Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici
Zauberer war, der sich mit Schwarzer Magie beschäftigte und mit Hilfe
irgendwelcher Zeichen Hexenrituale durchführte. Ihr Herzschlag hämmerte wie wild, als der Portugiese schließlich die Tür öffnete.
Der Blick seiner dunklen Augen war durchdringend und ließ Gianna bis ins Mark erschaudern.
Er wirkte müde, was kein Wunder war, denn oft brannte das Licht in seinem Fenster bis spät in die Nacht.
„Was hast du gesagt?“, fragte er und Gianna wiederholte, dass
unten im Schankraum jemand auf ihn warte.
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Der Portugiese verengte die Augen. Seine buschigen
Augenbrauen wirkten jetzt besonders unheimlich. „Sag ihm, dass er zu mir heraufkommen soll!“
Gianna schluckte.
„Ja, Herr.“
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2.Kapitel
Der Hexer vom Dorfgasthof
Carlos Eltern betrieben einen kleinen Verkaufsladen am Ende des Dorfes. Er nahm die ganze untere Etage des kleinen Hauses ein, in dem die Familie lebte. Einmal die Woche fuhr Vater Cesare Maldini mit dem Pferdewagen nach Florenz, von wo er dann am darauf
folgenden Tag mit Waren und Neuigkeiten zurückkehrte.
Als Carlo am nächsten Tag von der Schule kam, saß sein Vater an dem Tisch, der mitten im Laden stand. Überall standen Waren
herum, die Cesare Maldini aus Florenz mitgebracht hatte. Stoffballen ebenso wie Weinkrüge und Werkzeuge.
Cesare Maldini brütete über einer Liste und Carlo wäre am
liebsten postwendend wieder aus dem Raum gegangen, als er das
sah, denn er wusste genau, was jetzt folgen würde.
Aber es war zu spät. Sein Vater hatte ihn gesehen.
„Ah, das ist gut, dass du da bist!“, sagte er. „Komm her, rechne mir diese Beträge doch bitte zusammen!“
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Carlo seufzte. Eigentlich wollte er nach der Schule, in die er für ganze zwei Stunden gegangen war, sofort zu Leonardo. Leonardo
war nur zwei Jahre in die Schule gegangen. Er hatte zusammen mit Carlo und Gianna, der Tochter des Wirtes, dort angefangen. Aber erstens hatten den Lehrer die dauernde Fragerei und die sonderbaren Ideen, die Leonardo hatte, immer wieder zur Weißglut getrieben, weil er ein ständiger Unruheherd gewesen war und zweitens hatte wohl auch niemand mehr das Schulgeld für Leonardo zahlen können.
In Momenten wie diesen wünschte sich Carlo, an Leonardos Stelle zu sein, denn dann hätte sein Vater nicht von ihm verlangen können, diese schweren Rechnungen durchzuführen. Wahrscheinlich war
damit der halbe Nachmittag hin!
„Mach schon Carlo, wozu schicke ich dich denn sonst zur
Schule?“, meinte sein Vater. „Wozu bezahle all das viele Geld?
Natürlich damit du eines Tages meine Geschäfte weiterführen kannst und dazu muss man nun mal rechnen können. Wie willst du sonst
wissen, ob dich jemand betrügt? Oder ob sich ein Geschäft überhaupt lohnt?“
„Ja, ja“, murmelte Carlo.
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Was jetzt kam, kannte er auswendig. Es war immer dieselbe
Litanei. Cesare Maldini versuchte seinem Sohn klarzumachen, wie gut er es doch hätte, dass er zur Schule gehen dürfte. Er selbst hätte die Schule früh abbrechen müssen, weil sein Vater starb und
anschließend nicht mehr genug Geld da war, um den Unterricht zu bezahlen. „Und deine Mutter – sie ist ein Bauernmädchen gewesen.
Wunderschön – aber sie hat eine Schule nie von innen gesehen!“, fuhr er fort und fuchtelte dabei mit den Armen in der Luft herum.
„Deine Mutter und ich haben es oft sehr bedauert, dass wir nicht besser schreiben und rechnen konnten. Vor allem auf das Rechnen kommt es an! Und da du genauso von unserem Geschäft lebst wie
wir, ist es nicht zuviel verlangt, wenn du dir jetzt etwas Mühe gibst und diese Beträge zusammenziehst. Das kann dir ja wohl nicht zu schwer fallen.“
Carlo sah ein, dass es wohl keinen Ausweg gab.
„Also gut“, seufzte er.
Er setzte sich an den Tisch und blickte auf die Beträge. Im Kopf fing er schon an zu rechnen, aber da war noch etwas, was sein Vater mit ihm besprechen wollte.
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„Gestern Abend bist du sehr spät nach Hause gekommen, Carlo.“
„Ich war bei Leonardo, das habe ich Mutter gesagt.“
„Ich weiß. Und das ist der Punkt, auf den ich hinaus will. Für meinen Geschmack bist du viel zu oft mit diesem seltsamen Kerl zusammen. Seine Mutter macht sich auch schon Sorgen um ihn. Sie war heute Morgen bei mir um eine Hacke zu kaufen.“
Carlo wusste, dass Leonardos Mutter eine Magd gewesen war, die später einen Bauern aus der Umgebung geheiratet hatte. Leonardos Vater war Ser Piero d’Antonio, ein Notar aus Vinci.
Schon früh waren Leonardos
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