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Lea und die Pferde - Das Glück der Erde (German Edition)

Lea und die Pferde - Das Glück der Erde (German Edition)

Titel: Lea und die Pferde - Das Glück der Erde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Gohl
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Wasser am Friesennerz.
    »Du hast ein lustiges Tattoo«, bemerkte sie. »Tierpension?«
    Anna und ich schienen Gemeinsamkeiten zu haben. Ich fing an, von meiner Audienz bei Nico Chico zu berichten, wozu wir etwas von den Erwachsenen abrückten. Auch den Jungen übersahen wir demonstrativ.
    Der ließ sich jedoch nicht abschrecken.
    »Ich bin Thorsten«, sagte er kurz.
    Bevor das darauffolgende Schweigen allzu peinlich wurde, erschien eine junge Frau in Reithosen. Sie hatte ein rundes Gesicht und kurzes braunes Haar, hielt sich sehr gerade, wie Sportlehrerinnen das immer tun, und lächelte breit.
    »Also hier haben wir unsere Teilnehmer für den Mutter – äh … Tochter-Reitkurs …« Die junge Frau blickte etwas irritiert auf Thorsten. »Oder Vater-Sohn-Reitkurs in diesem Fall …« verbesserte sie sich ungeschickt mit Blick auf Thorsten und seinen Erzeuger. »Ich bin Helen Witt. Reitlehrerin. Ich leite den Kurs. Aber Sie wollen bestimmt eher die Pferde sehen!«
    Frau Witt strahlte, ebenso Marie und Anna. Die beiden schienen es wirklich kaum erwarten zu können. Auch meine Mutter nahm Startposition ein, als gelte es, möglichst als Erste in den Sattel zu kommen.
    Frau Witt hielt sie aber noch etwas zurück.
    »Ich werde sie Ihnen – und euch – gleich vorstellen. Aber vorher wollen wir uns doch untereinander noch ein bisschen näher kennenlernen …«
    Frau Witt forderte uns alle auf, kurz zu erklären, wie wir auf die Idee gekommen waren, diesen Kurs zu belegen.
    Anna und Marie preschten sofort vor. Die Initiative war ganz offensichtlich von ihnen ausgegangen und sie hätten sich bestimmt auch ohne Mamis wohlgefühlt. Ihre Mütter machten allerdings beide den Eindruck, als wären sie ein bisschen »overprotective«. Ich kannte diesen Typ, meine Freundin Glory schlägt sich auch mit so was herum. Daher der Fachausdruck. Glory hat ihn aus dem Internet. Mütter dieser Art lassen ihre Kinder keine drei Sekunden aus den Klauen. Sie begleiten sie vom Kindergarten bis zum Konzertbesuch bei »Tierpension«, wobei sie nicht davor zurückschrecken, auch noch die Nacht vor der Halle zu verbringen, um vielleicht ein Autogramm für ihre Tochter zu ergattern. Je nach Typ leiden sie dabei stumm oder heucheln Begeisterung.
    Maries Mami war zum Beispiel der »Kumpeltyp«.
    »Wir sind viel mehr Freundinnen als Mutter und Tochter, nicht Marie?«, flötete sie bei der Vorstellung. »Und als Marie nun reiten wollte, dachte ich: Warum nicht auch mal so eine Erfahrung machen?«
    Annas Mutter sah sich dagegen mehr als Opfer.
    »Anna ist sooo unsportlich! Und jetzt diese großen Pferde. Aber man will sie ja auch nicht entmutigen. Da hab ich einfach gesagt: Anna, ich mach da mit!«
    Anna und Marie guckten gleichermaßen peinlich berührt.
    Das war aber noch gar nichts gegen Thorsten. Ein Junge im Mutter-Tochter-Reitkurs ist schließlich von vorneherein der Gipfel der Peinlichkeiten.
    Aber nun setzte sein Daddy noch eins drauf: »Thorsten braucht einfach Bewegung!«, erklärte er kurz. »Er neigt zu Übergewicht.«
    Anna und Marie kicherten. Ich konnte mich gerade noch beherrschen.
    »Und er benötigt Motivation. Wenn man ihn allein wursteln lässt, bringt er die nicht auf. Also mache ich mit. Die Sportart – also Reiten – war Thorstens Idee.«
    Daddys Gesichtsausdruck sprach Bände. Man sah genau, was er davon hielt.
    Thorsten schluckte. Er begann, mir ernstlich leidzutun. Überhaupt schwante mir Schlimmes: Eine Mutter übermotiviert, zwei überängstlich und ein Gefängniswärter. Wir würden uns zweifellos großartig amüsieren.
    »Warum hast du dich denn gerade fürs Reiten entschieden?«, wandte sich Frau Witt an Thorsten. Äußerst feinfühlig.
    Aber Thorsten ließ sich nicht unterkriegen. Er grinste. »Im Kugelstoßen gab es keinen Mutter-Kind-Kurs«, gab er gelassen von sich.
    Ich prustete los. Thorstens Vater schaute verärgert.
    Aber jetzt waren wir dran. Meine Mutter berichtete mit leuchtenden Augen von ihrer bislang im Verborgenen glimmenden Pferdebegeisterung. »Ich wollte schon als Kind reiten. Leider war kein Geld da und es gab keine Möglichkeiten. Aber jetzt, da Lea in dem Alter ist … Die Mädchen interessieren sich ja alle für Pferde …«
    Mom baute mir immerhin goldene Brücken. Ich brauchte eigentlich nur noch zu nicken. Frau Witt musste mich jetzt für schüchtern halten, aber das war besser als Lügen.
    »Nettes Tattoo«, meinte sie, aber ich meinte, eher leichten Tadel in ihrer Stimme mitschwingen zu hören.

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