Liebe 2000 - erotic science fiction
für ihr Schicksal mehr übernehmen.
Der Sprecher schwieg jetzt. Sloviç schaltete über die Fernsteuerung von seinem Bett aus den Apparat ab. Lange blieb er bewegungslos liegen. Sein Gesicht verriet nichts. Als er aufstehen wollte, schien sich der Boden unter seinen Füßen zu drehen. Noch nie hatte er sich so schwach gefühlt. Beim Gehen mußte er sich an jeder erreichbaren Stütze festhalten. Schweiß lief über seinen Körper.
Sylve schlief auf einem Divan im Nebenzimmer. Sloviç näherte sich ihr und betrachtete sie lange. Seine Glieder zitterten, als habe er Fieber. Er beugte sich vor, um Sylves Haut mit den Fingerspitzen zu berühren. Sie erwachte und sah ihn mit ihren sanften, nicht menschlichen Augen an. »Sylve, meine kleine Sylve«, murmelte er. Und legte sich neben sie.
Sie rief leise: »Va-na.«
James Gunn
Die gutgebauten Mädchen
In Neosho fing es mit Candy Brown an. Wahrscheinlich hatte es schon einige Jahre früher in größeren Städten begonnen, aber niemand hatte sich etwas dabei gedacht.
Obwohl ich erst zehn Jahre alt war, als Candy mit dem Bus aus Kansas City ankam, wußte ich doch recht gut, daß ein Mädchen mit einer Figur, einem Gesicht und einem Namen wie Candy in einer Kleinstadt wie Neosho in Kansas nichts zu suchen hatte. Sie gehörte nach New York, um für schulterfreie Abendkleider, schwarze Spitzenunterwäsche oder Seifenblasen Modell zu stehen. Aber was immer sie auch anbieten mochte: Ihr eigentliches Geschäft war die Liebe.
Das war das Wort, das zu Candy paßte.
Man sagt, die Frauenschönheit sei der Mode ebenso unterworfen wie die Kleider. Vielleicht hätte mein Urgroßvater Candys Beine zu schlank und ihre Hüften und Brüste zu üppig gefunden, aber die jungen Männer Neoshos konnten sich gar nicht satt sehen und hätten kein Gramm an einen anderen Ort gewünscht.
Die Neuigkeit verbreitete sich in der Stadt noch schneller als damals, als sie auf dem Postamt den Krug Parfüm auf den Boden fallen ließen. Noch ehe Candy zum Hotel kam, war die Empfangshalle gesteckt voll. Die Glücklicheren hatten Stühle ergattert, während die übrigen stehen mußten, als würden sie Ochsen feilhalten.
Ich war der Glücklichste von allen. Mit meinen zehn Jahren konnte ich direkt zu ihr hingehen, ihr langes, blondes Haar, ihre blauen Augen und kirschroten Lippen bewundern, konnte ihren Duft einatmen … Sie duftete wie frisches Heu, in dem man herumtollt.
Die Leute, vor allem die Frauen, redeten über sie. Einige sagten, sie sei verheiratet, und es wäre sinnlos, um sie herumzuschnüffeln, denn ihr Mann würde sie begleiten. Andere erklärten, sie sei nicht verheiratet, stünde aber kurz davor. Ein Teil der Leute hielt sie für eine Witwe, und zuletzt meinten einige, sie wüßten sehr wohl, was sie von ihr zu halten hätten, und der Sheriff müßte dagegen einschreiten, daß dieses Gewerbe in Neosho, und noch dazu in einem Hotel, betrieben werde.
Man nannte sie »Miss’ss« Brown, wobei die Aussprache zwischen »Miß« und »Missis« lag, so wie man eben von Frauen spricht, von denen man noch nicht weiß, ob sie verheiratet sind oder nicht. Ich freilich wußte es vom ersten Tag an. Sie trug keinen Ring an ihrem Finger und hatte mir außerdem versprochen, mich zu heiraten.
Das geschah, nachdem sie sich gerade in das Fremdenbuch des verstörten Marv Kincaid, des Empfangschefs, eingetragen hatte. Marv wandte für einen kurzen Moment seine bewundernden Blicke von ihr ab und las, was sie geschrieben hatte. »Candy«, hauchte er wie eine alte Kuh, die sich zur Nachtruhe niederläßt.
Jetzt war mein Auftritt gekommen: »Miß Candy, wollen Sie mich heiraten?«
Sie blickte auf mich herab und lächelte, und alle jungen Männer in der Empfangshalle seufzten zur gleichen Zeit.
»Wie heißt du?« fragte sie mich mit honigsüßer, samtweicher Stimme.
»Jim«, antwortete ich zaghaft.
»Sicher werde ich dich heiraten, Jim, wenn du dich beeilst und schnell groß wirst.«
Aber sie hielt nicht Wort. Sie heiratete Marv Kincaid, den häßlichsten Mann der ganzen Stadt, und zog sich zurück, um ihm ein schönes Heim zu schaffen. Die Leute von Neosho prophezeiten ein schlimmes En de. Wahrscheinlich würde sie ihn verlassen oder zum Alkoholiker machen, vielleicht würde man ihn auch bei einem Diebstahl aus der Hotelkasse ertappen oder ihneines Morgens mit klaffender Kehle im Keller finden.
Doch ich konnte keine besonderen Veränderungen feststellen, außer daß Marv die Abende zu Hause
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