Liebe gegen jede Regel
ziemlich gut, aber er hatte keine Ahnung, worauf Len hinaus wollte.
»Geoff, er hatte am Ende so schlimme Schmerzen... Die Medikamente haben nur einen Bruchteil davon gelindert.« Tränen rannen Lens Wangen hinunter. »Dein Vater weinte und bettelte, dass der Schmerz aufhören sollte. Also half ich ihm zurück ins Bett, ließ sein Schmerzmittel auf dem Nachttisch stehen und während ich Frühstück machte, nahm er die ganze Flasche.«
Geoff starrte ihn fassungslos an. »Warum hat er nicht...?«
»Er wusste, er hätte das nicht tun können, wenn du da gewesen wärst. Kannst du mir jemals verzeihen?« Len brach zusammen und schluchzte in seine Hände.
»Da gibt es nichts zu verzeihen.« Geoff stand auf und kniete sich neben Lens Stuhl, umarmte den Mann, der ihn mit aufgezogen hatte. »Was hätte es denn gebracht – ein paar Wochen mehr Schmerz und Leid? Warum solltest du ihn mit weniger Menschlichkeit behandeln, als wir eins der Pferde behandeln würden?« Geoff weinte auch, aber er musste das loswerden. »Was du getan hast, zeigt Liebe - wahre Liebe! - und ich weiß nicht, ob ich die Kraft gehabt hätte, zu tun, was du für ihn getan hast.«
»Du gibst mir keine Schuld?«
Geoff schüttelte seinen Kopf. »Nein, er starb an Krebs, so einfach ist das. Wenn ich einen Schuldigen suche, dann ist das die Krankheit.« Geoff reichte Len ein Taschentuch.
Len wischte sich über die Augen und putzte seine Nase. »Die Sterbeurkunde wird Krebs als Todesursache benennen. Doc George sagte, wir sollen uns keine Sorgen machen, er kümmert sich drum.«
»Ich wünschte bloß, ich hätte noch einmal mit ihm reden können.« Geoff stand auf und setzte sich wieder auf seinen Stuhl.
»Während deines letzten Besuches ist er noch in der Lage gewesen, sich zu bewegen, deine Nähe zu genießen. So solltest du dich an ihn erinnern, so glücklich, lebhaft und liebevoll wie er zu dem Zeitpunkt war. Nicht an das, was der Krebs am Ende aus ihm gemacht hat.«
Beide lehnten sich zurück, Geoff ließ seinen Geist verdauen, was er gerade erfahren hatte. Machte er Len für den Tod seines Vaters verantwortlich? Nein, das konnte er nicht. Was Len getan hatte, war wirklich menschlich. Ja, er vermisste seinen Vater unglaublich und so würde es vermutlich eine geraume Zeit lang sein. Aber nun mussten sie die nächsten paar Tage durchstehen und sich durch Besuche beim Bestattungsinstitut, die Beerdigung und den obligatorischen Leichenschmaus durchkämpfen.
»Len, hast du nicht gesagt, wir haben einen Termin um zwei?«
»Ja.« Len sah müde aus, sehr müde.
»Dann sollten wir gehen.«
Len zwang sich auf die Füße und sie verließen das Haus, stiegen in Lens Truck. Schweigend machten sie sich auf den Weg.
Sie verbrachten den Großteil der nächsten paar Stunden damit, einen Sarg auszusuchen und die Details der Beerdigung festzulegen. Der Bestatter war sehr hilfreich, als er sie durch den Ablauf leitete.
»Gibt es irgendetwas Besonderes, das ihr für die Gedenkfeier wollt?«
»Ja. Cliff hat sich extra gewünscht, dass Geoff die Rede zur Beerdigung hält. Er wollte nicht, dass der Pfarrer das macht.«
Geoff warf das vollkommen aus der Bahn. Würde er in der Lage sein, die Lobrede seines eigenen Vaters zu halten?
»Ist es das, was Sie wollen, junger Mann?« Der Bestatter schien auch überrascht.
»Ja.« Der Gedanke, dass ein Fremder oder jemand, der seinen Vater kaum gekannt hatte, die Lobrede auf dessen Trauerfeier hielt, schien nicht richtig. »Ja... ich werde das machen.«
Endlich waren alle Vorbereitungen erledigt und sie fuhren zurück nach Hause. Geoff war im Gegensatz zu Len überrascht, ein Auto beim Haus geparkt zu sehen. Drinnen wartete seine Tante Mari, die Schwester seines Vaters, auf sie. Mari umarmte ihn fest und wanderte dann ruhelos im Wohnzimmer hin und her.
»Setz dich, Mari, du machst mich nervös«, sagte Geoff.
Sie ließ sich aufs Sofa fallen. »Sind die Vorbereitungen erledigt?«
»Ja. Die Trauerfeier ist morgen um sechs und die Beerdigung ist um vier am Donnerstag.«
»Hatte Cliff ein Testament?«
Len nickte langsam. »Ja, da gibt es keine Probleme. Wir müssen es nur durch die nächsten paar Tage schaffen.«
Geoff erhob sich. Er konnte einfach nicht mehr stillsitzen und Trübsal blasen. »Len, komm, lass uns reiten gehen. Ich glaube, wir müssen unsere Köpfe frei kriegen.« Er wandte sich seiner Tante zu. »Wir sind später wieder da.«
»Ich kümmer‘ mich um alles hier.« Darauf konnte Geoff sich verlassen.
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