Lassiter und die Arapaho-Amazone
gehabt, sie müssten ihm und Molly ansehen, was sie während der ganzen Nacht getrieben hatten.
Molly schien nicht zu wissen, was sie mit ihren fleißigen Fingern anrichtete. Wenn sie so weiter machte, würde ihm bald einer abgehen, deshalb rückte er ein Stück zur Seite, sodass ihre Hand von seinem Schoß abglitt. Sie wollte sofort wieder näher an ihn rücken, doch er beugte sich vor, als wolle er einen Blick aus dem Fenster der Kutsche werfen, wobei ihm die Decke vom Schoß rutschte. Molly schaffte es gerade noch, ihre Hand zurückzuziehen. Offenbar befürchtete sie doch, dass das Gerede der Frauen ihren Ruf im Fort mehr schaden würde, als es ihr lieb sein konnte. Vielleicht dachte sie dabei auch an ihren Vater, Lieutenant Colonel Angus Walker Keaton, der Kommandant von Fort Washakie war. Beleidigt stülpte sie die Lippen, rutschte zur anderen Seite der Bank und entzog Lassiter damit die Decke, sodass er sofort die kalte Zugluft an den Beinen spürte.
Er blickte jetzt wirklich aus dem Fenster.
Die Kälte des sterbenden Winters hier im Norden Wyomings mochte er nicht, er zog die Wärme des Südens vor und war froh, wenn ihn ein Auftrag der Brigade Sieben in die südlichen Staaten der Union führte. Sein Gesicht war von der Sonne braun gebrannt, denn sein letzter Auftrag hatte ihn nach Mexiko geführt, wo er eine Geisel aus den Händen des berüchtigten Banditen Ben Coleman befreit hatte. Es war eine junge Frau gewesen, die Tochter eines der reichsten Männer von Texas. Ein Lächeln glitt über seine harten Züge, als er an die heißen Nächte dachte, die er mit ihr auf dem Weg zurück nach El Paso verbracht hatte. Die Nächte dort unten im Big Bend waren auch kalt gewesen, doch während des Tages hatte ihm die Sonne den Schweiß aus den Poren getrieben.
Trotz des kalten Windes und der Sonne, die noch nicht wärmte, gefiel ihm diese hügelige grüne Landschaft im Schatten der Continental Divide, die den Kontinent in Ost und West teilte. Die Flüsse, die hier an den östlichen Hängen der Rockies entsprangen, suchten sich ihren Weg zu den großen Strömen des Missouri und Platte River, deren Wasser sich in den Mississippi, der Mutter aller Flüsse, und schließlich in den Golf von Mexiko ergossen.
Er lehnte sich wieder zurück und schloss die Augen, weil die musternden Blicke der Offiziersfrauen Unbehagen in ihm auslösten. Offenbar wussten sie genau, was zwischen ihm und der Tochter des Colonels gelaufen war, denn sie waren seit Laramie, wohin ihn die Union Pacific gebracht hatte, in den verschiedenen Kutschen zusammen gereist.
Das Gefährt, in dem sie die letzten Meilen bis Fort Washakie zurücklegten, gehörte der Kavallerie. Auf ihrem Bock saßen zwei Soldaten. Sie hatten den Befehl, die drei Offiziersfrauen und die Tochter des Colonels von Lander abzuholen und nach Fort Washakie zu bringen. Die kleine Stadt lag am Rand der Northern Arapaho Reservation, die vor vier Jahren für die nördlichen Arapahos und östlichen Shoshonen eingerichtet worden war.
Diesmal war er im Auftrag des BIA, des Bureau of Indian Affairs, unterwegs, das ebenso wie die geheime Organisation der Brigade Sieben dem Innenministerium unterstellt war.
Es ging um eine eskalierende Auseinandersetzung zwischen den Arapahos und Shoshonen im Reservat und einer riesigen Ranch, die im Westen an das Reservat grenzte. Genaues wusste Lassiter noch nicht. Man hatte ihm gesagt, dass er von Colonel Keaton, dem Kommandanten von Fort Washakie, der für die Northern Arapaho Reservation verantwortlich war, alles Weitere erfahren würde.
Er drehte den Kopf zu Molly um. Sie schmollte noch immer und blickte krampfhaft aus dem anderen Fenster. Er hoffte, dass die Gerüchte über ihn und Molly, die mit Sicherheit bald im Fort von den Offiziersfrauen verbreitet wurden, sein Verhältnis zum Colonel nicht belastete.
Er kniff die Lider ein wenig zusammen, als er den Reiter sah, der plötzlich auf einem Hügel westlich des Fahrwegs aufgetaucht war. Er saß auf einem Appaloosa, dessen typische fleckige Zeichnung auf der Hinterhand deutlich zu erkennen war.
Dann sah er an den Bewegungen des Reiters, dass es eine Frau sein musste. In ihren langen schwarzen Haaren flatterte eine weiße Feder im Wind. Sie trug ein buntes Lederhemd und hellbraune Leggings. Eine Weile folgte sie mit ihrem Blick der Kutsche, dann zog sie ihr Pferd herum und war wieder hinter dem Hügelkamm verschwunden.
Er hörte die Stimmen der beiden Soldaten auf dem Bock, konnte aber nicht
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