Leaving Paradise (German Edition)
ersticken.
Brianne sieht aus, als verursache allein mein Anblick ihr einen Brechreiz.
»Äh, du kannst mitkommen, wenn du möchtest , Maggie«, sagt meine Cousine.
Es ist zweifellos ein Mitleidsangebot, jedem, mal abgesehen von einer Kellnerin bei Auntie Mae’s , wäre das klar. Ich werde nicht auf diese Party gehen. Ich weiß bloß noch nicht, wie ich das meiner Mom beibringen soll, ohne dass es für meine Exfreundinnen peinlich wird.
Ich lasse mir Zeit mit dem Kauen.
Vor dem Unfall war ich ein Sophomore und in der Tennisschulmannschaft. Aber jetzt als Senior würde ich es nicht mal in die Freshmanauswahl schaffen. Nicht, dass ich das wollte, denn dann müsste ich diese kurzen Tennisröckchen tragen. Und ich werde nie wieder ein Tennisröckchen tragen, weil ich nie im Leben jemandem meine hässlichen Narben zeigen werde. Abgesehen davon kann man kein Tennis spielen, wenn man nicht mal ordentlich laufen kann.
Als ich die letzten Brocken runterschlucke, dämmert mir, dass sie alle auf meine Antwort warten.
Hm …
Am hoffnungsvollen Gesicht meiner Mutter erkenne ich, dass ich ihr leid tue. Als ob es mir etwas ausmachen würde, nicht mehr mit diesen Mädchen befreundet zu sein. Aber Mom macht es etwas aus und ich bekomme prompt ein schlechtes Gewissen. Mom muss es irgendwie schaffen, die Hälfte der Arztrechnungen zu bezahlen, für die die Krankenversicherung nicht aufkommt. Meine Eltern sind geschieden und ich hasse das Gefühl, ihr noch mehr aufzubürden. Schuld breitet sich in meinem sandwichgefüllten Magen aus wie ein großer Klotz Roastbeef.
Ich winde mich, höre mich aber dennoch sagen: »Klar, klingt nach einer Menge Spaß.«
Mom atmet erleichtert auf, während die Mädchen nach Luft schnappen.
»Könntest du sie abholen?«, fragt Mom meine Cousine.
»Klar, Tante Linda«, sagt Sabrina.
Mal ehrlich, ich fühle mich wie eins dieser kleinen Kinder, deren Mommys noch ihre Verabredungen ausmachen. Erst recht, als ich Mom fragen höre: »Um wie viel Uhr?«
»Ich schätze, gegen neun.«
»Grrroßartig!«, schnurrt Mom wie dieser Tiger in der Cornflakeswerbung.
Wie komme ich aus der Nummer wieder raus, ohne dass meine Mom etwas davon erfährt? Ich werde auf gar keinen Fall auf eine Party gehen, wo mich die Leute blöd anglotzen. Es ist schlimm genug, dass mich dieser Zirkus am Montag in der Schule erwartet.
Nachdem Mom ihre Beilagensalate serviert hat und uns für zwei Minuten allein lässt, wirft Brianne mir ein durchtriebenes Lächeln zu. »Hast du schon die große Neuigkeit gehört?«
Neuigkeit? Mm, ich habe in letzter Zeit nicht wirklich am Puls des Klatsches gelebt. »Dass Mr Meyer ein Toupet trägt?« Ich habe das Gerücht über den Schuldirektor vor einer Weile mitbekommen.
Brianne lacht. »Nein, das sind total alte Neuigkeiten. Ich spreche davon, dass Caleb Becker morgen entlassen wird.«
Wie bitte?
Danielle dippt ihre Gabel in ihr Dressing und spießt dann ein Salatblatt damit auf. »Mrs Becker hat heute meine Mom angerufen und es ihr erzählt. Vorzeitige Entlassung. Ich frage mich, ob er zurück in die Schule darf.«
Vorzeitige Entlassung? Er sollte eigentlich noch mindestens sechs Monate weggesperrt bleiben. Ich hatte den perfekten Plan – ich wollte in Spanien sein, wenn er zurückkommt. Ein heftiger, stechender Schmerz durchbohrt meine Brust, als ich Luft hole, und meine Finger zittern. Ich habe eine Mini-Panikattacke, versuche aber, mir nichts anmerken zu lassen.
»Maggie, alles okay mit dir?«, fragt Sabrina, als ich den Kuchen von mir wegschiebe.
Nein. Mit mir ist überhaupt nichts okay.
3 Caleb
Als wäre es nicht Tortur genug, dass mein Dad mich die ganze Fahrt von St. Charles bis Paradise anstarrt, ringt meine Mom auch noch nonstop die Hände, seit ich heute Nachmittag aus dem DOC entlassen wurde. Ich glaube, sie hat nicht einmal in meine Richtung geguckt.
Was zum Teufel soll ich jetzt sagen? Hör auf, so nervös zu sein, Ma. Ja, ich bin überzeugt, das würde total gut ankommen. Ihr Sohn ist ein verurteilter Straftäter. Ich wünschte bloß, sie würde aufhören, mich ununterbrochen daran zu erinnern.
Okay, es wird also etwas Zeit brauchen. Die hingebungsvolle Mutterrolle war sowieso nie ihre Stärke.
Als wir in die Masey Avenue einbiegen, liegt der Paradise Park vor uns. Dort auf dem Spielplatz habe ich mir mit fünf zwei Schneidezähne ausgeschlagen und mich mit neun auf dem Basketballplatz das erste Mal geprügelt. Das waren die guten alten Zeiten. Ich kann nicht
Weitere Kostenlose Bücher