Laura und das Labyrinth des Lichts
wiegte Beolor das rußverschmierte Haupt mit den dunklen Zotteln. »Das dürfte doch ganz in Eurem Sinne sein, nicht wahr?«
»Und ob!« Ein triumphierender Ausdruck brachte Syrins Gesicht zum Leuchten. »Ihr könnt Euch nicht vorstellen, mit welch großer Freude mich diese frohe Kunde erfüllt hat.«
»Euch zufriedenzustellen ist mir stets ein ganz besonderes Vergnügen«, antwortete Beolor ohne eine Spur von Ironie. »Aber Ihr habt den weiten Weg doch sicher nicht nur deswegen auf Euch genommen?«
»Ganz recht, verehrter Meister!« Syrin lächelte ihn an. »Während meiner Reise hierher habe ich auch Kroloff und seine Männer getroffen und die nächste Stufe unseres Plans mit ihnen besprochen. Auch für uns beide ist es nun an der Zeit, weitere Schritte zu unternehmen. Aber dazu lasst uns lieber Eure Höhle aufsuchen.« Sie legte den Kopf in den Nacken und spähte zum Himmel, wo das Grau der Dämmerung inzwischen dem Schwarz der Nacht gewichen war. »Damit niemand mitbekommt, was wir vorhaben.«
Kapitel20
In
dunkler
Gesellschaft
indböen fegten um den siebten Stock und übertönten die Geräusche der Stadt. Nur gedämpft war der Motorenlärm der Autos zu hören, deren Scheinwerfer tief unten auf der Straße ein nicht abreißendes Lichterband formten. Ab und an schrillte eine Hupe herauf. Die dunklen Wolken hingen so tief, dass es fast den Anschein hatte, sie wären mit den Händen zu greifen.
Die mächtigen Schwanenschwingen Auriels hatten sie trotz der zusätzlichen Last mühelos in die Höhe getragen. So stand Laura nun auf der windumtosten Terrasse und spähte durch die Panoramascheibe ins erleuchtete Wohnzimmer von Maximilian Longolius.
Der Raum war fast so groß wie ein Tennisplatz, und darin saß eine illustre Gesellschaft versammelt. Die fünf Personen beanspruchten Lauras Aufmerksamkeit vollkommen, sodass sie alles andere nur beiläufig wahrnahm: die schicken Designermöbel, mit denen das Zimmer eingerichtet war, die wertvollen Gemälde und Drucke an den Wänden und die überaus kostbaren Teppiche, die den Parkettfußboden fast vollständig bedeckten. Aber die zwielichtigen Gestalten im Penthouse waren weitaus interessanter.
Ganz offensichtlich handelte es sich um ein konspiratives Treffen der Dunklen. Drei der fünf Versammelten erkannte Laura auf Anhieb, auch wenn diese natürlich gut vierzehn Jahre jünger waren, als das Mädchen sie in Erinnerung hatte: Dr. Quintus Schwartz, Rebekka Taxus und Albin Ellerking. Sowohl dem Konrektor als auch der Mathelehrerin und dem knubbeligen Internatsgärtner war Laura schließlich schon mehrere Male während ihrer Traumreisen begegnet. Wer aber waren der andere Mann und die Frau an dem Tisch?
Der Mann hatte es sich in einem tiefen Ledersessel an der Stirnseite bequem gemacht. Er mochte Anfang fünfzig sein und war tadellos gekleidet, mit einem grauen Jackett aus Tweed, einer dunklen Hose aus edlem Zwirn und schwarzen, auf Hochglanz polierten Lederschuhen. Seine Haare waren trotz seines fortgeschrittenen Alters immer noch pechschwarz und streng nach hinten gegelt.
Beim Anblick der teuren Designerbrille, hinter deren Gläsern ebenso kleine wie listige Schweinsäuglein funkelten, wurde es Laura schlagartig klar: Das musste dieser Maximilian Longolius sein, von dem Herr Kardamon gesprochen hatte! Er trug dieselbe Brille wie der angebliche Dr. Weiß am Vorabend in der Klinik. Also hatte Longolius tatsächlich dessen Gestalt angenommen!
Als ob es noch eines zusätzlichen Beweises bedurft hätte, bemerkte Laura in diesem Augenblick den klobigen Ring am Mittelfinger seiner rechten Hand: Es war der Ring der Feuerschlange. Dieser Ring hatte Longolius über Jahrhunderte am Leben erhalten und machte ihn gleichzeitig zum unbestrittenen Anführer der Dunklen.
Aber wer war die Frau, die in seiner unmittelbaren Nähe saß? Sie wandte Laura den Rücken zu, sodass ihr Gesicht nicht auszumachen war. Ihre brünetten Haare waren tadellos frisiert. Ihr Hosenanzug, lindgrün und stark tailliert, sah überaus chic aus.
Leider bekam Laura von der lebhaften Diskussion der Gruppe überhaupt nichts mit. Die Fensterscheiben waren nämlich geschlossen und so dick, dass nicht ein Wort nach draußen drang. Es machte auch niemand Anstalten, die Fenster zu öffnen, obwohl dichte Rauchschwaden unter der Decke hingen – Longolius paffte eine dicke Zigarre, während die Taxus und die zweite Frau eine Zigarette an der anderen ansteckten.
Laura verwarf ihre erste spontane
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