Lewis, CS - Narnia 1
im Gras, deren Boden grasbewachsen, warm und trocken war.
»Als ihr das letzte Mal hier wart«, sagte Aslan, »da war diese Vertiefung noch ein Teich, und als ihr hineinhüpftet, kamt ihr zu einer Welt, wo eine sterbende Sonne die Ruinen von Charn beschien. Der Teich ist jetzt verschwunden. Die Welt ist erloschen, als hätte es sie nie gegeben. Dies soll der Rasse von Adam und Eva eine Warnung sein.«
»Ja, Aslan«, sagten die beiden Kinder. Doch Polly fügte hinzu: »Aber wir sind nicht ganz so schlecht, wie diese Welt es war, oder, Aslan?«
»Noch nicht, Tochter Evas«, sagte er. »Noch nicht. Doch ihr werdet ihr immer ähnlicher. Es ist nicht gewiß, ob nicht ein paar Bösewichte eurer Rasse ein Geheimnis herausfinden werden, das so böse ist wie das Unaussprechliche Wort, und daß sie es benutzen werden, um alles Leben zu vernichten. Und bald, sehr bald, bevor ihr beide alt geworden seid, werden große Nationen eurer Welt von Tyrannen regiert werden, denen an Glück und Gerechtigkeit und Gnade auch nicht mehr liegt als Jadis, der Königin von Charn. Davor soll sich eure Welt hüten. Das war die Warnung. Und nun zum Befehl. Sobald ihr könnt, müßt ihr eurem Onkel seine Zauberringe wegnehmen und sie vergraben, damit keiner sie mehr benutzen kann.«
Beide Kinder sahen hinauf ins Gesicht des Löwen, während er sprach. Und ganz plötzlich–wie es dazu kam, wußten sie weder jetzt noch später–schien dieses Gesicht zu einem bewegten Meer aus Gold zu werden, in dem sie trieben, und um sie herum, über sie hinweg und in sie hinein floß eine derartige Süße und Kraft, daß sie das Gefühl hatten, nie zuvor seien sie jemals wirklich glücklich, weise oder gut gewesen und auch nicht lebendig und nicht wach. Und die Erinnerung an diesen Augenblick blieb ihnen für immer erhalten, und wenn sie jemals traurig oder ängstlich oder böse wurden, dann fiel ihnen dieses goldene Glück wieder ein, und sie spürten, daß es immer noch vorhanden war–ganz in der Nähe, gleich um die Ecke oder gleich hinter einer Tür. Und dieser Gedanke verlieh ihnen ganz tief drinnen die Sicherheit, daß alles gut war. Einen Augenblick später stolperten alle drei gemeinsam in das laute, heiße und stickige London zurück.
Sie standen draußen auf dem Gehsteig vor dem Haus der Ketterleys, und abgesehen davon, daß dieHexe, das Pferd und der Kutscher fehlten, war alles noch genauso, wie sie es zurückgelassen hatten. Da stand der Laternenpfahl, an dem ein Arm fehlte; da lag die zerschmetterte Droschke, und auch die vielen Leute standen immer noch herum. Sie redeten wild durcheinander, ein paar knieten neben dem verletzten Polizisten und sagten so Dinge wie »Er kommt zu sich« oder »Na, wie geht’s, guter Mann?« oder »Der Krankenwagen muß jeden Augenblick kommen.«
Herr im Himmel! dachte Digory. Mir kommt es so vor, als habe das ganze Abenteuer überhaupt keine Zeit in Anspruch genommen.
Fast alle suchten verwirrt nach der Hexe und dem Pferd. Keiner achtete auf die Kinder, denn keiner hatte sie verschwinden oder wieder auftauchen sehen. Onkel Andrew hingegen konnte man sowieso nicht erkennen, so wie seine Kleider aussahen und mit all dem Honig auf seinem Gesicht. Glücklicherweise war die Haustür offen, denn dort stand noch immer das Dienstmädchen und schaute sich den Spektakel an. Also konnten die Kinder Onkel Andrew ins Haus schaffen, ohne daß irgendeiner irgendwelche Fragen stellte.
Onkel Andrew rannte wie der Blitz die Treppe hinauf. Zuerst befürchteten sie, er sei auf dem Weg zu seinem Arbeitszimmer und wolle die restlichen Ringe verstecken. Aber da hätten sie sich keine Sorgen zu machen brauchen. Er hatte nur die Flasche im Sinn, die in seinem Schrank stand, und er verschwand sofort in seinem Schlafzimmer und schloß die Tür hinter sich ab. Als er wieder herauskam–was eine Ewigkeit dauerte–, hatte er seinen Bademantel angezogen und ging schnurstracks auf das Badezimmer zu.
»Kannst du die anderen Ringe holen, Polly?« fragte Digory. »Ich will zu meiner Mutter.«
»Klar. Bis später«, sagte Polly und polterte die Treppe zum Dachboden hinauf.
Digory nahm sich eine Minute Zeit, bis er verschnauft hatte, dann ging er leise ins Zimmer seiner Mutter. Und da lag sie, so wie er sie schon oft gesehen hatte, mit Kissen im Rücken und mit einem so dünnen, blassen Gesicht, daß man fast weinen mußte, wenn man sie anschaute. Digory nahm den Lebensapfel aus der Tasche.
Und so wie Jadis, die Hexe, hier in unserer Welt
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