Lass Dich nicht vereinnahmen
Frage zu stellen, gäbe es keine Entwicklung und keine Kompromisse, sondern nichts als sture Rechthaberei.
»Allein die Dosis macht das Gift«, das wusste schon Paracelsus. Auch eine Tugend kann sich eben, im Übermaß eingesetzt, zur Unsitte wandeln. In unserem Bestreben, gut mit anderen Menschen auszukommen und Unstimmigkeiten, Kritik und Konflikten aus dem Weg zu gehen, handeln wir dann oft gegen unsere eigenen Wünsche und Bedürfnisse und lassen uns so einseitig von anderen vereinnahmen. In diesem Kapitel erfahren Sie, worin die Gründe zu suchen sind, die das Harmoniebestreben zu Lasten unserer persönlichen Freiheit so ausufern lassen.
Immer wieder Ja statt Nein
Sicher kommt Ihnen das nur allzu bekannt vor: Sie tun etwas, was Sie gar nicht tun wollten und fragen sich danach, wie um alles in der Welt Sie da hineingeraten konnten. Ganz bestimmt finden Sie sich in einem oder mehreren der folgenden Beispiele wieder.
Schon wieder überrumpelt
Wie konnte ich bloß …
… diese teure Bluse kaufen – nur weil die Verkäuferin mir viel Zeit gewidmet hat?
… mich von der Kollegin kurz vor Feierabend eine gute halbe Stunde in Beschlag nehmen lassen? Sie ist den Frust über ihren Ex losgeworden, und ich habe nun meinen Zug verpasst.
… einem Nachbarn das Auto für einen Kurztrip leihen – nur um mich für den reparierten Gartenschlauch zu revanchieren?
… ein Abo für eine Fernsehzeitung abschließen – nur weil mir der nette Student an der Tür so leidgetan hat?
Ja, wieso nur? Denn nun sind wir gar nicht glücklich, sondern frustriert: Die Bluse sieht im heimischen Spiegel ganz nett, aber nicht gerade sensationell aus, außerdem sitzt sie nicht richtig. Komisch, dass uns das bei der Anprobe nicht aufgefallen ist. Weil wir uns von der redegewandten Kollegin nicht loseisen konnten, fehlt jetzt die Zeit, in der Reinigung die schicke schwarze Hose abzuholen, die wir morgen eigentlich zum Meeting tragen wollten. Wir sorgen uns ohne Unterlass, dass der Nachbar das Auto nicht heil zurückbringen könnte. Überdies ist es auch nicht prickelnd, dass wir zwei Tage bei Nieselwetter mit dem Rad zur Arbeit fahren müssen. Und Zeitschriften haben wir mehr als genug, außerdem ist das schon das dritte Abo, das auf diese Weise zustande kam. Tja, dumm gelaufen!
Die Macht des Entscheidungsdrucks
Wann haben Sie das letzte Mal an einer Veranstaltung teilgenommen, die Sie im Grunde gar nicht interessierte? Sind Sie nur hingegangen, weil ein anderer zu Ihnen sagte:
Das ist aber ein MUSS!
Wir zählen auf dich!
Wir wollen dich unbedingt dabeihaben!
Du bist die Einzige von uns, die sich noch nicht angemeldet hat.
Wenn du da nicht mitmachst, dann bist du echt außen vor.
Interessiert dich das nicht?
Es gibt die verschiedensten Vereinnahmungsstrategien wie beispielsweise Komplimente zu machen, ein schlechtes Gewissen zu erzeugen oder mehr oder weniger subtile Drohungen auszusprechen (»wenn du nicht …, dann …!«), die Entscheidungsdruck in uns aufbauen sollen – damit wir das tun, was der andere will. Tatsächlich lassen wir uns im Alltag allzu oft zu Entscheidungen verleiten, die eigentlich gar nicht in unserem Sinne sind. Manchmal, wenn wir uns für die Interessen anderer einspannen lassen, denken wir nach einer Weile sogar, es seien unsere eigenen – oder wollen uns dies zumindest selbst glauben machen. Vereinnahmung beruht stets darauf, dass Gefühle in uns ausgelöst oder Motive in uns geweckt werden, von denen der andere einen Nutzen hat. Doch was ist das genau, was uns »Ja« sagen lässt, obwohl wir »Nein« meinen?
Unsere psychischen Grundbedürfnisse
Schon seit Längerem haben Neurobiologie und Verhaltensforschung Antworten auf die Frage gefunden, unter welchen Umständen Menschen schnell bereit sind, sich auf die Vorschläge, Ideen oder Bitten ihres Gegenübers einzulassen. Meist sind es anerzogene Denk- und Verhaltensmuster, die uns dazu bringen, gewissen Dingen – oft wider besseres Wissen – zuzustimmen ( siehe › ). Diese Muster knüpfen direkt an unsere psychischen Grundbedürfnisse an. Der Psychologe und Kommunikationswissenschaftler Friedemann Schulz von Thun nennt hier die folgenden Bedürfnisse:
wertvoll sein,
geliebt werden,
frei sein,
verbunden sein.
Diese verschiedenen Bestrebungen gilt es, miteinander in Balance zu halten, denn eine zu einseitige Ausrichtung führt zu Konflikten.
Leben in der Gemeinschaft
Wir wollen uns als wertvoller Mensch fühlen und von anderen anerkannt, geschätzt und gemocht
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