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Leben im Käfig (German Edition)

Leben im Käfig (German Edition)

Titel: Leben im Käfig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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Gesichter, die edle Kleidung, die ein Vermögen verschlang. Die Lederschuhe, die aussahen, als wären sie von der Zunge eines Leibsklaven gereinigt worden. Zu viel Make-Up auf der Haut seiner Mutter, zu viel Parfüm und Aftershave in der Luft.
    Menschen, die ein Sohn nicht umarmen konnte, weil klebrige Kinderhände Flecken machten und die Finger eines älteren Andreas Falten warfen.
    Allgegenwärtig die Peripherie, die die von Winterfelds begleitete. Aktentaschen, Smartphones, Blackberry und Laptop; den einseitigen Kopfhörer bereits im Ohr, um während der Fahrt telefonieren zu können.
    Ob seine Mutter heute erneut auf die Dienste des Chauffeurs verzichtete? Es war ihm egal. Alles war egal.
    Als Andreas' Kopf in Sicht kam, kam es doch zu einer Reaktion.
    Richard von Winterfeld gab ein fassungsloses Geräusch von sich und fragte: „Wie siehst du denn aus? So willst du ja wohl nicht zum Unterricht gehen!“
    Seine Frau, einmal einer Meinung mit ihrem Gatten, nickte bekräftigend und verzog das Gesicht, als würde der Anblick ihres eigenen Sohnes sie anwidern.
    Über die Frage, was er mit seinen Eltern machen wollte, wie er sich ihnen erklären wollte, hatte Andreas nicht viel nachgedacht. Seinen Entschluss zu fassen, war schwer genug gewesen. Ihm war bewusst gewesen, dass er irgendwann mit seinen Eltern sprechen musste.
    Aber wie, wo, wie lange, wann? Das war ihm bisher egal gewesen.
    Bis zu dem Zeitpunkt, da dort diesen Menschen standen, die es nicht schafften, ihn zu fragen, warum er aussah, als wäre er aus der Gruft geflohen.
    Menschen, die nur darüber nachdachten, in welchem Aufzug er sich der Außenwelt – Dr. Schnieder – zu stellen gedachte.
    Wo war die Mutter, die auf ihr Kind zulief und ihm besorgt die Stirn fühlte? Wo war der Vater, der seinem Sohn den Arm um die Schulter legte und ihm sagte, dass alles gut werden würde?
    Andreas kannte solche Eltern nur aus Disney-Filmen.
    Und auf einmal ärgerte er sich darüber. Nein, nicht ärgern.
    In seinem Inneren begann es zu kochen.
    Jetzt, wo er alles verloren hatte. Jetzt gab es keinen Grund mehr zu schweigen oder sich zu ducken. Es ging eh zu Ende. Er war kein Gefangener mehr. Zumindest nicht ihrer.
    „Das ist das Einzige, was euch interessiert, oder?“, zischte er, während er die letzten Stufen nahm und sich seinen Eltern geduckt, wie ein Wolf auf der Jagd, näherte. „Dass jemand sich fragen könnte, was die Großindustriellen von Winterfeld für ein verkommenes Blag ausgebrütet haben.“
    Eine steile Falte bildete sich auf der Stirn seines Vaters, doch es war seine Mutter, die aggressiv fauchte: „Was ist denn jetzt schon wieder in dich gefahren? Erspar uns bitte deine Vorwürfe. Wir haben es eilig.“
    „Ich denke nicht daran“, löste es sich tief aus Andreas' Brust.
    Er richtete sich auf, starrte seine Eltern an und dann ließ er es laufen. Alles, was ihm in den Sinn kam. Ungefiltert und ohne Reue, von Rücksicht ganz zu schweigen.
    „Eure heilige Firma. Das ist alles, was euch interessiert, oder? Die Firma, die Firma, die Firma. Geld scheffeln, euren Platz in der Hamburger Highsociety halten und der Rest interessiert euch nicht. Und ich schon gar nicht. Was habt ihr euch eigentlich dabei gedacht, Kinder zu bekommen?“
    Andreas begann zu schreien: „Das ist alles eure Schuld! Nie habt ihr euch um mich gekümmert. Nie wart ihr da. Immer war alles wichtiger als ich. Jede von euren Karren in der Garage ist euch mehr wert gewesen als ich. Jedes Meeting, jeder Geschäftspartner, jeder beschissene Becher Quark!
    Falls es euch nicht aufgefallen ist: Ich bin krank. Ich kann dieses Haus seit zehn Jahren nicht mehr verlassen, aber hat es euch interessiert? Nein, hat es euch nicht!
    Hauptsache, ich bin in meinem Zimmer geblieben und habe keinen Ärger gemacht. So habt ihr das vorgestellt. Aus den Augen, aus dem Sinn.
    Hauptsache, ihr habt eure Ruhe, wenn ihr endlich daheim seid. Wann habt ihr euch das letzte Mal gefragt, wie es mit mir weitergehen soll? Was habt ihr den Leuten in der Firma erzählt, wenn sie einen auf höflich gemacht und sich nach Kind und Familie erkundigt haben? Oder habt ihr einfach verschwiegen, dass ihr einen Sohn habt? Darin seid ihr ja so verdammt gut. Vergessen, dass es mich gibt.“
    Außer sich machte Andreas einen Satz auf seine konsternierten Eltern zu: „Aber ich werde euch mal etwas sagen. Ich habe in meinem ganzen wertlosen Leben genau einen Freund gehabt. Einen einzigen Menschen, der mich mochte und der gerne

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