Lesereise Malediven
Hotels auf der Mittelmeerinsel und im ägyptischen Sharm-El-Sheik arbeitete. In Ägypten wackelte mal die Erde kräftig, mal blieben die Urlauber nach Anschlägen weg – es war eine ebenso faszinierende wie beunruhigende Welt.
Seit eineinhalb Jahren lebt die junge Frau auf einer Miniatur-Insel mitten im Indischen Ozean, etwa so weit weg von ihrer Geburtsstadt, wie man nur sein kann. »Es ist wieder etwas komplett anderes«, sagt sie. »Ganz anders als Sharm-El-Sheik. Im Vergleich dazu ist es hier unfassbar ruhig.« Das Bild des weißen, menschenleeren Strandes am frühen Morgen hat für Tanya auch nach mehr als einem Jahr nichts von seinem Zauber eingebüßt: »Ich kann nicht anders, wenn ich das sehe, muss ich es immer wieder aufs Neue fotografieren.« Auch wenn sie Freunde und Familie in der Heimat regelmäßig besucht, fällt ihr nun als Erstes Singapur ein, wenn sie an ihr nächstes freies Wochenende denkt – und Asien, wenn sie ihre nächste Urlaubsreise plant.
»Man lernt so viele Menschen aus der ganzen Welt kennen, wenn man im Hotel arbeitet, das ist für mich ein Vorteil dieses Berufs, der mit nichts aufzuwiegen ist«, sagt sie. Und weil sie weiß, dass Ortswechsel meist die einzige Konstante in einer Hotellaufbahn bedeuten, genießt sie jeden Morgen, an dem ihre Fußspuren die Ersten im weißen Sand ihrer Insel sind.
Das Glück der Schildkröte
Nur zur Ablage ihrer Eier wagen sich Meeresschildkröten an Land. Trotzdem leben sie gefährlich
Rechts liegt das Riff drei Meter unter der Wasseroberfläche, unter uns fällt es etwa zehn Meter tief ab. Wir lassen uns am Riffrand entlangtreiben. Die Sicht ist so klar wie ein Blick durch blank polierte Fenster. Um uns ist das Wasser voller Farben: Schwarz-weiß-gelbe Halfterfische mit spitzen Kussmündern, gelb-schwarze Mondsichel-Falterfische, die strahlend blauen Weißkehldoktorfische mit der gelben Rückenflosse, grün-gelb-blaue Papageienfische und der kleine, orangefarben-weiße maledivische Clownfisch. Die Tiere schwimmen auf uns zu, schauen uns an und verschwinden wieder. Auf dem Riff liegen Seegurken. Es ist wie ein Film, der ewig weitergehen könnte. Da winkt der Guide uns hinter den Rand des Riffs, legt beide Hände übereinander, um einen Schildkrötenpanzer anzudeuten, und zeigt vor sich: Eine Grüne Meeresschildkröte schwimmt zügig ihrer Wege, keine zehn Meter von uns entfernt. »Glück gehabt«, sagt er später an Bord. »Ich habe schon länger keine Schildkröte mehr gesehen.« Ob ihn das beunruhige? Nein, meint er. So oft sehe man die Tiere einfach nicht, und sie bewegten sich mit der Strömung: »Reine Glückssache.«
Dafür sehen die Gäste sie gelegentlich in Erste-Hilfe-Stationen der Resorts für Meeresschildkröten. Bedarf gibt es reichlich: Schildkröten verfangen sich in Fischernetzen und Angelleinen, werden durch Schiffsschrauben verletzt oder verschlucken Plastiktüten. Auf dem Wasser schwimmende Tüten sehen aus der Perspektive einer Schildkröte Quallen täuschend ähnlich – und stellen so eine zumeist tödliche Falle dar. Weil die Unfälle der Tiere fast immer vom Menschen verursacht sind, ist die Verhaltensschulung von Besuchern und Bewohnern der Malediven wichtiger noch als die Versorgung kranker oder verletzter Schildkröten, der einige Resorts sich nebenbei verschrieben haben. Denn Angler, Bootskapitäne und die Entsorgung von Müll durch den Menschen sind nach wie vor ihre größten Feinde – nicht nur für einzelne Tiere, sondern für ganze Arten. Auf den Malediven kommt noch eine andere Gefahr hinzu: Sie werden hier, wiewohl dies verboten ist, noch immer gegessen. Besonders beliebt sind die Grünen Meeresschildkröten, die wie die anderen vier auf den Malediven vorkommenden Arten vom Aussterben bedroht sind. Grund dafür ist nicht Ignoranz oder Desinteresse der Menschen, sondern ihr Eiweißbedarf. Trotz Importen gibt es nur wenig Fleisch auf den Inseln, und – je nach Wetter – tatsächlich bisweilen auch wenig Fisch.
Zwar ist es verboten, Schildkröten zu fangen und zu töten – nicht nur durch maledivisches Recht, sondern schon aufgrund des Washingtoner Artenschutzabkommens. Ziel war und ist dabei, dem insbesondere in Asien florierenden Handel mit Schildpatt und Schildkrötenfleisch ein Ende zu machen. Der wird durch das Schutzabkommen wohl erschwert; dem Schwarzmarkthandel ist indessen kaum beizukommen.
Zu den zahlreichen Nesträubern, die sich für Schildkröteneier interessieren, gehört auch der Mensch. Auf
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