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Zwei Mädels. Ein Weg. Ein Zelt.

Zwei Mädels. Ein Weg. Ein Zelt.

Titel: Zwei Mädels. Ein Weg. Ein Zelt. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mady Host
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Was braucht man zum Pilgern?

    Ein offenes Herz, ein wenig Glück (notfalls bekommt man das spätestens auf dem Weg) und Unterwäsche zum Wechseln.
    „Wenn ich mein Leben noch mal leben könnte, würde ich versuchen mehr Fehler zu machen. Ich würde mich entspannen. Ich würde bis zum Äußersten gehen. Ich würde alberner als bei diesem Trip sein. Ich weiß einige Dinge, die ich ernster nehmen würde. Ich würde verrückter sein, ich würde weniger hygienisch sein. Ich würde mehr Chancen wahrnehmen. Ich würde mehr unternehmen. Ich würde mehr Berge besteigen, in mehr Flüssen schwimmen und mehr Sonnenuntergänge beobachten. Ich würde mehr Eis und weniger Spinat essen. Ich würde mehr aktuelle Probleme und weniger eingebildete haben.
    Wie Du siehst, bin ich eine von den Menschen, die prophylaktisch und vernünftig und gesund leben. Stunde um Stunde, Tag für Tag. Oh, ich hatte meine Momente und wenn ich noch mal leben könnte, hätte ich viele mehr. Eigentlich würde ich gar nichts anderes wollen. Einfach nur Augenblicke, einen nach dem anderen, anstatt so viele Jahre im Voraus zu leben und zu denken. Ich war eine von der Sorte Leute, die nirgendwohin ohne ein Thermometer, eine Flasche mit heißem Wasser, ein Gurgelwasser, einen Regenmantel und einem Fallschirm gehen. Wenn ich noch mal leben könnte, würde ich leichter reisen als bisher. Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, würde ich im Frühling früher anfangen, barfuß zu laufen und im Herbst später damit aufhören. Ich würde öfter die Schule schwänzen. Ich würde gute Noten nur aus Versehen schreiben. Ich würde öfter Karussell fahren. Ich würde mehr Gänseblümchen pflücken.
    Wenn Du Dich andauernd nur schindest, vergisst Du sehr bald, dass es so wunderschöne Dinge gibt, wie zum Beispiel einen Bach, der Geschichten erzählt und einen Vogel, der singt. “
    Nadine Stair, 85 Jahre

    Wenn ich ein nächstes Leben hätte, würde ich den Jakobsweg erneut gehen und die gleichen schönen Erfahrungen machen. Ich würde dieselbe Reisepartnerin mitnehmen, Tag für Tag die gleichen Baguettes essen und mich im selben Tempo fortbewegen.
    Ich würde wieder nur sechs warme Mahlzeiten in einem gesamten Monat zu mir nehmen und auch nur fünf überdachte und warme Nächte meinem billigen Discounterzelt vorziehen. Aber warum? Wieso tue ich mir das an?
    Vielleicht weil ich ein klitzekleines Bisschen verrückt bin; immer etwas Anderes, etwas Besonderes suche; gern zelte und die Natur liebe. Vielleicht aber auch, um Kleinigkeiten, wie eine heiße Dusche und eine große Portion Pasta, mehr schätzen zu können. Oder brauche ich vielleicht einfach nur Abstand zum Alltag? Möglicherweise bin ich auch einfach nur auf der Suche nach mir selbst? Also gehe ich diesen Weg, um mich zu finden? Das passt. Was auch immer das bedeutet: Ich will mich finden! Und dabei großen Spaß haben, denn den habe ich mir, nach dem erfolgreichen Abschluss meines Studiums, auch redlich verdient. Aber wer bin ich eigentlich? Keine Sorge; soweit vorn setzt mein Selbstfindungsprozess nicht an und ich kann mit ziemlicher Sicherheit bereits an dieser Stelle festhalten, dass mein Name Mady ist und ich zurzeit frischgebackene Hochschulabsolventin aus Magdeburg bin. Das trifft nicht nur auf mich zu, sondern auch auf meine Freundin und Studienkollegin Cornelia. Mit ihr, also meiner bestmöglichen Reisebegleitung, werde ich diesen Sommer ziemlich exakt 471 Kilometer auf dem spanischen Jakobsweg zurücklegen; ziemlich untrainiert muss ich, als durchaus passionierte Sonntagsjoggerin, jedoch gestehen.
    Cornelia und ich werden auf unserer WUNDERsamen Reise, voll von Tiefsinn, Erkenntnisreichtum, Freundschaft und Glück auch pure Tollpatschigkeit und Pannenreichtum erfahren. Bereits der Anfang unserer Reise lässt in dieser Hinsicht tief blicken...
    So beginnt unser Spanienurlaub mit einer ordentlichen Hetzjagd zum Busbahnhof in Barcelona. Diese Eile resultiert lediglich aus einer klitzekleinen Fehlkalkulation in Bezug auf die Uhrzeit und die geografischen Gegebenheiten der Stadt. Meine supertolle Outdooruhr mit Höhenmesser, Kompass und anderen tollen Funktionen, die für das Leben in der Wildnis unentbehrlich sein könnte, ertrank mir bereits gestern, am ersten Reisetag, im Mittelmeer. Wer konnte auch ahnen, dass dieses Multifunktionstool meinem Geplansche in der See nicht standhalten würde? Die Trauer habe ich jedenfalls nicht mit Haschisch, welches uns mehrmalig von freundlichen jungen Spaniern

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