Lena - einfach raus und leben
Effekte. Stattdessen schien sie riesigen Spaß an ihrer Vorführung zu haben. Das war der Knackpunkt, warum sich die Europäer mit weitem Vorsprung für Lena als Siegerin des Musikwettbewerbs entschieden.
Die 1991 geborene Niedersächsin hat nicht nur in diesem Contest triumphiert, der von über 125 Millionen Menschen in ganz Europa an den Bildschirmen mitverfolgt wurde, sie ist auch so etwas wie der Beginn eines neuen Zeitalters in der vom Fernsehen geprägten Gesellschaft. Etliche Zuschauer wehrten sich durch Lenas Wahl indirekt gegen die ewig gleiche Fleischbeschau, wie sie von Lady Gaga, Paris Hilton, Britney Spears und anderen vorgeführt wird. Sie sind auch wegen hochglanzgestylter Formate wie »Germany’s Next Top Model« der Sendungen überdrüssig, die sich ausschließlich um Schönheit und Styling drehen. Dass alles im Fernsehen immer oberflächlicher wird - nein danke!
Lena verkörpert stattdessen das gesteigerte Bedürfnis vieler Menschen nach Authentizität und Ehrlichkeit. Sie macht Karriere als Sängerin und hat dennoch wie nebenbei
erfolgreich ihr Abitur bestanden. Sie ist hübsch und trägt ihre körperlichen Reize nicht via ultrakurzer Hot Pants zu Markte. Sie ist der Beweis dafür, dass man nicht halbkriminell oder in einer Hartz-IV-Familie aufgewachsen sein muss, um eine Karriere als Castingstar machen zu können. Lena ist nicht spektakulär. Aber: Lena ist Lena. Und genau das lieben Millionen Fans an ihr und bringen dies mit ihrer Begeisterung für sie zum Ausdruck.
Lena wollte nie Topmodel oder Superstar werden. Sie hat sich durch reinen Zufall bei »Unser Star für Oslo« beworben, hat - einfach so - teilgenommen, kam von Runde zu Runde weiter. Mit einem Mal war sie Siegerin. Fuhr nach Oslo. Und wurde schließlich Europas Sängerinnen-Phänomen Nummer 1.
Lena hat den Eurovision Song Contest mit weitem Abstand gewonnen. Sie hat sich darüber gefreut, ganz klar. Aber sie ist darüber nicht durchgedreht. Am Tag nach ihrem Sieg wurde sie auf dem Flughafen ihrer Heimatstadt Hannover wie eine Prinzessin empfangen. Mehr als 40 000 Fans jubelten ihr zu. Sie durfte sich in das Goldene Buch der Stadt Hannover eintragen. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff gratulierte ihr höchstpersönlich zum Triumph. Lena lächelte. Es ist dieses unnachahmliche, bescheidene wie wissende Lächeln, das sie einzigartig macht.
»Wenn man jemanden wie Lena einer Plattenfirma oder einem sogenannten Fachmann vorstellen würde, hätte sie in deren Augen kein einziges Attribut von
dem, was jemand als genormte Voraussetzung besitzen müsste, damit er ein Star wird«, meint das Mastermind des Musikprojekts Schiller, Christopher von Deylen, über das Wunderkind.
»Lenaismus« heißt das neue Schlagwort in den deutschsprachigen Medien, während die Briten von »Lenamania« sprechen. Die Begeisterung für das Mädchen mit dem sperrigen Nachnamen Meyer-Landrut schlägt europaweit hohe Wellen. Warum die Siegerin des Eurovision Song Contest bei so vielen Menschen gut ankommt, erklärt der Medienexperte Helmut Scherer, Professor für Medienund Kommunikationswissenschaften aus Hannover, folgendermaßen: »Lena ist authentisch, mit ihr kann man sich identifizieren, und das ist heute gefragt.«
Lena selbst gibt sich auf die Frage, wie sie sich die Faszination um ihre Person erklärt, entspannt: »Ich bin immer noch dieselbe Lena, die ich stets war und bleiben werde.« In unruhigen Zeiten wie den unseren ist genau diese innere Ruhe der Grund, warum sie inzwischen der Star für Millionen ist. Lena ist Lena!
Kapitel 1
Vor dem Contest: Lenas Leben in Hannover
D ie Stadt Hannover wurde und wird immer wieder als provinziell, als kleinbürgerlich belächelt. Dabei ist die niedersächsische Metropole, in der über eine halbe Million Menschen leben, die Heimatstadt einiger Persönlichkeiten, deren Namen und Werke über die Stadtgrenzen hinaus in der restlichen Bundesrepublik und sogar weltweit bekannt geworden sind. Zum Beispiel ist Emil Berliner zu nennen, der 1851 dort geboren wurde und 1887 sowohl die Schallplatte als auch das Grammophon erfand. Sein Bruder Joseph gründete daraufhin in Hannover die erste Grammophon-Fabrik überhaupt.
Ungefähr zu dieser Zeit, 1889, baute ein gewisser Hermann Bahlsen in der Messestadt »die Hannoversche Cakesfabrik« und seitdem werden unter seinem Namen die bekanntesten Butterkekse auf dem Globus produziert.
Theodor Lessing, ein weiterer berühmter Sohn der Stadt, gründete ein paar
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