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Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition)

Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition)

Titel: Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schuck
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Terrorhacker?
    Jedenfalls könnten die Anwesenden der zivilen Untersuchung am nächsten Morgen völlig gelassen entgegensehen. Er könne aus der Erfahrung der letzten zehn Jahre sagen, dass allenfalls ein Staatssekretär ausgewechselt würde. Darin habe man ja Übung hier in Deutschland. Und er brachte es fertig, an dieser Stelle grinsend zu vermerken: "Being a soldier is a dangerous business (Soldat zu sein ist ein hartes Geschäft)".
    Er war offenbar sehr zufrieden mit sich. Aber als er sich jetzt zurückziehen wollte, gab es eine ganze Menge Murren und Zwischenrufe.
    "Wo ist Professor Morian? Was sagt er zu dieser scheußlichen Geschichte?", rief ein Offizier.
    "Professor Morian ist schon gestern Abend nach Berlin abgereist. Er ist telefonisch über die schrecklichen Ereignisse in Kenntnis gesetzt worden und lässt Ihnen sein tiefes Bedauern übermitteln", antwortete nun wie der der PR-Mann von K.R.A.M.P.E.
    "Wird BALLOKI jetzt nicht viel zu früh in der Öffentlichkeit bekannt?" , wollte ein anderer wissen.
    "Wir wüssten nicht, warum BALLOKI jetzt nicht bekannt werden sollte", entgegnete der Stabsoffizier. "Seine Entwicklung ist doch völlig abgeschlossen, von einigen kleinen Verbesserungen abgesehen. Aber da werden wir nach Ihren Berichten noch klarer sehen."
    Mehr Fragen wurden nicht gestellt. Bernd und Gurth bekamen die Order, die Nacht über im Vorführungszentrum zu bleiben, weil ihre kriminalpolizeilichen Vernehmungen auf den kommenden Morgen festgesetzt worden waren. Die militärischen Vernehmungen hatten sie ja schon hinter sich.
    Mit drei weiteren Offizieren fanden sie sich am Abend an der Bar ein. Die Ordonnanz stand wieder elegant, in weißer Uniform, hinter dem Tresen, bereit ihre Bestellungen entgegenzunehmen. Wie am Abend zuvor bestellten sie harte Sachen.
    Es war totenstill im Hause. Nur manchmal vermeinte Gurth den eiskalten Novemberwind um die Betonwände heulen zu hören. Vielleicht fing er sich auch irgendwo in den Luftschächten und blies auf ihnen wie auf einer Panflöte.
    "Mit tiefem Bedauern ... ", knurrte er."Dieses Arschloch sitzt in Berlin und bedauert, und wir müssen morgen der Kripo Rede und Antwort stehen."
    "Immer noch besser, als heute den Frauen der Verbrannten Rede und Antwort zu stehen", warf Bernd ein und streichelte versonnen sein Glas mit Old Scotch.
    Dann fragte er Gurth: "Was hast du eigentlich damals mit Morian erlebt? Das Ende der Geschichte habe ich gestern Abend nicht ganz verstanden. Ich war schon zu, eh, introvertiert."
    Diese überraschende Frage riss Gurth mit einem schmerzhaften Ruck zurück in den dunklen Brunnenschacht seiner eigenen Vergangenheit. Er sah sich fragend in der Runde um, erkannte das Interesse in den Gesichtern. Da erzählte er die Geschichte des zehnjährigen Gurth lässig wie ein Außenstehender zu Ende, wie sie diese Mutproben gestaltet hatten, wie sie speziell bei Krampe eingedrungen waren, wie das Los auf ihn, Gurth, fiel. Und, etliche Whisky später, kam die spannende Stelle: "Ich stand auf dem hinteren Bock, ein wenig über den schwarz polierten Sarg gebeugt. Morian starrte mich an. Die tote Hand mit den langen, dürren Fingern und den gelben Fingernägeln hinterließ in der weißen Sargdecke tiefe Eindrücke. Dann schoss diese Hand auf mich zu, rannte meine Brust hoch. Es fühlte sich an, als würden mir mit einem Tacker Nägel ins Brustbein gehämmert. Die Hand packte meinen schlanken Kinderhals. Nie hatte ich solche Eiseskälte verspürt, wie sie diese Hand verströmte. Sie riss mich unwiderstehlich auf das grinsende Gesicht des Toten zu. Der Mund mit den messerscharfen Lippen öffnete sich. Süßlich stinkender Verwesungsgeruch entströmte der schwarzen Mundhöhle. Ich hörte durch das Rauschen meines eigenen Blutes hindurch die gekrächzten Worte: 'Solange du tötest, lebst du!' Als Zehnjähriger habe ich diesen Satz verdrängt. Ich hätte ihn sowieso nicht verstanden. Erst als ich Morian gestern wieder sah, kam er Wort für Wort zu mir zurück. Heute verstehe ich ihn! Als die tote Hand mich noch weiter in diesen Aasgeruch hineinzog, kam meine Überlebenskraft zurück. Ich riss einfach die Beine an den Bauch und ließ mich mit meinem ganzen Gewicht nach unten fallen. Einen wahnsinnigen Augenblick lang hielt mich die tote Hand noch in ihrem schrecklichen Griff. Ich schwöre, ich spürte, wie mein Hals länger wurde. Aber dann fiel ich. Unendlich lange fiel ich, bis ich schließlich in den Armen meiner Freunde landete. Die fragten nicht

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