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Passwort: Henrietta

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Titel: Passwort: Henrietta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava McCarthy
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    H arry würde gleich etwas tun, wofür sie im Gefängnis landen konnte. Das war in ihrem Gewerbe nichts Ungewöhnliches, trotzdem hatte sie feuchte Hände.
    Sie schob ihren Kaffee weg und starrte zu den Glastüren auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Das grelle Aprillicht blendete sie. Sechzehn Jahre war es her, dass sie so etwas zum ersten Mal gemacht hatte. Damals war sie dreizehn gewesen und wäre beinahe verhaftet worden. Diesmal war es anders. Diesmal würde sie damit durchkommen.
    Als die Türen gegenüber aufschwangen, fuhr sie in ihrem Stuhl hoch. Nur der Motorradkurier, der wieder rauskam. Er war in den vergangenen zwanzig Minuten der einzige Besucher gewesen. Harry rutschte auf der harten Alusitzfläche herum. Auf ihrem Hintern mussten sich mittlerweile Streifen wie von einem Rollladen abzeichnen.
    »Wollen Sie noch was?«
    Der Cafébesitzer, stämmig wie eine Bulldogge, verschränkte über der schmierigen Schürze die Arme und baute sich vor ihr auf. Die Botschaft war klar. Es war Mittagszeit, und seit fast einer Stunde okkupierte sie den Tisch auf dem Bürgersteig. Zeit zu gehen.
    »Ja, ich will noch was.« Sie ließ ihr liebreizendstes Lächeln erstrahlen. »Ein Mineralwasser, bitte.«
    Er packte ihre Tasse samt Untertasse auf ein Tablett und schlurfte nach drinnen. Wieder gingen auf der gegenüberliegenden Straßenseite die Türen auf: Fünf junge Frauen traten heraus. Alle trugen die gleiche marineblau-grüne Uniform, sie schlenderten den Bürgersteig entlang, ließen eine einzige Zigarette herumgehen und saugten daran wie Tiefseetaucher, die sich ihre letzte Sauerstoffflasche teilten. Blinzelnd betrachtete Harry ihre Gesichter. Alle zu jung.
    Sie lehnte sich zurück und löste die übereinandergeschlagenen Beine. Ihre Oberschenkel unter dem Hosenanzug juckten, in den Füßen machte sich allmählich ein Krampf bemerkbar. Am Morgen hatte sie sich nur schwer zwischen ihren einfachen flachen Schuhen und den mit den nicht ganz so hohen Absätzen und Goldschnallen entscheiden können. Aber sie fuhr ja schon immer auf alles ab, was glänzte. Nur hoffte sie, dass sie sich in der nächsten Dreiviertelstunde nicht eiligst aus dem Staub machen musste.
    Sie wackelte mit den Zehen und lauschte den laut scheppernden Bierfässern, die ganz in der Nähe abgeladen wurden. Schaler Biergeruch drang an ihre Nase, der, abgestanden wie verfaulendes Obst, aus der offenen Pubtür waberte. Ruckelnd kam direkt vor ihr ein Bus zum Halt und blockierte den Blick auf die Türen.
    Scheiße, die Bushaltestelle hätte ihr auffallen sollen, bevor sie sich hingesetzt hatte. Der Motor vibrierte, während ein Fahrgast nach dem anderen herausströmte. In der Luft lagen heiße Dieselabgase, die den Bus und das dahinter liegende Gebäude wie eine Fata Morgana flirren ließen. Sie klopfte mit den Fingern auf den Tisch.
    Mein Gott, war denn ganz Dublin in diesem Bus?
    Sie versuchte, an den verstaubten Busscheiben vorbei zum Bürogebäude zu spähen, konnte aber nur den oberen Aluminiumrand des Türrahmens erkennen. Vom Metall reflektiertes Sonnenlicht blitzte auf, als die Türen erneut aufgingen. Harry sah nicht, wer herauskam.
    Sie schob ihren Stuhl zurück und lief ein paar Meter die Straße entlang, bis sie freie Sicht auf den Eingang hatte. Auf dem Bürgersteig war niemand zu sehen.
    Harry sah auf ihre Uhr. Es war zwar schon etwas zu spät, aber sie konnte es noch nicht riskieren, den nächsten Schritt zu tun. Noch nicht.
    Der Bus ließ den Motor aufheulen und scherte in den Verkehr ein. Harry ballte die Fäuste und wartete, bis er an ihr vorbei war. Dann entdeckte sie auf der Straße eine Frau, die sich in die entgegengesetzte Richtung der Mädchen bewegte. Sie war älter als diese, vermutlich Ende vierzig, und sie war allein. Die Frau blieb am Randstein stehen, um die Straßenseite zu wechseln, und blickte sich um.
    Harrys Finger entspannten sich. Die blonden Strähnen der Frau waren neu, ansonsten sah sie genauso aus wie auf dem Foto der Website.
    Sie wartete, bis die Frau verschwunden war. Dann warf sie ein paar Münzen auf den Tisch und überquerte die Straße.
     
    Hinter den Glastüren war es kühler und ruhiger. Harry marschierte auf die Rezeptionistin zu und sah sich verstohlen um. An einer Wand stand ein niedriger Tisch mit Wirtschaftsmagazinen. Links befanden sich hohe Doppeltüren, rechts ebenso. Die einzige Fluchtroute, falls nötig, wäre der Weg, den sie hereingekommen war.
    Sie wählte ein weiteres

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