch die Maschine angelangt war.
    Trurl schaute sich um und stöhnte.
    »Du lieber Himmel! Sieh nur, Klapauzius, sie reißt die Häuser ein!«
    In der Tat raste die Maschine, die ihnen hartnäckig nachsetzte, wie ein stählerner Berg durch Häusermauern, und Ziegelschutt zeichnete ihren Weg, über dem weiße Kalkstaubwolken schwebten. Entsetzensschreie Verschütteter hallten wider, auf den Straßen wimmelte es von Menschen. Trurl und Klapauzius hetzten schwer atmend, bis sie an ein großes Rathaus gelangten, wo sie im Nu über die Treppe in den tiefen Keller rannten.
    »So, hier erreicht sie uns nicht, selbst wenn das ganze Rathaus uns über dem Kopf einstürzen sollte«, schnaufte Klapauzius. »Der Teufel hat mich geritten, dir heute einen Besuch abzustatten … Ich war neugierig, wie dir die Arbeit von der Hand geht, na bitte – ich habe es erfahren …«
    »Still«, erwiderte Trurl. »Da kommt wer …«
    In der Tat öffnete sich die Tür des Gewölbes, und der Bürgermeister mit einigen Ratsherren kam herein. Trurl schämte sich darzulegen, was die außergewöhnliche und zugleich schauderhafte Geschichte verursacht haben mochte, also kam ihm Klapauzius zu Hilfe. Der Bürgermeister hörte ihm stumm zu. Plötzlich erbebten die Wände, die Erde schwankte, und in dem tief unten versteckten Keller hörte man durchdringendes Krachen einstürzender Mauern.
    »Sie ist schon hier?« rief Trurl.
    »Ja«, sagte der Bürgermeister. »Und sie fordert eure Auslieferung, da sie sonst die ganze Stadt zerstören wird …«
    Zur gleichen Zeit drangen irgendwo oben ausgesprochene, nasal klingende, einem stählernen Schnattern ähnelnde Worte zu ihnen: »Trurl muß hier irgendwo stecken … Ich spüre Trurl …«
    »Ihr wollt uns doch nicht etwa ausliefern?« fragte der, nach dem die Maschine so hartnäckig verlangte, mit zitternder Stimme.
    »Wer von euch Trurl heißt, muß den Raum verlassen. Der andere kann bleiben, seine Auslieferung ist

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