Lachen mit Tränen in den Augen (German Edition)
sie war nicht mehr da. Und er wusste nicht, ob sie jemals zurückkehren würde.
Ein Jahr war sie schon fort – sie wusste, dass er so empfand und wie sehr er darunter litt. Sie merkte es an der Art, wie er sie ansah, wenn sie sich nahe waren, wie er die Hand nach ihr ausstreckte, um sie zu spüren. Es waren die kleinen Gesten, die sie anrührten. Ein Lächeln, ein Streicheln, ein kleines Geschenk, eine Schachtel Pralinen, ein Strauß Blumen, ein Ring. Oder eben eine Traumreise.
»Würdest du gern fahren, Shainee?« Auf ihrem Laptop hatten sie sich die Fotos angesehen. Blaue Lagunen, schwarze Strände, exotische Fische vor bunten Korallenriffen, Wasserfälle in smaragdgrünen Bergen, traumhafte Sonnenuntergänge unter Palmen. »Was hältst du davon, wenn ich dir die Reise schenke? Stell dir vor, du könntest dir jeden Wunsch auf deiner Liste erfüllen. Lass mich dir dabei helfen.«
Ihre Wunschliste – dass er daran gedacht hatte! Shainee war so gerührt gewesen, dass ihr die Worte gefehlt hatten.
Tahiti war schon immer das Ziel ihrer Sehnsucht gewesen! Mit einem ›Vielleicht irgendwann später ...‹ hatte sie die Erfüllung ihres Traums jahrelang vor sich hergeschoben. Nie hatte sie Zeit gehabt. Ihre Arbeit, ihre Bücher, ihre Familie – ihr Leben auf der Überholspur hatte sie immer in Atem gehalten. An dem Tag, an dem sie einen Roman beim Verlag abgegeben hatte, hatte sie schon mit den Recherchen für ein neues Buch begonnen. Drei Monate im Jahr war sie auf Lesereisen unterwegs gewesen. In den letzten drei Jahren waren vier ihrer Bücher verfilmt worden. Late-Night-Shows bei Jay Leno und Conan O’Brien, Talk bei Oprah Winfrey, Pressekonferenzen, Filmpremieren und Fotoshootings mit Will Smith und Scarlett Johansson – und Mark immer geduldig an ihrer Seite, auch bei den Auftritten in aller Welt für ihre ehrenamtlichen Tätigkeiten als UNICEF-Botschafterin. Sie hatte ihre Arbeit und ihre Familie gehabt – für anderes war einfach keine Zeit geblieben. Seit Jahren hatte sie unter dem ständigen Zeitdruck gelitten. Der Erfolg hatte sie in Atem gehalten. Durchatmen? Keine Zeit! Ein Traumurlaub, ohne ihr Laptop? Acht Tage, ohne ein Wort zu schreiben? Ohne Mark und Lexie? Ohne das tägliche Chaos, die Hektik, den Californian Way of Life mit zwei Autos in der Garage, ihrem Porsche Boxster und Marks schwarzem Lexus, seinem Trekking Bike im Vorgarten, dem Surfboard mit stylishem Graffiti in Lexies Zimmer, das eher an die Leinwand eines modernen Gemäldes erinnerte? Unmöglich! Darüber hatte sie erst gar nicht nachdenken müssen. Trotz des Stresses fand Shainee das, was sie machte, spannend und befriedigend. Sie war leidenschaftlich gern Ehefrau, Mutter und Schriftstellerin. Ihr Leben war ein nie endendes aufregendes Abenteuer.
Und von einem Tag auf den anderen ist plötzlich alles anders, erinnerte sie sich. Du hast Angst. Du bist wütend. Du fühlst dich hilflos. Und obwohl du einen Mann hast, der dich auf eine rührende Art liebt, und eine sechzehnjährige Tochter, auf deren Gefasstheit und Entschlossenheit du trotz ihrer Jugend stolz sein kannst, fühlst du dich allein. Dieses Empfinden willst du dir nicht eingestehen, um deinen Liebsten nicht wehzutun. Aber du kannst nicht anders. Du bist allein.
Nach einem weiten Schwenk kam das Flugzeug mit einem Ruck vor dem hell erleuchteten Flughafengebäude zum Stehen. Das schrille Geräusch der Turbinen wurde leiser. Mit einem Ping erlosch das Anschallzeichen. Das Klicken der Sitzgurte untermalte das aufgeregte Raunen der Passagiere und die Abschiedsworte aus dem Lautsprecher:
»Nous vous souhaitons une très bonne journée. We wish you a pleasant stay on the islands. Take care!«
Sehnsucht hatte in Marks Blick geschimmert, als er gestern Abend beim Abschied am Gate ihre Hand in seiner gehalten hatte. Traurigkeit. Schmerz. Aber auch Verunsicherung. Und ein bisschen Resignation. Dabei war die Traumreise seine Idee gewesen! Jede Reise endete irgendwann, und man kehrte nach Hause zurück. Das Wort Trennung hatte keiner von ihnen in den letzten Wochen ausgesprochen. Sie hatten beide zu viel Angst, alles würde noch schlimmer werden, sprächen sie es aus. Eine Reise, ja! Eine Zeit des Durchatmens, des Besinnens, des Sichwiederfindens. Eine Zeit des Erinnerns an all die schönen Dinge, die sie in den fast zwanzig Jahren ihrer Ehe gemeinsam getan hatten. Dann eine Entscheidung, klar und bewusst getroffen. Und vielleicht die Rückkehr in die offenen Arme des
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