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Lichtjahre

Lichtjahre

Titel: Lichtjahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Salter
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einem ihrer netten Verehrer verheiraten will... « Sie bewegte die Hüften. Sie lächelte. Sie streifte sich die Schuhe ab und saß mit angezogenen Beinen da. »... sie aber will nicht. Sie will den Stadttrinker heiraten, weil er sie jede Nacht leidenschaftlich lieben wird.« Peter beobachtete sie. Es gab Momente, in denen sie alles zu offenbaren schien. In ihrem Kinn war ein Grübchen, klargestochen, kreisrund. Ein Zeichen von Intelligenz, von Nacktheit, das sie wie ein Juwel trug. Er versuchte, sich Szenen vorzustellen, die sich in diesem Haus abspielten, aber er wurde durch ihr Lachen daran gehindert. Ihr Lachen hob auf, was sie gesagt hatte, es war ein Kleidungsstück, das sie zurücklassen konnte wie abgestreifte Strümpfe, wie einen Bademantel am Strand.
    Sie saßen zurückgelehnt in den weichen Kissen und redeten bis Mitternacht. Nedra trank reichlich, hielt immer wieder ihr Glas zum Nachschenken hin. Sie war mit Peter in ein separates Gespräch vertieft, als stünden sie beide sich am nächsten, als könne sie ihn vollkommen verstehen. Jedes Zimmer, jeder Winkel hier gehörte ihr, die Löffel, die Stoffe, der Boden unter den Füßen. Es war ihr Reich, ihr Serail, in dem sie barfuß gehen konnte, in dem sie mit nackten Armen schlafen durfte, mit ausgebreitetem Haar. Als sie gute Nacht sagte, schien ihr Gesicht bereits gewaschen, als wäre sie schon allein. Der Wein hatte sie müde gemacht.
    »Wenn du das nächste Mal heiratest«, sagte Catherine, als sie mit ihrem Mann nach Hause fuhr, »solltest du jemanden wie sie heiraten.«
    »Was soll das heißen?«
    »Keine Angst. Ich mein nur, daß es offensichtlich ist, wie sehr dir so was gefallen würde... «
    »Catherine, sei nicht albern.«
    »... und ich finde, du solltest es ausprobieren.«
    »Sie ist einfach eine sehr großzügige Frau. Das ist alles.«
    »Großzügig?«
    »Ich meine das im Sinne von überströmend, üppig.«
    »Sie ist die egoistischste Frau auf der Welt.«

3
    Er war Jude, ein sehr eleganter Mann, ein sehr romantisch aussehender, ein Hauch von Müdigkeit lag in seinen Zügen, intelligente Züge, um die ihn jedermann beneidete, sein Haar war spröde, er war merkwürdig nachlässig gekleidet - das heißt nicht übermäßig gepflegt: ein fehlender Knopf, ein schmutziger Manschettenrand. Er hatte einen leicht säuerlichen Atem wie der eines Onkels, dem es nicht mehr so gut geht. Er war klein. Er hatte weiche Hände und keine, wirklich fast überhaupt keine Ahnung von Geld. Die Notwendigkeit, Geld zu haben, ja, die kannte er zur Genüge, aber ob er welches hatte, war purer Zufall, wie Regen, es kam, oder es kam nicht. Er war bar jedes wirklichen Instinkts. Seine Freunde waren Arnaud, Peter, Larry Vern. Jeder Freund ist auf andere Art und Weise ein Freund. Arnaud war sein engster, Peter sein ältester.
    Er stand wartend vor dem Ladentisch, sein Blick glitt über farbige Stoffballen.
    »Haben wir für Sie schon einmal Hemden angefertigt, Sir?« fragte eine Stimme, eine sichere Stimme von großer Weisheit.
    »Sind Sie Mr....?«
    »Conrad.«
    »Mr. Daro hat mir Ihren Namen gegeben«, sagte Viri.
    »Wie geht es Mr. Daro?«
    »Er hat Sie mir sehr empfohlen.«
    Der Ladenbesitzer nickte. Er lächelte Viri zu, das Lächeln eines Kollegen.
    Drei Uhr nachmittags. Die Tische in den Restaurants haben sich geleert, der Tag beginnt zu verblassen. Ein paar Frauen schlendern zwischen den weiter entfernten Auslagen des Geschäfts, sonst ist alles ruhig. Conrad hatte einen leichten Akzent, den man anfangs schwer einordnen konnte. Er wirkte weniger fremd als auf gewisse Weise sehr speziell, ein eichen vollendeter Manieren. Es war ein Wiener Akzent. s lag eine tiefe Weisheit darin, die Weisheit eines Mannes, er Diskretion bewahren konnte, der vernünftig, ja sogar bescheiden und für sich allein speiste, der die Zeitung Seite für Seite las. Seine Fingernägel waren gepflegt, sein Kinn gut rasiert.
    »Mr. Daro ist ein sehr angenehmer Mann«, sagte er, als er Viris Mantel entgegennahm und ihn behutsam neben dem Spiegel aufhängte. »Er hat ein ungewöhnliches Merkmal. Sein Hals ist s iebzehneinhalb.«
    »Ist das viel?«
    »Von den Schultern aufwärts könnte er ohne weiteres ein Preisboxer sein.«
    »Seine Nase ist zu fein.«
    »Schulteraufwärts und kinnabwärts«, sagte Conrad. Er nahm Viris Maße mit der Sorgfalt einer Frau, die Länge der Arme, Brust, Taille, den Umfang der Handgelenke. Jede Ziffer notierte er auf einer großen, vorgedruckten Karte, einer Karte,

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