Liebe kennt keine Gefahren
drehte sich auf den Absätzen und lief zum Wasser hin.
Sobald Alex nicht mehr in ihrer Nähe war, vermochte sie wieder klar zu denken. Sie wußte, daß hinter ihrer Hütte noch ein paar alte Netze lagen, und sie suchte sich nun das beste davon aus. Als sie zur Höhle zurückkam, stand Alex am Rand des Was sers.
Sie weigerte sich, ihn anzusehen. Wenn sie noch so ein paar heiße, sehnsüchtige Blicke von ihm einfing. würde sie vor ihm in den nassen Sand sinken.
»Jessie. «
»Geh dort hinüber, Alex, und suche ein paar scharfkantige Steine. Ich werde Austern fischen, und du wirst sie öffnen. Und wage ja nicht, mich anzufassen. Geh! «
Alex lächelte ein wenig, ließ sie aber in Ruhe, und sie warf ihm die ersten Austern zu. »Weißt du, Jess, daß ich gar nicht so krank bin, wie du meinst? Und wenn ich dich im Mondlicht so herrlich dastehen sehe, könnte ich es tatsächlich fertigbringen, dich zu… «
»Mich zu…? « fragte sie ungeduldig. Vielleicht war er jetzt genug bestraft. Vielleicht war sie nun genug bestraft. Vielleicht sollte sie ihm jetzt sagen, daß sie Bescheid wußte.
Alex ging zu ihr. »Schau dir das an. « Er hob die Hand und sie sah zwischen seinem Daumen und Zeigefinger eine dicke, perfekt geformte Perle im Mondlicht.
»Perlen? « flüsterte sie betroffen. »In diesen Gewässern? Kein Wunder, daß Pitman meinen Strand kaufen wollte. Alex, er wird damit ein Vermögen machen. «
Alex betrachtete unverwandt die Perle. »Ich frage mich, was mit ihr passiert ist. «
»Was mit wem passiert ist? Komm, laß uns die nächste Auster öffnen. «
»Mit dem Perlenhalsband meiner Mutter. «
»Dem Perlenhalsband deiner… Alex, willst du da mit sagen, daß diese Perlen in die Austern eingepflanzt wurden? «
»Glaubst du, Pitman wird die kleinen Löcher entdecken, die durch die Perlen gebohrt wurden. Ich kann sie bei diesem Licht nicht entdecken, aber das Loch scheint mir mit Wachs verstopft worden zu sein. «
»Verstopft? Eingepflanzt? « wiederholte Jess. »Nathaniel. Er steckt dahinter. Warte nur, bis ich dich erwische! «
Alex schob die Perle in seine Rocktasche. »Mein Schwager hat das Geld der Montgomerys unterschlagen, dann das unterschlagene Geld dafür benutzt, um dein Land zu kaufen. Also bleibt das Geld in der Familie. «
»Dein Vater«, sagte Jess.
»Richtig. Mein Vater. Dieser verschlagene alte Teufel. Ich hätte nie geglaubt, daß er weiß, was sein Schwiegersohn mit unserem Vermögen anstellt. «
»Er würde sich seine kaputten Beine ausreißen, um seine Kinder zu beschützen«, sagte Jess, aber Alex schien ihr nicht zuzuhören. »Vielleicht wollte er deiner Schwester nicht weh tun. «
Alex setzte sich zur Hütte hin in Bewegung. »Laß uns nach Hause gehen. «
»Ja, du brauchst deinen Schlaf. «
Alex ging stumm weiter, und Jess mußte sich anstrengen, um mit ihm Schritt halten zu können. Zu Hause angelangt, ließ er sie in ihrem Zimmer und gab ihr den Befehl, es ja nicht zu verlassen, Jess wollte ihm wieder einen Vortrag über seinen schlechten Gesundheitszustand halten, doch der Blick, den er ihr zuwarf, brachte sie zum Schweigen.
»Ich schwöre, daß ich das Zimmer nicht verlassen werde«, sagte sie, sich auf den Bettrand setzend. Und sie meinte auch, was sie sagte.
Alex nickte und verließ den Raum. Er ging den Korridor hinunter bis zu dem Zimmer, wo die Jungen untergebracht waren, hob den schlafenden Nathaniel aus dem Bett und trug ihn ins Zimmer seines Vaters. Dort ließ er Nate neben seinem Vater auf die Federmatratze fallen.
»Was ist los, zum Teufel! « brüllte der alte Mann. Alex zündete eine Laterne an.
Nate saß im Bett, während Sayer sich hin und her wälzte in dem Bemühen, sich aufzurichten. »Hallo, Mr. Alex«, sagte Nate. »Ist etwas passiert? «
Alex zog die Perle aus seiner Rocktasche und warf sie seinem Vater zu. »Kommt sie dir bekannt vor? «
Sayer blickte Nate an, dann auf seinen Sohn zurück. »Möglicherweise. «
»Wie viele von den Dingern hast du in die Austern gesteckt, Nate? «
Nate machte ein Gesicht, als ob er aus dem Zimmer flüchten wollte. Er mochte keinen der beiden Männer vor den Kopf stoßen.
»Ich glaube, er hat unser Geheimnis entdeckt«, sagte Sayer. »Hast verdammt lange dazu gebraucht«, meinte er dann, Alex anblickend.
Es dauerte eine Weile, ehe Alex begriff, was sein Vater damit andeutete. »Wieviel weißt du? « fragte er mit leiser Stimme.
Sayer hielt den Blick seines Sohnes stand. »Ich habe keine Feiglinge gezeugt.
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