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Lesebuch für Katzenfreunde

Lesebuch für Katzenfreunde

Titel: Lesebuch für Katzenfreunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: diverse Autoren
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führte das Ding in der Küche vor. Innerhalb einer Sekunde, noch bevor die Mechanik die Flügel zweimal hatte schlagen lassen, kam Saar angeschossen, hatte es mit einem Pfotenhieb aus der Luft geholt und sich triumphierend daraufgesetzt, während es noch letzte Zuckungen von sich gab. In derselben Sekunde war unsere dicke Pu die Treppe hinaufgesaust, hatte sich unter dem Schrank verkrochen und blieb für Stunden verschwunden.
    Pu ist dumm. Die simpelsten Dinge begreift sie nicht. Zum Beispiel Wind. Sie begreift nicht, daß sie sich nicht unter einem Schrank zu verkriechen braucht, wenn draußen ein Lastwagen vorbeifährt. Bis jetzt ist noch kein einziger durch die Hauswand hereingekommen, obwohl manchmal nicht viel daran fehlt. Feuer begreift sie auch nicht, und nur allzuoft hatten wir beide einen merkwürdigen Brandgeruch in der Nase, bis ich Pus Schwanz aus dem Teelicht zog. Auch ihre Schnurrhaare mußten oft daran glauben, weil sie unbedingt in die Flammen schauen mußte. Was Wasser ist, hat sie mit Müh und Not gelernt. Sie findet es faszinierend. Stundenlang hockt sie neben dem tropfenden Hahn in der Küche. Schaut dem Tropfen nach, bis er im Abfluß verschwindet. Bekommt den nächsten Tropfen auf den Kopf. Schaut erstaunt hoch, wo der wohl herkam, und bekommt einen auf die Nase. Dann schüttelt sie verdutzt den Kopf, und das Spielchen fängt wieder von vorne an.
    Es soll ja wirklich dumme Katzen geben. Tine hatte eine, einen Kater namens Gabriel, der zwar die Treppe hinauf-, aber nicht mehr herunterkam. Und doch ging er immer wieder nach oben und pinkelte in ihr Bett, wenn sie nicht rechtzeitig nach Hause kam, um ihn wieder hinunterzutragen. Gabriel war wild auf Honigkuchen. Das schien eine Möglichkeit, ihm beizubringen, wie er die Treppe auch runter schaffen könnte. Tine legte ein Stück Honigkuchen auf die oberste Stufe. Als er das gefressen hatte und sich rasch wieder zurückzog, legte sie ein Stück auf die nächste Stufe und so weiter, bis er schließlich die ganze Treppe bewältigt hatte. Unten angelangt, machte er auf dem Absatz kehrt und rannte wieder hinauf, wo er miauend kundtat, daß er hinuntergetragen zu werden wünschte. Seltsame Windungen eines Katzenhirns: Eine Treppe mit Honigkuchen ist etwas ganz anderes als eine Treppe ohne.
    Dorothy Sayers
    Die Moschuskatze
    Es ist wirklich anständig von Ihnen, mich hier aufzusuchen, Harringay. Glauben Sie mir, ich rechne Ihnen das hoch an. Nicht jeder vielbeschäftigte Anwalt würde sich soviel Mühe um einen so hoffnungslosen Klienten machen. Ich wünschte nur, ich könnte Ihnen eine Geschichte erzählen, mit der sich etwas anfangen ließe, aber, offen gestanden, kann ich Ihnen nur das sagen, was Peabody bereits von mir gehört hat. Ich weiß natürlich, daß er kein Wort davon glaubt, und nehme es ihm nicht übel. Er ist der Ansicht, daß ich eine glaubwürdigere Geschichte erfinden könnte – und damit hat er wahrscheinlich recht, aber was hat das für einen Zweck? Man fällt doch irgendwo herein, wenn man sich in Lügen verstrickt. Was ich Ihnen jetzt sage, ist die absolute Wahrheit. Ich habe einen einzigen Schuß abgefeuert, und nur diesen einen. Und zwar auf die Katze. Komisch, daß man gehängt werden soll, weil man auf eine Katze geschossen hat.
    Merridew und ich waren stets die besten Freunde; schon auf der Schule und der Universität. Nach dem Kriege sahen wir nicht viel von einander, weil wir in entgegengesetzten Teilen des Landes wohnten. Aber wir trafen uns von Zeit zu Zeit in London und schrieben uns gelegentlich; jeder von uns wußte, daß der andere sozusagen im Hintergrund existierte. Vor zwei Jahren schrieb er mir, daß er sich verheiraten würde. Er war gerade vierzig geworden, und das Mädchen war fünfzehn Jahre jünger, und er war maßlos in sie verliebt. Es versetzte mir einen ziemlichen Stoß – Sie wissen ja, wie es ist, wenn Ihre Freunde heiraten. Man hat das Gefühl, daß sie niemals wieder die alten sein werden, und ich hatte mich an den Gedanken gewöhnt, daß Merridew und ich geborene Junggesellen seien. Aber ich gratulierte ihm natürlich, schickte ihm ein Hochzeitsgeschenk und hoffte aufrichtig, daß er glücklich werden würde. Er war offenbar bis über beide Ohren verliebt – gefährlich verliebt – obwohl es, abgesehen von dem Altersunterschied, anscheinend eine ganz passende Partie war. Er hatte sie ausgerechnet bei der Gartengesellschaft eines Pfarrers in Norfolk kennengelernt, und sie war noch nie aus ihrem

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