Leonardo
und das Geheimnis der Villa Medici
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© by Alfred Bekker
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Ein CassiopeiaPress Ebook
Ausgabejahr dieser Edition: 2010
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Inhalt
1.Kapitel: Der geheimnisvolle Fremde
2.Kapitel: Der Hexer vom Dorfgasthof
3.Kapitel: Feuer!
4.Kapitel: Spieglein, Spieglein…
5.Kapitel: Gerüchte und Neuigkeiten
6.Kapitel: Das Geheimnis des Portugiesen
7.Kapitel: Kriegsrat
8.Kapitel: Reiter in der Nacht
9.Kapitel: In Florenz
10.Kapitel: Im Palast der Familie Medici
11.Kapitel: Der Plan
12.Kapitel: Der Agent des Königs
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1.Kapitel:
Der geheimnisvolle Fremde
Blitze zuckten aus den grauen Wolken. Es regnete in Strömen und die ungepflasterte Straße, an dem der kleine Ort Vinci lag,
verwandelte sich innerhalb kurzer Zeit in einen Sumpf. Wind kam auf und schüttelte Sträucher und Bäume.
„Warum machst nicht die Fensterläden zu, Leonardo?“
„Weil ich zuschauen will.“
„Aber es regnet gleich herein, wenn es schlimmer wird!“
„Komm doch auch ans Fenster, Carlo.“
„Ich weiß nicht…“
„Wenn wir Glück haben, sehen wir, wie ein Baum gespalten wird.
So wie letzten Sommer, weißt du noch?“
Der zehnjährige Carlo erinnerte sich gut.
Sein gleichaltriger Freund Leonardo saß am offenen Fenster und blickte fasziniert ins Freie.
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Eigentlich war er damit beschäftigt gewesen, einen toten Vogel zu zerlegen, den er gestern im Wald gefunden hat. Aber das Gewitter war interessanter als die Frage, wie ein Vogel von innen aussah. Von dem Zimmer aus, das Leonardo im Haus seines Großvaters
bewohnte, hatte man eine gute Aussicht auf die Umgebung. Es lag im Obergeschoss und wenn man am Fenster saß, konnte man das
Dorf bis zu den nahen Anhöhen überblicken. Im letzten Jahr hatte es ein noch sehr viel schlimmeres Gewitter gegeben.
Auch damals war Carlo zu Besuch gewesen, als es plötzlich
heftig zu regnen und zu stürmen anfing. Sie hatten am Fenster
gesessen und mit angesehen, wie der Blitz in einen uralten Baum auf einer der Anhöhen vor dem Dorf gefahren war. Seitdem war der
Baum gespalten und Leonardo war von einer Faszination für Blitze und Gewitter erfasst worden, die ihn jedes Mal aufs Neue packte, wenn es am Himmel zu grummeln begann.
Carlo erinnerte sich noch gut daran, wie Leonardo am Tag nach
dem Gewitter unbedingt den Baum hatte untersuchen wollen. Sie
hatten Brandspuren entdeckt, aber das war auch schon alles, was sie herausgefunden hatten.
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Carlo hatte Leonardos Worte von damals noch im Ohr. „Der Blitz muss eine viel größere Kraft als ein Mann mit einer Axt haben, denn was glaubst du wohl, wie lange ein Mann mit einer Axt brauchen würde, um einen Baum zu spalten! Das müsste ein Riese sein, denn sonst könnte er den Baum niemals so spalten: von oben nach unten!
Und deshalb denke ich, dass im Blitz die Kraft eines Riesen steckt!“
Carlo seufzte und kam zu Leonardo ans Fenster. Er hatte sich
inzwischen daran gewöhnt, dass sein Freund voll von verrückten Ideen war und immer alles ganz genau wissen wollte. Auch Dinge, von denen Carlo dachte, dass man sie nicht unbedingt wissen musste.
Wozu war es zum Beispiel gut, darüber Bescheid zu wissen, wie es im Inneren eines toten Vogels aussah?
Die frische Luft, die jetzt hereinwehte, ließ Carlo leichter atmen.
In Leonardos Zimmer roch es nämlich immer ziemlich streng, da er gerne tote Tiere zerlegte, um zu sehen, wie sie von innen aufgebaut waren.
Meisten vergaß er dabei allerdings, die Reste zu beseitigen,
sodass immer ein gewisser fauliger Verwesungsgeruch in der Luft hing.
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„Was könnte man alles erreichen, wenn man die Kraft eines
Blitzes zur Verfügung hätte“, sagte Leonardo. „Stell dir vor, man könnte diese Kraft irgendwie einfangen oder eine Maschine erfinden, die selbst Blitze hervorbringt! Wozu eine Kolonne von Holzfällern einen ganzen Monat braucht, das könnte man damit an einem Tag
erledigen! Und im Krieg bräuchte man befestigte Städte nicht mehr monatelang belagern, sondern könnte mit dieser Kraft die
Festungsanlagen zerschlagen!“
Immer wieder dachte Leonardo sich die seltsamsten Erfindungen
aus und erzählte mit einer so großen Anschaulichkeit von
irgendwelchen fantastischen Maschinen, dass man tatsächlich
glauben konnte, es wäre möglich, so etwas herzustellen.
„Aber wie