Leichenfresser - Thriller
Versicherung und Benzin bezahlen zu können. Wahrscheinlich würde er nach dem Schulabschluss weiterhin dort arbeiten und vielleicht zu Vollzeit wechseln. Tatsächlich war er sogar überzeugt davon. Nächste Woche stand der letzte Schultag an. Schon bald würde die Abschlussklasse der Spring Grove Area High School auf die Welt losgelassen werden. Bis auf die Abschlussprüfungen war das Schuljahr zu Ende. Die Grundschulen und die Unter- und Mittelstufe hatten schon heute Ferien bekommen. Der Sommer war angebrochen. Pat wollte ihn genießen, solange es ging. Er gab sich keinen Illusionen hin. Ihm würde nur eine kurze Pause vergönnt sein, danach hieß es für ihn Arbeit, Arbeit und noch mal Arbeit – bis er in Ruhestand ging oder ihn der Alkohol vorzeitig altern ließ, was immer davon zuerst eintrat.
Genau wie bei seinem Vater. Oder bis Pat starb wie sein älterer Bruder, der zwei Wochen vor dem Abzug der amerikanischen Truppen in Vietnam getötet worden war.
Nächste Woche nach dem Schulende würden viele von Pats Freunden nach Ocean City in Maryland zu ihrer Abschlussfahrt aufbrechen, sich eine Woche lang betrinken, kiffen und ficken und anschließend nach Hause kommen, um bis zum College damit weiterzumachen. Einige der Großmäuler würden nach Fort Lauderdale fahren, um ebenfalls Party zu machen, und Dave McCormick und Jeremy Statler würden ins Ausbildungslager einrücken. Verdammt, sogar einige der Jungs aus der Unterschicht hatten vor, zum Feiern an den Strand zu fahren, auch sein Freund Nick Wagner, der seinen Abschluss erst nächstes Jahr machen würde – trotzdem fuhr sogar er. Während alle anderen Spaß hatten, etwas Aufregendes unternahmen und den rituellen Übergang von der High School ins Leben eines jungen Erwachsenen vollzogen, blieb Pat zu Hause, um zu arbeiten. Seine eigene Abschlussreise kam über dieses Stelldichein im Mondschein mit Karen mitten auf dem Friedhof der lutherischen Golgotha-Kirche nicht hinaus.
Als Karen aus den Shorts schlüpfte und er den weißen Slip sowie die darunter hervorlugenden weichen, blonden Schamhaare erblickte, störte es ihn nicht mehr.
Karen bemerkte, wie Pat erregt die Luft einsog. Sie lächelte.
»Willst du mich?«
Pat nickte. »Das weißt du genau.«
»Nur weil du mit mir schlafen kannst«, zog sie ihn auf. »Du liebst mich nicht wirklich.«
»Doch, tu ich«, log er. In Wirklichkeit liebte er sie nicht – glaubte er jedenfalls. Pat war nicht sicher, ob er je verliebt gewesen war. Vielleicht in der fünften Klasse, als er Marsha Morrell den ganzen Tag lang angestarrt hatte, weil sie so hübsch aussah, aber das war eher Schwärmerei gewesen als die Romantik, die er aus Filmen kannte und über die er andere immer reden hörte. Karen und Pat gingen seit der elften Klasse miteinander. Sie waren zusammen beim Abschlussball gewesen, worauf sie bestanden hatte – oh, und was hatten seine Kumpel aus dem Handwerksunterricht deswegen über ihn gelacht. Seither sahen sie sich jedes Wochenende, doch trotz allem liebte er sie nicht. Pat blieb mit Karen zusammen, weil sie genauso wild auf Sex war wie er.
Pat zog die Schuhe – schwarz-weiße Vans mit einem Totenschädelmuster – und die Sportsocken aus und stand barfuß im feuchten Gras. Das Tapedeck im Nova spielte leise das Album Purple Rain von Prince. Persönlich hasste Pat den bescheuerten Prince fast so sehr wie Duran Duran und Culture Club, aber der Typ war derzeit absolut angesagt. Er lief pausenlos im Radio und auf MTV – Pat selbst hatte noch keinen Kabelanschluss, seine Freunde hingegen schon, und sie verbrachten eine Menge Zeit damit, sich zu bekiffen und MTV zu schauen. Karen liebte Prince. Vor drei Wochen hatte sie ihn dazu überredet, sich zusammen den Film anzusehen, und Pat wäre dabei um ein Haar eingeschlafen – außer während des Teils, als Apollonia nackt zu sehen war, und während der Szenen mit diesem geilen violetten Motorrad. Er stand auf Iron Maiden, Judas Priest und Quiet Riot, außerdem auf die alten Scheiben seines Bruders von Deep Purple und Black Sabbath. Diese Schallplatten waren alles, was Pat von ihm hatte. Aber wenn man in den Vororten lebte, musste man praktisch ein Exemplar von Purple Rain oder 1999 besitzen, weil die Girls voll auf Prince abfuhren – vor allem Karen und vor allem auf Purple Rain. D eshalb hatte Pat die Kassette immer unter dem Armaturenbrett versteckt. Nichts brachte Karen so in Stimmung wie Bier, ein wenig Gras und Darling Nikki.
So wie jetzt.
»Komm
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