Lacunars Fluch, Teil 1: Der Auftrag (German Edition)
zusammenarbeiteten. Nicht aus Freundschaft, sondern weil die Vernunft es ihnen befahl.
»Ich bin bei einem Freund untergekommen«, sagte Anamarna. »Er ist verschwiegen, ich vertraue ihm, und er hat einen großen Garten.«
Die drei Männer trennten sich und begaben sich auf unterschiedlichen Wegen zu dem besagten Haus. Nacheinander trafen sie ein und wurden hereingelassen. Der Hausherr begrüßte sie, und nachdem er von Anamarna erfahren hatte, worum es ging, bat er Aven, sie in den Garten zu führen, der von einer hohen Mauer umgeben war.
Da saßen sie im Schatten eines großen Apfelbaumes, und Suthranna begann: »Die Sache mit der Befreiung der Knaben und die Gefangenschaft bei den Räubern ist eine undurchsichtige Geschichte. Wie siehst du das, Sagischvar?«
Der neigte das Haupt. »So wie du, mein Bruder. Sie beweist, dass Jaryn eine rätselhafte Verbindung zu ihnen hat, also wird auch die Geschichte mit der Befreiung aus dem Jammerturm der Wahrheit entsprechen.«
»Sie kann nur zustande gekommen sein, als er mich damals besuchte«, warf Anamarna ein. »Er musste die Rabenhügel durchqueren. Als er bei mir eintraf, war ihm nichts anzumerken. Ich hätte es gemerkt, wenn etwas vorgefallen wäre. Es muss also auf dem Rückweg passiert sein.«
Sagischvar nickte nachdenklich. »Ich erfuhr von einem Zwischenfall in den Rabenhügeln: Man hatte ihm den heiligen Rock und das Auge Achays gestohlen. In einer Köhlerhütte fand Jaryn dann einen alten Mantel, mit dem er den Rückweg antreten konnte. Damals habe ich dem Vorfall wohl nicht die gebührende Aufmerksamkeit gewidmet. Ich war nur erleichtert, dass er wohlbehalten zurück war.«
»Und heute haben wir des Rätsels Lösung«, bemerkte Anamarna.
»Die Lösung?«, fragte Sagischvar.
»Ja. Dort in den Rabenhügeln ist der rätselhafte Kontakt zu den Räubern zustande gekommen. Was dort passiert ist, wissen wir nicht, aber wir können es vermuten. Einen Raubüberfall, ja, den hat es offensichtlich gegeben. Aber darüber hinaus muss etwas vorgefallen sein, was so etwas wie eine Freundschaft zwischen Jaryn und den Räubern begründet hat.«
»Oder man hat ihn erpresst«, vermutete Sagischvar. »Ja, man könnte ihn unter Druck gesetzt haben. Aber womit?« Er starrte grübelnd vor sich hin.
»Ich glaube das nicht«, wandte Suthranna ein. »Eher schienen die Räuber ihm etwas schuldig zu sein, hätten sie sonst die Knaben befreit?«
»Aber das Gold haben sie behalten«, brummte Sagischvar.
»Caelian erzählte mir, dass Jaryn sich bei dem Räuberhauptmann für sie eingesetzt habe. Das Gold haben sie natürlich genommen, aber die Knaben sind, soweit wir wissen, wieder in ihre Heimatdörfer zurückgekehrt. Der Kaufmann Orchan, der die Knaben ursprünglich angeworben hatte, hat mir bestätigt, dass Jaryn und Caelian Gefangene des Lagers waren, aber sehr gut behandelt wurden. Der Gefallen, den die Räuber Jaryn erwiesen haben, hat sie offensichtlich nichts gekostet. Warum sie es taten, wissen wir nicht, aber das ist nicht wichtig. Für uns zählt, dass es auf Jaryns Bitte hin geschehen ist.«
Anamarna nickte. »Und die Befreiung des Gefangenen aus dem Jammerturm zeugt ebenfalls von Mut und edler Gesinnung.«
»Von edler Gesinnung?«, wiederholte Sagischvar befremdet. »Der Gefangene war immerhin ein Mörder und Räuber.«
»Aber ein Mensch in Not«, sagte Anamarna. »Offensichtlich war Jaryn ihm zu großem Dank verpflichtet, und er hat diesen Dank abgeleistet, wie es einer großen Seele geziemt.«
»Wenn es sich so verhielt, wäre das für uns eine weitere Bestätigung unseres Handelns«, nickte Suthranna. »Wie sollen wir nun vorgehen? Wir könnten den großen Tag verschieben, bis wir Gewissheit haben.«
»Ich bin nicht dafür, ihn abzusagen. Doron wird unruhig. Er war nervös«, sagte Anamarna.
»Nervös? Woran hast du das denn erkannt?«
Anamarna lächelte. »An seinen Augen. Die kann er nicht so gut beherrschen wie seine Gesichtsmuskeln. Ich habe sie ständig beobachtet.«
»Und was unternehmen wir wegen Gaidaron?«, fragte Suthranna.
»Das ist Dorons Problem«, wiegelte Sagischvar ab. »Wenn Saric recht behält, wird Jaryn in zwei Tagen wieder zurück sein. Uns bleibt also noch genug Zeit.«
31
Rastafan hatte Jaryn bis zum Waldrand begleitet. Dort, wo der Weg in die Felder begann, blieb er zurück. »Lass mich nicht ewig warten«, sagte er zum Abschied. Sie umarmten sich flüchtig, um den Abschied kurz zu machen. Jaryn lief den leicht abschüssigen Weg
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