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Lesebuch für Katzenfreunde

Lesebuch für Katzenfreunde

Titel: Lesebuch für Katzenfreunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: diverse Autoren
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gesehen, die, wenn sie ihre Jungen herumschleppten, das ganze Köpfchen im Maul hatten – ein gräßlicher Anblick, aber es geht immer gut.
    An diesem Punkt zeigte sich, daß mit Saars Mutterinstinkten etwas nicht in Ordnung war. Als die ersten Jungen aus der Kiste herauskrabbelten, wußte sie nicht recht, was sie tun sollte. Sie wußte zwar, daß die Kleinen wieder hineinmußten, aber nicht, wie das zu bewerkstelligen wäre. Sie fing an zu beißen, das schon, und wenn eines von ihnen wie eine Krabbe über das Linoleum krauchte, knuffte sie es ins Bein oder in den Rücken; aber dann sah sie mich mit großen Augen voller Fragezeichen an, ob ich vielleicht wüßte, was sie tun sollte. Dann setzte ich die Jungen wieder in die Kiste zurück, und für den Augenblick war sie zufrieden. Eine solche Krise dauert normalerweise ein bis zwei Tage, bis die Katzenmutter sich damit abfindet, daß alle Einfangversuche verlorene Liebesmüh sind, und merkt, daß die Kleinen schon zurückkommen, wenn sie Hunger haben, und daß sie selbst sich auch mal einen kleinen Ausflug gönnen kann. Saar aber kapierte das nicht.
    Einmal hing ein Kleines mit den Vorderpfötchen am Schachtelrand und konnte weder vor noch zurück. Ich hörte das schrille Piu-Piu, danach Saars unruhiges Mrr, das immer nervöser und lauter wurde, und als ich hinlief, sah ich Saar wie ein Eichhörnchen auf den Hinterbeinen sitzen, während sie mit den Vorderpfoten versuchte, ihr Kind vor dem Absturz zu bewahren. Wie sie die Kleinen am Nackenfell packen mußte, hatte sie nie gelernt, und mit der Zeit wurde deutlich, daß Saar keine gute Mutter war. Ich konnte ihr das nicht verübeln. Schließlich war auch ich nicht gerade ein Musterexemplar gewesen, war oft als Rabenmutter bezeichnet worden, und in einem meiner ersten Artikel gab ich das auch zu: Ich wäre ein netter Vater gewesen, aber ich war eine schlechte Mutter.
    Saar begann, die Kleinen zu vernachlässigen. Die mußten sie oft endlos suchen, wenn sie Hunger hatten, und dann mußte ich Saar überreden, wieder hinter den Büchern hervorzukommen und ihre Pflicht zu tun. Wenn eines ihrer ausgebüxten Jungen irgendwo unter dem Sofa quäkte, rannte sie dorthin, um ihm die Zitzen hinzuhalten, aber kaum lag sie, da meldeten die Kleinen in der Schachtel sich ebenfalls, und dann rannte sie wieder zurück und ließ das Junge unter dem Sofa empört schreiend liegen. Sie wurde sehr nervös davon.
    Wir wissen nicht, wer zuerst krank wurde, Saar oder die Kleinen, auf jeden Fall lag Saar eines Tages schlapp auf dem Schrank, und ihre Kinder hatten angefangen, komisch zu niesen. Zunächst sieht das drollig aus, so ein Kleines, das kaum auf den Beinen stehen kann und von einem Hatschie, fast größer als es selbst, umfällt, aber als sie alle zu niesen anfingen, sahen Armin und ich uns an und sagten: Katzenschnupfen.
    Ich steckte mir ein paar in die Manteltasche und ging zu Doktor van Santen, der die Diagnose bestätigte. Saar hatte irgendeine Darminfektion, und auch die Kleinen waren schwerkrank. Viel Hoffnung machte Doktor van Santen uns nicht, gab uns aber Medikamente mit, Antibiotika, die eigentlich für Menschenkinder bestimmt waren, künstliche Milch und Pipetten.
    Die nächsten Tage waren Armin und ich unentwegt mit der Krankenpflege beschäftigt. Anfangs war das nicht schwierig, die Kleinen waren teilnahmslos, und ob wir ihnen eine Pipette mit Antibiotika oder eine Pipette mit künstlicher Milch ins Mäulchen steckten, schien ihnen nicht viel auszumachen, aber je kräftiger sie wurden, desto schwieriger wurde es. Die Antibiotika schmeckten nach Himbeere, was Katzen nicht gerade mögen. Milch wollten sie wohl, doch die kam aus derselben Pipette, und das brachte sie leicht durcheinander. Jedesmal wenn wir uns an den Döschen zu schaffen machten, ergriffen sie blitzartig die Flucht und mußten von Armin erst wieder eingefangen werden, bevor wir jedem seine Portion geben konnten. Das ging so ein paarmal am Tag. Sie lernten auch, das eklige rosa Zeug prustend auszuspucken, so daß wir beide reichlich davon abbekamen.
    Aber sie kamen durch, alle vier. Saar schien das ziemlich kalt zu lassen. Sie war inzwischen selbst wieder zu Kräften gekommen, schaute aber von oben auf den Tierzirkus herunter, als hätte sie damit nichts zu tun.
    Ich glaube auch nicht, daß es Saar viel ausmachte, als wir ihre Kinder fortgaben. Armin und ich fanden es schrecklich, aber es ging nicht anders. Wir bewegten uns schon eine ganze Weile in einer Art

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