Liebe ist Finsternis (Valerie Dearborn) (German Edition)
ließ sie sich etwas kaputt fühlen. Val wollte ihn anschreien, dass er verschwinden sollte. Ihn dazu zwingen, zu verstehen, dass sie ihr Leben gerade erst so gestaltet hatte, wie sie es wollte, und dass er ihr dies entriss. Ihre Träume und ihre Zukunft waren ihr gerade gestohlen worden. Ihm zu helfen würde sie wahrscheinlich zunichtemachen.
„Was ist mit Jack? Mit deinem Vater? Sogar mit dir selbst? Denkst du, ihr alle seid sicherer mit meiner Hilfe und meinem Schutz oder ohne sie?“
Was konnte sie sagen? Sicher, ihr Vater und Jack wären besser dran mit seinem Schutz. Sie? Wahrscheinlich nicht. Aber sie konnte ihnen nicht den Rücken kehren, um sich selbst zu schützen. Ihr Vater und Jack würden sagen, dass sie sie schon im Stich gelassen hatte, dass sie weggelaufen war, indem sie nach England und zur Uni gegangen war. Sie konnte nicht glauben, dass das stimmte. Sie hatten ihre Leben gewählt, und sie wählte ihr eigenes. Aber wenn sie Lucas sagte, sie wolle nicht, dass er Jack und Nate beschützte... gab es eine reale Chance, dass sie sterben würden. Und das wäre ihre Schuld.
„Was wird ihnen passieren, wenn ich dir nicht helfe?“ Können wir ja genauso gut die Situation ein für allemal klären . Wie beschissen war die Situation, in die er sie brachte?
„Dein Vater ist zu alt für diesen Job. Jack ist blutrünstig und wütend, aber Leidenschaft ist nicht immer eine nützliche Eigenschaft.“
Hier war die Frage, vor der sie sich fürchtete, obwohl die Antwort für sie wahrscheinlich hätte offenkundig sein sollen. „Willst du sie töten?“
Lucas fuhr sich mit der Hand durchs Haar, und die Handlung verdutzte sie. Er war so ruhig gewesen, dass sie es für selbstverständlich gehalten hatte. „Ich habe weder Freude am Töten noch verabscheue ich es. Es macht so oder so keinen Eindruck auf mich. Aber ich erinnere mich daran, dass es mir vor sehr langer Zeit nicht egal war und dass ich glaubte, menschliches Leben habe einen Wert. Ich zügele die Exzesse meiner Vampire aufgrund dieser Erinnerungen.“ Es gab eine kleine Pause, in der er sie so genau beobachtete, dass sie ihr Gesicht mit den Händen bedecken wollte, um den durchdringenden Kontakt zu brechen.
Tränen füllten ihre Augen. Sie wusste nicht wirklich, wie sie das vergessen konnte, aber es widersprach ihrer Erinnerung an ihn; als er ihr geholfen und sie gerettet hatte. Val hatte nicht bemerkt, wie wichtig ihr diese Erinnerung gewesen war, bis er sie gerade zertrümmert hatte. „Warum hast du mich damals gerettet, wenn dir Menschen nichts bedeuten? Ging es überhaupt um mich? Warum warst du da?“ Jedes Wort schien etwas verzweifelter und schrill zu werden, so dass sie am Schluss einen Emmy hätte gewinnen können.
Lucas negierte ihre Worte mit einer Geste. Scheinbar war die Zeit für Unterhaltung zum Ende gekommen.
„Ich werde zu dir kommen. Und du wirst mich hereinbitten.“ Die Akte war auf dem Tisch, als er aufstand und zur Tür hinausging. Der Sonnenschein berührte ihn, wurde von seinem langen, schweren Haar reflektiert und erzeugte einen Heiligenschein um ihn.
Es gab etwas an seiner Gegenwart, dass ein Gefühl von Frieden bereitete, vom Tod, so ruhig angeboten, dass es anziehend war. Verlockend und beruhigend.
Die Sonne küsste ihn, und eine leichte Brise zerzauste sein Haar.
Er verschwand.
Val verließ das Restaurant so schnell sie konnte, Geld auf den Tisch werfend und zur Tür hinaus flüchtend. Als sie die Straße überquerte, kam sie an einer kleinen Kirche vorbei und warf einen flüchtigen Blick auf die Grabsteine, bevor sie sich hastig abwendete. In dem kleinen Kirchhof gab es Mausoleen, die so alt und verwittert waren, dass die Deckel eingestürzt und die Seiten rissig waren. Mehr als ein Mal hatte sie versucht hineinzuspähen, halb befürchtend, dass sie ein Skelett oder das Aufblitzen eines Sarges durch den zertrümmerten Stein sehen würde. Aber es war pechschwarz und sie hatte nie irgendetwas gesehen.
Sie würde diesen Friedhof nie wieder auf die gleiche Weise betrachten. Sie würde irgendwann so sein. Tot und die Zeit liefe weiter, so dass sie in Vergessenheit geraten würde, Staub zu Staub; Lucas würde immer noch perfekt sein, unsterblich und jeden Ort, den er aufsuchte, mit seiner Pracht zum Leuchten bringen.
Wie viele Menschen hatte er sterben sehen? Hatte er jemals einen von ihnen geliebt? Niemand konnte so kalt sein und sich nie um irgendjemanden oder irgendetwas scheren.
Und dennoch, er war so fesselnd
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