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Last Exit

Last Exit

Titel: Last Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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Beispiel …«
    Er stoppte, weil er nun ebenfalls den Mann bemerkt hatte, der sie anstarrte. Mit einer Hand, die sich wie ein selbstständiges Wesen bewegte, packte Milo Stephanie am Arm und schob sie unnachgiebig hinter sich, um sich schützend vor seine Familie zu stellen.
    »Bist du es.« Der Mann sprach mit starkem Akzent.
    Mit einer Stimme so hart, wie sie es noch nie von ihm gehört hatte, zischte Milo: »Geh wieder rein, Tina.«
    Tina hatte schon abgeschlossen und den Schlüssel eingesteckt. »Was?«
    »Rein. Mit Stef.«
    »Milo Weaver«, knurrte der Mann auf der Treppe.
    » Rein , Tina.«
    Ihre Hände zitterten, doch sie brachte die Tür auf und zerrte Stephanie hinein, die in diesem Augenblick lieber keine Fragen stellte. Sie schloss die Tür und beobachtete durch das Fenster, wie Milo einen Schritt nach unten machte und den Mann ansprach.
    Das Fenster war dünn, und einzelne Wortfetzen drangen an ihr Ohr … nach Hause fahren … bringt nichts … nicht hier … Dann wurde der Wortwechsel leiser, und sie hörte nur noch Stanescu. Tinas Magen machte einen Satz, als ihr einfiel, woher sie diesen Namen kannte. Die junge Moldawierin, die ermordet worden war.
    Dann erinnerte sie sich an das Gesicht des Mannes (in der Realität sah es so anders aus) aus einer Sendung auf CNN, zusammen mit der weinenden Mutter. Der arme
Mann . Voller Mitleid starrte sie ihn an. Plötzlich griff der arme Mann in seine Barneys-Tüte und zog eine kleine Schusswaffe heraus. Schlagartig wich die Luft aus ihrer Lunge, und sie streckte die Hand nach Stephanie aus, die an der Scheibe klebte und rief: »Er hat eine Pistole! Er hat eine Pistole!« Tina riss sie an sich und zerrte sie nach hinten. »Hör auf, Mom!«
    Tina hörte nicht auf. Ihr war klar, dass auch sie in Gefahr waren, wenn der Mann auf Milo schoss. Sie durfte nicht zulassen, dass ihre Tochter getroffen wurde. Und sie wollte auch nicht, dass Stephanie zusah, wenn auf ihren Vater geschossen wurde. Tina hatte das selbst schon einmal erlebt, in Venedig, und sie hatte nicht vergessen, wie schrecklich es gewesen war.
    Sie konnte kaum einen klaren Gedanken fassen, während sie die strampelnde Stephanie hochhob und sie mit einer Kraft, von der sie nichts gewusst hatte, zwei Stockwerke hinauftrug. Mit der freien Hand schloss sie auf, dann waren sie drinnen. Stephanie rannte sofort zum Fenster, um nach unten zu schauen, und Tina wählte 911. »Ein Mann mit einer Waffe«, rief sie dem gleichgültig klingenden Beamten vom Notdienst zu. In diesem Moment peitschte ein Schuss. Sie ließ das Telefon fallen und war mit wenigen Schritten am Fenster, wo Stephanie nach ihrem Vater schrie. Tina spähte hinunter. Der kleine Mann hetzte um die Ecke auf die Seventh Avenue, und Milo saß auf der Eingangstreppe.
    Sie stürzte zur Tür, dann wirbelte sie herum und deutete mit ausgestrecktem Finger auf Stephanie, die in Tränen ausgebrochen war. Ein zerbrechliches Mädchen mit zitternden Händen. »Du bleibst hier !« Tina raste hinunter und dachte, ich bin eine furchtbare Mutter. Doch sie konnte nicht anders. Sie war, wie sie war.

    Als sie zur Vordertreppe gelangte, standen schon drei Leute um Milo herum. Zwei hatten Handys am Ohr, der Dritte hielt Milos Arm und sprach beruhigend auf ihn ein. Milo saß nach vorn gekrümmt da und drückte die leuchtend rote Hand auf den Bauch. Alle drei Betonstufen waren blutverschmiert, und er gab kehlige Laute von sich. Sie stieß den Fremden weg und neigte sich hinunter zu seinem Gesicht. Seine Lippen waren zu rot, auch seine Zähne, und als er hustete, landete blutiger Speichel auf ihrer Bluse. »Baby.« Sie fasste nach seiner Hand. »Liebling, schau mich an.«
    Irgendwo vom Himmel hörte sie Stephanie, die ihren Namen rief. Sie wandte sich um. Stef beugte sich aus dem Fenster. »Alles in Ordnung!«, rief Tina. »Alles wird wieder gut! Bleib einfach oben.«
    Milo bewegte die Lippen. Nur ein Flüstern, und sie neigte sich nah heran. »Alles in Ordnung.« Es klang, als wollte er sie bestätigen.
    »Nein«, antwortete sie, »aber das ist es bald wieder. Der Krankenwagen ist gleich da.«
    »Ambulanza.« Er lächelte, und über sein Kinn lief ein Bluttropfen.
    Plötzlich begriff sie, was er meinte, und erinnerte sich an Venedig.
    Als eine neue Schmerzwelle über ihn hereinbrach, lehnte er sich nach vorn und drückte ihr so heftig den Arm, dass es wehtat. Er vergrub das Gesicht an ihrer Brust. Sie war jetzt ruhiger – der Schock hatte die Panik verdrängt – und

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