Leiche in Sicht
Probleme, nur daß
sich nicht nachweisen läßt, ob sie mit einer Plastiktüte erstickt wurde, weil
die keine Spuren hinterläßt. Und bei Roge Harper läßt sich die Todesursache
überhaupt nicht genau bestimmen, weil von seiner Leiche nicht mehr genug übrig
war. Aber wir haben auch ein bißchen Glück gehabt», er dämpfte seine Stimme,
«es könnte sein, daß sich die Herkunft der Geldscheine noch feststellen läßt.
Wir arbeiten daran.»
«Wie ich, glaube ich, schon sagte»,
bemerkte Mr. Pringle, «mein Neffe ist der weniger Intelligente von beiden. Ich
könnte mir also gut vorstellen, daß ihm ein Fehler unterlaufen ist. Und der Tod
von Roge Harper war ja nicht von vornherein eingeplant.»
«Wir haben festgestellt, daß sich Mr.
Shaw am Tag nach der Leichenschau bei seinem Arbeitgeber krank gemeldet hat, er
verbrachte aber offenbar nicht den ganzen Tag im Bett.»
«Natürlich nicht! Aber sagen Sie mir,
wie erklärt er eigentlich sein Verhalten in der Kirche?»
«Ganz einfach. Er behauptet, daß der
Gedanke, Sie würden seine Zukunft zerstören, ihn rasend gemacht habe, so daß er
nicht mehr gewußt hätte, was er tat. Ob ihm ein Gericht das abnehmen würde, ist
eine andere Frage. Zum Glück gibt es eine Menge Fotos von Ihnen, wie Sie
verletzt auf der Bahre liegen. Mir ist ganz schlecht geworden, als ich sie mir
angesehen habe.»
«Mir war auch nicht besonders gut»,
gestand Mr. Pringle.
«Das Problem ist... er hat ein sehr
gewinnendes Wesen. Nun, mal sehen.» Der Inspector stand auf. «Ich halte Sie
weiterhin auf dem laufenden. Und passen Sie auf!» Genau das hatte Mr. Pringle
auch vor.
«Glaubst du, daß du eine kosmetische
Operation brauchen wirst, damit deine beiden Gesichtshälften wieder zueinander
passen?» erkundigte sich Mavis besorgt. Vor ein paar Stunden hatte man ihm den
Verband entfernt.
«Davon war bisher noch nicht die Rede.»
«Na, wenn die Schwellung zurückgegangen
ist, ist es vielleicht schon viel weniger schlimm», seufzte Mavis. «Kannst du
inzwischen schon wieder besser sehen?»
«Nur mit dem einen Auge und wenn ich
mir das Brillenglas davorhalte. Aber sie haben mir gesagt, daß sich das andere
Auge auch wieder erholen wird. Ich soll die Augenklappe aber noch ein paar Tage
tragen.»
«Hast du heute schon die Zeitungen
gelesen? Sie haben für Elizabeth eine neue Obduktion angeordnet.»
«Ja.»
«Ob es wohl für Roge auch eine neue
Untersuchung gibt? Ich wünschte es mir um Maureens willen.»
«Also bei Charlotte haben wir auf
Granit gebissen. Ich hatte aber auch keine allzu großen Erwartungen, wenn ich
ehrlich bin. Der junge Mann ist für sie auf jeden Fall verloren, alles, was
jetzt noch zählt, ist, daß die Sippe zusammenhält. Ich bin mir übrigens nicht
sicher, ob Ihr Neffe das schon begriffen hat. Aber spätestens bei der
Gerichtsverhandlung wird es ihm wohl klarwerden. Übrigens meinen herzlichen
Glückwunsch zu Ihrer Entlassung. Sind Sie denn wieder ganz fit?»
Fit, um den Fragen der Verteidigung
standzuhalten, meinst du doch, dachte Mr. Pringle. «Ja, vielen Dank.»
«Nur einen Punkt: Sie erinnern sich an
Ihre Bemerkung in der Kirche, die beiden seien mit der Leiche im Schlepp zum
Fuß der Klippen geschwommen? Nun, das wird sich vermutlich nicht so leicht
beweisen lassen. Sämtliche Verletzungen könnte sie sich auch während des
Sturzes zugezogen haben, immer unter Berücksichtigung der Tatsache, daß sie
schon tot war, als sie unten aufschlug. Der medizinische Befund enthält
keinerlei Hinweis, der dieser Annahme widerspräche, wenn sie auch
unwahrscheinlich klingen mag. Und noch etwas. Der Bericht der griechischen
Polizei enthielt die Mitteilung, daß nach Auffinden der Leiche die Totenstarre
noch bestand.»
«Aber das ist doch nicht weiter
überraschend!» rief Mr. Pringle. «Matthew und Emma mußten natürlich dafür
sorgen, daß die Totenstarre so spät wie möglich eintrat. Daß sie die Leiche in
eine Plastikplane eingewickelt hatten, während sie sie in der Vorpiekkabine
versteckt hielten, hatte nicht nur den Grund, Spuren zu vermeiden, sondern auch
den, den Körper der Toten möglichst lange warm zu halten. Nur wenn die
Leichenstarre erst möglichst spät einsetzte, konnte man doch hoffen, daß man
auf einen späteren Todeszeitpunkt erkennen würde.»
«Ja, schon», sagte der Inspector
geduldig. «Aber es sind alles nur Spekulationen. Wir können einfach nicht
beweisen, daß sie tatsächlich während der Nacht zum Fuß der Klippen
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