Laura und das Labyrinth des Lichts
diese Verdächtigung auch Beweise?«, rief er Aslan entgegen.
»Beweise?« Der Schwarze Ritter erhob sich im Sattel. »Ich war selbst dabei und habe die Pläne, die er Borboron überlassen hat, mit eigenen Augen gesehen! Ist das nicht Beweis genug?«
Galano schluckte und wandte sich an den Hüter des Labyrinths. »Jetzt sagt doch was!«
Der Graue stand für einen Augenblick ganz ruhig da. Dann ballte er die Faust – und Galano wollte seinen Augen kaum trauen: Von einem Moment auf den anderen hielt Luminian nicht nur ein Schwert in der Hand, sondern war auch größer geworden. Viel größer! Dem Ritter kam es vor, als rage die vormals schmächtige Gestalt nunmehr beinahe doppelt so hoch empor.
»Hör zu, du niederträchtiger Wurm«, sagte der Hüter des Labyrinths zu Aslan. »Die Geister, die über den Lauf der Welten bestimmen, sollen offenbaren, wer von uns beiden die Wahrheit spricht. Lass uns zu einem Zweikampf antreten, dessen Ausgang jedem zeigen wird, dass du der Lügner bist!«
»Eine wahrhaft prächtige Idee«, antwortete Aslan. Der Spott in seiner Stimme war nicht mehr zu überhören. »Ich fürchte nur, deine Geister haben Besseres zu tun. Bestimmt haben sie längst erkannt, dass dein Schicksal bereits besiegelt ist – und das von Hellunyat auch. Nicht einmal sie werden verhindern können, dass ihr Hunde des Lichts schon bald der Vergangenheit angehört!«
Damit wendeten Aslan und Kroloff die Pferde und galoppierten zu ihren Männern zurück. Dort brach die finstere Schar in lautes Lachen aus. Während sie kehrtmachten und eilig davonstoben, hallte ihr kehliges Gelächter über die Wispergrasebene, bis es im Wind verwehte.
Galano starrte ihnen fassungslos nach. Auch Luminian hatte die blinden Augen immer noch auf die schwindenden Reiter gerichtet. Mit einem Male zuckte der Mann zusammen, als habe ihn der Schlag getroffen. Seine graue Miene wurde starr wie aus Stein gemeißelt.
Luminian wurde bewusst, dass er einen entsetzlichen Fehler begangen hatte. »Verzeiht mir, Herr«, wisperte er mit blutleeren Lippen. Dann stöhnte er laut auf, jämmerlich und verzweifelt wie ein waidwundes Tier.
Kapitel 30
Die
Kraft des
Karfunkelsteins
teten Schrittes folgte Lukas dem fast endlosen Gang. Seine Augen hatten sich längst an die Dunkelheit gewöhnt. Er sah also, dass die Wände des Ganges gerundet waren, als beschrieben sie einen Kreis – kaum verwunderlich in einem Labyrinth.
Der Junge bewegte sich ruhig und besonnen. Obwohl er zahllose Abzweigungen passierte und regelmäßig Gabelungen vor ihm auftauchten, ging er nicht einmal fehl. Er hatte sich den Plan, den Borboron ihm überlassen hatte, genau eingeprägt und hätte sich auch in absoluter Finsternis zurechtgefunden. Plötzlich musste Lukas lächeln. Es war so einfach gewesen, ins Labyrinth des Lichts zu gelangen, dass er es immer noch nicht fassen konnte. Dabei war das Labyrinth angeblich der bestbewachte Ort auf ganz Hellunyat! Doch dann hatten sich die Wachen und selbst der blinde Hüter Luminian von der am Tor inszenierten Ablenkung fortlocken lassen, sodass Lukas ungesehen hineinschlüpfen konnte.
Einfach unglaublich!
Wahrscheinlich hatten sie von seiner Anwesenheit noch immer nichts mitbekommen.
Als der Junge einen schmalen Streifen hellen Lichts in der Dunkelheit vor sich aufschimmern sah, wusste er, dass das Ziel nahe war.
»Lukas ist wo?« Laura starrte Smeralda fassungslos an. Sie mochte nicht glauben, was die Prinzessin ihr eben berichtet hatte.
»Im Labyrinth des Lichts«, wiederholte das Einhorn ungeduldig. »Wie oft soll ich dir das denn noch sagen?«
»Bist du dir sicher?«
»Ganz sicher sogar!« Smeralda hob den Kopf und wieherte. »Beliaal hat es mir selbst erzählt. Er wollte, dass ich freiwillig auf seine Seite wechsele, und hat mir deshalb ständig das Beispiel deines Bruders vorgehalten. Wie gehorsam er doch alles macht, was man von ihm verlangt! Deshalb weiß ich auch, was Lukas im Labyrinth des Lichts vorhat: Er wird das Wasser des Lebens, das sich im Kelch der Erleuchtung befindet, durch das Blut eines schwarzen Einhorns entweihen.«
»Nein!«, schrie Laura gequält auf. »Das würde Lukas bestimmt nicht tun. Niemals!«
»O doch!«, entgegnete Smeralda ernst. »Dein Bruder ist nicht mehr Herr seiner Selbst. Er steht ganz im Bann von Beliaal und weiß deshalb gar nicht, was er tut!«
Laura glaubte, der Boden unter ihren Füßen würde sich auftun. Sie taumelte und musste sich an der Wand
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