Der magische Zirkel - Der Abgrund: Band 4 (German Edition)
Kapitel Eins
Die Wärme ihres Atems ließ die Scheiben von Adams Auto beschlagen. Selbst in der Abenddämmerung war es noch mil d, u nd es duftete nach Frühling, aber Cassie dachte gar nicht daran, die Fenster herunterzukurbeln und die laue L uft he reinzulassen. Sie wollte nur eines: ihn weiter ung estört küssen. Es war herrlich, auf engstem Raum allein m it Adam zu sein, von de r Außenwelt isoliert durch die beschlagenen Scheiben. Sie würden zu spät zur Versammlung kommen, aber das war ihr egal. Sie schwebte auf Wolke sieben .
» Wir sollten hineingehen«, murmelte sie halbherzig.
» Nur noch fünf Minuten. Sie können ja auch ohne dich anfangen.«
Nein, dachte Cassie. Weil ich eine der Anführerinnen bin. Ein Grund mehr, nicht zu spät zu kommen, nur weil ich mit meinem Freund herumknutsche .
Mit meinem Freund. Bei diesen Worten wurde ihr immer noch schwindelig, obwohl sie bereits seit Wochen ein Paar waren. Sie bemerkte, wie die untergehende Sonne die vielfarbigen Strähnchen in Adams zerzaustem Haar zum Leuchten brachte – in Schattierungen von Burgunderrot bis Orange – und wie sie das kristallene Funkeln seiner blaugrauen Augen betonte.
Er beugte sich vor und küsste sanft Cassies Hals. » Na schön«, sagte sie. » Noch drei Minuten.«
Der erste Kuss hatte alles verändert. Adam hatte sie so behutsam und bedeutungsvoll geküsst, dass Cassie sich dem Gefühl ganz und gar hingegeben hatte. Dem Gefühl, dass das hier echte Liebe war.
Cassie hatte damit gerechnet, dass dieses Gefühl mit der Zeit schwächer, dass jeder Kuss zur gewohnten Routine werden würde. Aber so war es nicht. Im Gegenteil. Dieses Gefühl wurde immer stärker. Und jetzt, auf dem Parkplatz vor dem alten Leuchtturm, war Cassie klar, dass sie dringend aufhören mussten. Aber sie konnte einfach nicht aufhören, ihn zu küssen. Adam ging es ebenso. Sie spürte seinen schnellen Atem und den zunehmenden Druck seiner Hände auf ihren Hüften.
Aber welchen Eindruck würde das denn machen, wenn Cassie zu ihrer ersten Versammlung als eine der Anführerinnen des Zirkels zu spät kam? » Wir müssen jetzt wirklich hinein«, murmelte sie, zog sich zurück und legte Adam eine Hand auf die Brust. Er atmete tief durch, um sich abzukühlen. » Ich weiß.«
Widerstrebend ließ er Cassie aus seiner Umarmung, damit sie sich zurechtmachen konnte. Er atmete noch einmal hörbar ein und aus, strich sein zerwühltes Haar glatt und folgte ihr zum Leuchtturm.
Der Leuchtturm in der Shoreroad beeindruckte Cassie immer wieder aufs Neue mit seiner altertümlichen Schönheit. Die Zeichen der Zeit waren nicht spurlos an ihm vor üb erg eg angen. Von Melanie wusste sie, dass der Leuchtturm aus dem späten 18. Jahrhundert stammte, und das sah m an ih m auch an. Und das machte zugleich seinen Charme aus. Gebaut aus grauem Naturstein und Ziegeln ragte er m aj estätisch fast dreißig Meter in die Höhe. Am Fuß des Turms befand sich ein kleines, baufälliges Holzhaus – das Cottage des Leuchtturmwärters. Es war für dessen Familie errichtet worden, damit Frau und Kinder in der Nähe sein konnten, während der Wärter oben im Turm seiner Arbeit nachging. Melanie zufolge war das Cottage über mehrere Generationen hinweg in der Hand einer Familie geblieben, bis man den Leuchtturm Anfang des 20. Jahrhunderts schließlich stillgelegt hatte. Seitdem wurden immer wieder Überlegungen angestellt, ein Museum im Turm einzurichten, aber bis jetzt war nichts dergleichen geschehen, und so stand er nun schon viele Jahrzehnte lang leer.
Gerade als sie die Tür des Cottages öffnen wollte, schenkte Adam ihr noch ein Lächeln, das ihr schier den Atem raubte. Doch sie riss sich zusammen und dann traten sie nacheinander ein. Sofo rt richteten sich alle Augenpaare auf sie.
Ein kaum wahrnehmbares Zischen erklang – es war offensichtlich, dass sie den Zirkel zu lange hatten warten lassen. Und dass der ganze Zirkel genau wusste, weshalb. Cassie ließ ihren Blick über die Gesichter schweifen. Die Reaktionen waren unterschiedlich.
Melanies für gewöhnlich kühler Blick flammte ungeduldig auf. Laurel kicherte schüchtern. Deborah, die auf der Holzbank in der Ecke saß, war offensichtlich drauf und dran, eine spitze Bemerkung zu machen. Aber bevor sie die Gelegenheit dazu hatte, ergriffen Chris und Doug Henderson das Wort. » Verdammt, wurde aber auch Zeit!«, riefen sie wie aus einem Mund vom Fenster her, wo sie mit einem Tennisball gespielt hatten.
Nick, der an die Wand
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