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Leiche in Sicht

Leiche in Sicht

Titel: Leiche in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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es das Gericht unter diesen
Umständen nicht leicht hat, sein Urteil zu fällen.» Mr. Pringle hatte das
Gefühl, vor Empörung noch zu ersticken.
    «Sie waren einer Meinung mit mir! Als
wir über meine Aussage und die Beweise sprachen, da...»
    «Ich habe Ihre Aussage zur Kenntnis
genommen. Aber ich habe Ihnen weder zugestimmt noch widersprochen, Sir, das ist
nämlich nicht meine Aufgabe.»
    In dem kleinen Raum, der den
Kriminalbeamten während der Verhandlung zur Verfügung gestellt worden war, war
die Meinung auch mehr zugunsten Emmas gewesen. Seit dem ersten Verhandlungstag
war sie der Mittelpunkt des Interesses gewesen, und ihre Erscheinung, ihr
Gesicht, ihr mögliches Talent im Bett waren Anlaß für eine Vielzahl von
Kommentaren gewesen, die vom bloß Lüsternen bis zum Obszönen reichten. Als sie
mit ihrer Aussage begann, gaben ihr die Sicherheit ihres Auftretens, ihre
Intelligenz, kurz ihre Klasse, noch zusätzlich Glanz.
    Was Matthew Shaw anging, so war er ein
gutaussehender junger Mann, aber doch nicht mehr als ein kleiner Angestellter,
der höher hinausgewollt hatte. Nun, wie man sah, war es ihm nicht gelungen. Ihm
fehlten eben die Nerven und das Stehvermögen. Sein Weinen hatte auf das Gericht
sicher auch nicht gerade einen guten Eindruck gemacht — Selbstmitleid ist immer
ein beschämendes Schauspiel. Wenn er tatsächlich, wie er sagte, von ihr
angestiftet worden war, dann bekam er eben jetzt die Quittung für seine
Dummheit. «Bitte, Sir, ich war es nicht...» Lächerlich! Aber es hatte ihm
ohnehin niemand geglaubt! So ein hübsches Mädchen wie Emma Fairchild — die
würde doch nicht... Es war auch viel wahrscheinlicher, daß es so gewesen war,
wie Emma es beschrieben hatte, daß er nämlich einfach nur gierig gewesen sei
und beides hätte haben wollen: das Geld von Liz und sie im Bett. Nun,
jetzt hatte er weder noch — geschah ihm recht!
    Und wer glaubte schon diese wüste
Geschichte, daß Emma diesen Überfall auf sie in Spartahouri nur vorgetäuscht
und sich die Verletzungen selbst beigebracht habe. Das war wirklich unterhalb
der Gürtellinie. Der Shaw, dieser feige Hund, sollte sich gefälligst vorsehen,
was er sagte. Dabei hatte sie ihm hinterher sogar noch beigestanden, aus
Loyalität und weil sie ihre Eltern nicht hatte aufregen wollen. Und daß sie
jemand anderen bezichtigt hatte, nun, das hatte sie schließlich schnell wieder
zurückgenommen. Auch daß sie sich mit diesem John eingelassen hatte, war ja im
Grunde gut zu verstehen, nur schade, daß sie dann hinterher doch wieder zu
diesem Shaw zurückgekommen war.
    Charlotte Fairchild hatte die Angaben
ihrer Schwester voll bestätigt, wenn auch unter Tränen. Aber trotzdem hatte sie
irgendwie nicht sehr überzeugend gewirkt, fand der Inspector. Merkwürdig, wie
ungleich die Natur doch ihre Gaben verteilte: die eine Schwester hübsch und mit
Verstand versehen, die andere bloß ein schwacher Abklatsch. Vermutlich könnte
sie mit ihrem dicken blonden Haar mehr aus sich machen, aber wie auch immer,
wenn er die Wahl gehabt hätte, so hätte er sich eindeutig für Emma entschieden.
Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Mr. Pringle zu: «Wir sind Ihnen sehr
dankbar dafür, daß Sie uns behilflich waren. Aber bei allen Ermittlungen kommt
irgendwann der Punkt, da hat der Richter das Wort. Sie haben getan, was Sie
konnten. Wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf: Gehen Sie nach Hause, und
kommen Sie nicht wieder her! Ich weiß, daß es Ihr Neffe ist, der hier
verurteilt wird, und es tut mir für Sie leid. Aber vielleicht sollten Sie doch
noch einmal überlegen, ob nicht die Tatsache, daß Sie so eng mit ihm verwandt
sind, Ihren Blick für die Tatsachen etwas getrübt hat?» Mr. Pringle zitterte
vor Ärger. Der Inspector runzelte die Stirn. «Was Sie und mich angeht, so ist
der Fall gelaufen, wir können nichts mehr tun.»
    Er sah Mr. Pringle nach, wie er langsam
den Flur hinunterging. Er würde darüber hinwegkommen — im Laufe der Zeit. Zum
Glück hatten sie weder dieses Punk-Mädchen, noch Harpers Witwe in den
Zeugenstand rufen müssen. Es war schon vorher alles klar gewesen. Emma
Fairchild würde, da sie nicht die Anstifterin gewesen war, vermutlich mit einer
Bewährungstrafe und der Auflage, irgendwo gemeinnützige Arbeit zu leisten,
davonkommen. Mein Gott —was die gemeinnützige Arbeit anging, so hätte er da
schon einige Vorschläge zu machen. Er sah auf die Uhr und entschied, daß er
noch Zeit hatte für ein Bier. Während er sich

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