Laura Leander 06 - Laura und das Labyrinth des Lichts
beeindruckt. Er lächelte anerkennend und zeigte seinem Schützling den hochgestreckten Daumen. Laura grinste: Was man bei einem Jahrhunderte währenden Aufenthalt auf dem Menschenstern nicht alles lernte!
Der Gruppe im Wohnzimmer waren die heimlichen Beobachter noch immer nicht aufgefallen. Rauchfäden zogen durch das gekippte Fenster ins Freie, durchsetzt vom Schwall aufgeregter Stimmen. Laura konnte jetzt der Unterhaltung problemlos folgen.
Offensichtlich hatte Maximilian Longolius gerade von den Ereignissen im Krankenhaus berichtet. »Wass mich interesssieren würde, verehrter Großsmeisster«, fragte Rebekka Taxus. »Habt Ihr diessess blonde Mädchen gekannt, welchess Euer Vorhaben vereitelt hat?«
Großmeister?, überlegte Laura. Das kann nur bedeuten, dass der Typ ihr Anführer ist!
»Leider nicht.« Longolius kniff verärgert die Lippen zusammen. »Ich habe dieses Gör nie zuvor gesehen – was mir, ehrlich gesagt, einiges Kopfzerbrechen bereitet.«
»Wieso das denn?«, wunderte sich die Frau im lindgrünen Hosenanzug.
»Ganz einfach.« Der Großmeister nickte ihr ernst zu. »Weil ich bislang der festen Überzeugung war, jeden zu kennen, der zu diesen verfluchten Knechten des Lichts gehört.«
»Genauso ist es, Meis…«, hob der Nachtalb Ellerking mit verschlagenem Grinsen an, wurde jedoch augenblicklich durch eine herrische Geste zum Schweigen gebracht.
»Es gibt noch sechs Internate, die von diesen Kreaturen betrieben werden. Doch auch von unseren Verbündeten dort habe ich keine Botschaft erhalten, dass Unterstützung für Ravenstein unterwegs ist.«
»Dann verstehe ich nicht, weshalb Ihr Euch sorgt, Meister«, warf Quintus Schwartz ein. »Damit dürfte doch feststehen, dass dieses Balg keineswegs zu den Wächtern gehört.«
»So ein Unsinn!«, brauste der Großmeister auf. »Natürlich ist sie eine Wächterin, und eine höchst gefährliche dazu! Sonst hätte dieser Wolkentänzer sie nicht begleitet. Und dass sie mir den verdammten Rollstuhl mühelos in den Weg geschoben hat, beweist ihre außergewöhnlichen Kräfte!« Seine dunklen Augen schimmerten feindselig. »Brauchst du noch mehr Beweise?«
»Nein, nein«, versicherte der Konrektor hastig und zog den Kopf ein wie ein gemaßregelter Schüler. »Ihr habt Recht, Meister!«
»Natürlich hat Max Recht – wie immer!«, flötete die Frau, deren Gesicht Laura nach wie vor nicht erkennen konnte. Dann beugte die brünette Dame sich vor und legte ihre – gepflegte und sorgfältig manikürte – Hand auf den Unterarm des Verlegers, der dumpf vor sich hin starrte. »Und wie ich dich kenne, hast du sicherlich schon einen Verdacht, um wen es sich handeln könnte?«
»Den habe ich in der Tat.« Longolius blickte in die Runde. »Ihr habt bestimmt schon von diesem Buch gehört, in dem das geheime Wissen der Welten verwahrt wird.«
Pinky Taxus erbleichte. »Ihr meint doch nicht etwa … die Uralte Offenbarung, Meisster?«
»Doch! Genau die meine ich!«, antwortete der Anführer mit Nachdruck. »Darin ist nicht nur vom Kind des Dunklen Blutes die Rede, das wir uns so heiß herbeisehnen …«
»Ssondern?«, fragte die Mathelehrerin atemlos, während ihr Blick an den Lippen des Mannes hing.
»Sondern auch von einem Kind des Hellen Lichts, das sein genaues Gegenteil darstellt und dennoch untrennbar mit ihm verbunden ist. Während das Kind des Dunklen Blutes uns dereinst zum Sieg über die Krieger des Lichts verhelfen soll, kann das Kind des Lichts uns eine empfindliche Niederlage beibringen. Es soll sogar in der Lage sein, den Todesdämon zu besiegen.«
Für einen Augenblick trat Stille ein. Longolius zog kräftig an seiner Zigarre, um danach nervös darauf herumzukauen, und Pinky und die Unbekannte nuckelten gierig an ihren Zigaretten. Dabei wechselten sie alle ratlose Blicke.
Auch Lauras Gedanken kreisten um die rätselhaften Worte des Großmeisters. Die geheimnisvollen Begriffe geisterten durch ihr Gehirn.
Die Uralte Offenbarung.
Das Kind des Dunklen Blutes.
Das Kind des Hellen Lichts.
Davon hatte sie noch nie gehört! Was konnte damit nur gemeint sein? Ob Auriel darüber Bescheid wusste?
Der Wolkentänzer erwiderte ihren fragenden Blick mit undurchdringlicher Miene.
Laura wollte schon nachhaken, als Quintus Schwartz erneut das Wort ergriff. »Verzeiht mir, Meister, aber Eure Worte verwirren mich etwas«, sagte er. »Wir haben doch die ganze Zeit angenommen, dass es sich bei diesem Kind des Hellen Lichts um das Baby des Kollegen Leander
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