Liberty 9 - Todeszone
Glaubensgemeinschaft, für eure systematische Gehirnwäsche zunutze gemacht, indem sie… «
» Hör auf, um den heißen Brei herumzureden, Templeton! « , rief jemand ungeduldig. Es war Indigo, Haileys Freund, ein hochgewachsener Siebzehnjähriger mit schwarzem, bläulich schimmerndem Haar, das in einem starken Kontrast zu seinen ungewöhnlich hellen Augen stand. » Was interessiert uns jetzt dieser nebensächliche Kram, der uns sowieso nichts sagt! Was juckt es mich, was eine Bibel oder was diese katole Kirsche ist! Ich will endlich wissen, wofür wir nun wirklich berufen sind! «
» Richtig! « , rief ein anderer Elector. » Er soll die Karten offen auf den Tisch legen! «
» Ja, wir wollen endlich hören, welches Mysterium uns da im Lichttempel angeblich offenbart wird! « , pflichtete ihm eine andere erregte Stimme bei.
» Ich komme gleich dazu « , versicherte Templeton und leckte sich nervös über die Lippen.
» Hoffentlich bald! « , rief eine feindselige Mädchenstimme, und aus der Menge kam ein dunkles, gefährlich klingendes Grollen der Zustimmung.
Sofort griff Carson ein. » Lasst ihn ausreden, Freunde! Templeton ist so schuldig wie all die anderen Master und Prinzipalen und Guardians da unten… Aber zumindest bereut er als Einziger von ihnen, was er getan hat. Und er will jetzt reinen Tisch machen. Also geben wir ihm die Gelegenheit dazu. Je mehr wir wissen, desto besser! Also lasst ihn reden! « , rief er der Menge beschwörend zu. » Wir haben noch ein paar Minuten, bis die Mountain Men auf ihren Posten sind und es hier rundgeht. Warum sollen wir die nicht nutzen und uns anhören, was er zu sagen hat? Ich jedenfalls will alles darüber erfahren, warum es Liberty9 überhaupt gibt. Ihr denn nicht auch? «
Sein eindringlicher Appell hatte die erhoffte Wirkung. Das bedrohliche Grollen legte sich, und es gab viele Zurufe, die sich dafür aussprachen, den Primas ausreden zu lassen.
Kendira beobachtete, wie Commander Ferguson sich leicht nach vorn krümmte, dabei das Gesicht verzog und sich die linke Hand auf die Bauchdecke drückte. Ihn schienen Magenkrämpfe befallen zu haben, vielleicht vor Angst, dass der Saal außer Kontrolle geraten könnte, wenn Templeton noch mehr Einzelheiten offenlegte.
» Eure Bestimmung « , fuhr Templeton nun fort, » liegt in dem begründet, was in den finsteren Jahren geschah, die zu der globalen Katastrophe geführt haben, die wir seit der neuen Phönix-Zeitrechnung den Großen Weltenbrand nennen. Es war die Zeit, in der China nach unzähligen Aufständen und Umstürzen in Dutzende von autonomen Regionen und Kleinstaaten auseinanderbrach wie einst die Sowjetunion und später die Vereinigten Staaten. Die Zeit, in der die Konflikte zwischen Israel und seinen Nachbarn einen elfjährigen Weltkrieg mit vielen Millionen Toten auslösten; in der Afrika in einem blutigen Chaos aus Gewalt und Seuchen versank, in der Europa von den gewaltigen Flüchtlingsströmen aus Nordafrika und dem Nahen Osten überrannt und nach einem Kulturkampf mit unzähligen Terroranschlägen zu der Scharia-Hochburg Eurabia wurde, in der die fossilen Brennstoffe den weltweiten Bedarf nicht annähernd mehr deckten und der hochgefährliche unterseeische Methanabbau zu jahrelangen Meeresbränden führte. Und es war die Zeit, in der auch noch verheerende Naturkatastrophen von bis dahin nicht gekannten, gigantischen Ausmaßen die Welt heimsuchten und sie für immer veränderten. Was die entsetzlichen Tsunamis an der amerikanischen Ostküste anrichteten, war grauenvoll. Aber die Erdbeben, die über die Westküste herfielen, übertrafen diese Wellen der Vernichtung noch um ein Vielfaches. «
Er legte eine kurze Atempause ein und starrte über die Köpfe im Saal hinweg, als sähe er dort hinten an der Wand Bilder des Grauens. » Fast halb Südkalifornien versank im Meer, als die Erde aufriss und der Pazifik die riesigen Spalten füllte, die sich dort aufgetan hatten. San Diego wurde völlig ausgelöscht, und von Los Angeles blieben nur noch ein paar östliche Zipfel Inland übrig. Millionen ertranken, kamen in den Bränden um oder wurden von einstürzenden Gebäuden erschlagen. Aber auch weiter oben im Norden und rund um San Francisco sah es nur wenig besser aus. Auch dort versanken ganze Landstriche im heranstürzenden Meer, als der San-Andreas-Graben und andere Erdfalten aufbrachen. « Wieder legte er eine kurze Pause ein, bevor er mit leicht veränderter Stimme und etwas zögerlich fortfuhr: »
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