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Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Titel: Lexikon der Oeko-Irrtuemer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk und Miersch Maxeiner
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Teilhabe am Weltmarkt besteht für die Entwicklungsländer keine Chance, die Armut zu bekämpfen. Und Armut ist eine der wichtigsten Ursachen für Umweltzerstörungen. Der Raubbau an den Wäldern findet in Entwicklungsländern statt, nicht in den Industriestaaten. Die Städte mit der schlechtesten Luft liegen in den armen Ländern, dort fließen auch die verschmutztesten Flüsse. Eine Untersuchung der Weltbank ergab: Erreicht das Jahreseinkommen in einem Land den Wert von 3670 Dollar, beginnt die Luftverschmutzung wieder abzunehmen. 1 Einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Wohlstand und Umweltqualität gibt es auch bei der Wasserversorgung und den sanitären Verhältnissen. 2 [Grafik Seite 466]
    Daß wachsender Wohlstand durch mehr Konsum wieder neue Probleme schafft, sei dabei nicht bestritten. In einer komplizierten Welt ist die Lösung des nächsten drängenden Problems jedoch allemal sinnvoller, als der reichlich spekulative Streit um hypothetische Endzustände.
    Mitunter drängt sich in diesem Zusammenhang der Verdacht auf, daß die Globalisierungsklage hierzulande auch geführt wird, um die eigenen Privilegien gegen die Konkurrenz der aufstrebenden Nationen abzuschotten.
    Nichts spricht beispielsweise dagegen, Industriegüter dort herzustellen, wo sie auch gebraucht werden, anstatt sie energieintensiv hin und her zu transportieren. Umgekehrt kann es für die Umwelt besser sein, Agrarprodukte in klimatisch günstigen Gegenden anzubauen und sie in weniger sonnenverwöhnte Länder zu exportieren, anstatt dort die Produktion unter hohem Energie- und Düngeraufwand künstlich aufrechtzuerhalten. Das Nähere regelt der Einzelfall.
    Auch der Verdacht, problematische Industrien würden wegen hoher Umweltstandards auswandern, um andernorts schmutzig weiterzuproduzieren, habe sich als »grandioser Irrtum« erwiesen, sagt Martin Jänicke, Leiter der Forschungsstelle für Umweltpolitik an der Freien Universität Berlin (und ehemaliger wissenschaftlicher Beirat der Zeitschrift »Natur«). Es waren allerdings Sprecher der Industrie selbst, die den Menschen das Märchen von der Öko-Vertreibung einst eingeimpft haben, um strengere Umweltauflagen zu verhindern. Eine Studie des Umweltbundesamtes kommt zu dem Schluß, daß kein einziges Unternehmen Deutschland allein wegen zu hoher Umweltkosten verlassen habe. 3
    Inzwischen sind die klügeren Vertreter der Industrie bemüht, die selbst gesäten Vorurteile wieder einzusammeln. Auf einer Konferenz des »Greening of Industry«-Network berichteten Repräsentanten von Konzernen wie Siemens, ABB oder BASF, wie sie in Ländern wie Polen, Thailand oder China in modernste Umwelttechnologie investieren. Der Grund: Die Anwendung unterschiedlicher Standards und Produktionsanlagen hier und dort wäre schon aus Kostengründen unsinnig.
    Der Umweltberater und Journalist Edgar Gärtner berichtet von einer Informationsreise des im Aufbau befindlichen marokkanischen Umweltministeriums: »Wenn die Multis dort investieren und plötzlich eine Kläranlage bauen, geraten die kleinen oder staatsnahen Hersteller unter Druck, auch etwas zu tun.«
      
Bevölkerung ohne Zugang zu sauberem Wasser
      

      
Schwefeldioxidkonzentration in den Städten
      

      
    Mit steigendem Einkommen wächst der Zugang der Menschen zu sauberem Wasser. Wohlstand macht Umweltschutz vielfach erst möglich. Während die Luftverschmutzung mit wachsender Entwicklung eines Landes zunächst zunimmt, sinkt sie wieder, sobald ein Pro-Kopf-Einkommen von etwa 1000 Dollar erreicht wird. (Quelle: R. Bailey 1995 / Weltbank)
      
    Bislang arbeiten beispielsweise die vielen kleinen Textilfärbereien und Ledergerbereien mit »Null-Auflagen« (Gärtner) und schlimmsten Folgen für die Gewässer.
    Eine umweltfreundliche Waschmaschine, die von Siemens in Deutschland entwickelt wurde, wird nun auch von ausländischen Tochterunternehmen gebaut. Umgekehrt sehen sich asiatische Anbieter durch die Anforderungen der Exportmärkte gezwungen, etwa bei der Herstellung von elektrischen Hausgeräten die strengen amerikanischen Energiespar-Vorschriften zum Standard auch für den eigenen Markt zu erheben. Wie dieser Mechanismus funktioniert, zeigt das Beispiel der Katalysator-Einführung: Als Kalifornien Vorschriften für umweltfreundliche Autos erließ, stellten sich die Entwicklungsabteilungen aller großen Autokonzerne weltweit auf die neuen Standards ein.
    Umweltforscher Martin Jänicke hält es langfristig sogar für möglich, daß in der

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