Liebe und Tod in Havanna
Wirtschaftssystems beschlossen und Läden »für Ausländer« eröffnet, wo man für Dollar alles kaufen konnte.
Natürlich besaß jeder kubanische Haushalt eine Lebensmittelkarte, die es, theoretisch, erlaubte, in einheimischer Währung das Nötigste zu kaufen, um nicht Hungers zu sterben. Aber meistens fehlte es den staatlichen Läden an allem und man kam nach stundenlangem Schlangestehen mit leeren Taschen wieder heraus.
Castro, dem es an Ideen nicht mangelte, überraschte sein Volk von Zeit zu Zeit. Einmal zum Beispiel schenkten die staatlichen Läden jeder kubanischen Familie drei Küken, die man auf dem Balkon oder im Hinterhof aufzog, in der Hoffnung, dass sie eines Tages fette Hühner würden. Einen Monat später wurde jedem Haushalt ein Ferkel zugestanden, verbunden mit der Anweisung, es zu Hause zu mästen. So kam es, dass man eine Zeit lang Familien mit einem Schwein an der Leine durch Havanna spazieren sah, wohlgenährte Schweine in der Badewanne planschten oder Kinder mit einem Ferkel im Arm schliefen.
All das hatte Jo amüsiert in der französischen Presse gelesen, die versessen war auf Klatsch aus Kuba.
Und er hatte sich gewundert, dass das an die Grenzen der Entbehrungen getriebene kubanische Volk sich nicht auflehnte. Sicher, es gab die »balseros«, jene Leute, die bei Nacht und Nebel auf notdürftig zusammengezimmerten Booten die Überfahrt nach Florida wagten und deren von Haien zerstückelte Überreste am nächsten Morgen an den Strand gespült wurden.
Aber das war eine Minderheit, behauptete die internationale Presse, Schurken in erster Linie, Drogendealer, Vorbestrafte, junge Arbeitslose, die vom Eldorado auf der anderen Seite des Kanals angelockt wurden und die Castro nur zu gerne loswerden wollte.
Jo nahm sich vor, sich das in den nächsten Tagen einmal anzusehen.
Die Kokospalmen vor dem Hotel bogen sich unter dem Wind und den Wellen.
Wie musste das erst aussehen, wenn richtige Wirbelstürme wüteten? Von Zeit zu Zeit drangen zwischen zwei Wellen gedämpfte Salsaklänge aus der Hoteldisco herüber. Zu müde heute, morgen vielleicht, sagte sich Jo.
Er schloss das Fenster, nahm eine lauwarme Dusche und streckte sich nackt auf dem klammen, großen Bett aus.
Ob er Anne anrufen sollte? Sicher schlief sie um diese Zeit. Und was hätte er ihr sagen sollen? Dass er gut angekommen war? Das konnte sie sich auch so denken.
Jo ließ sich gerade vom Rauschen der Wellen sanft in den Schlaf wiegen, als es an seiner Tür klopfte.
Es waren die beiden Mädchen aus der Bar. Sie schlichen in das Zimmer, zunächst ängstlich, dann, sobald die Tür wieder zu war, erfreut, dem Etagenwächter ein Schnippchen geschlagen zu haben.
Fatalistisch, wie er war, hatte Jo sich ohne ein Wort wieder hingelegt.
Die Mädchen schlossen sich eine ganze Weile im Badezimmer ein. Jo hörte sie unter der Dusche lachen.
Er schlief bereits, als er im Schlaf plötzlich spürte, wie sich zunächst ein Paar Brüste an seine Füße und Beine drückte, dann ein zweites Paar an seine Brust und seinen Hals. Für einen Moment glaubte er zu träumen. Bestimmt verfolgte Anne ihn im Schlaf. Die Brüste, die er an seinen Beinen gespürt hatte, arbeiteten sich langsam zu seinem Glied hoch, die an seiner Brust hielten erst an seinem Mund, dann an seinen Augen inne, um dann wieder langsam zu seinem Bauch hinunterzuwandern.
Kurz darauf nahmen zwei Münder abwechselnd sein erigiertes Glied in den Mund. Normalerweise war Jo nicht faul in der Liebe. Er hasste es, zu genießen, ohne selbst Genuss zu bereiten. An jenem Abend aber war er so müde von der Reise und hatte so wenig Lust auf das Ritual mit dem Präservativ, dass er sich verwöhnen ließ.
Er überließ seinen Körper dem vereinten Angriff dieser doppelten Frau. Die Hände, Brüste und Münder waren überall zugleich, und als er am Ende dieser unendlichen Liebkosung vor Lust explodierte, wusste er weder wo noch wie noch mit welcher der beiden Frauen es geschehen war.
Schwankend erhob er sich, um zu duschen. Als er ins Zimmer zurückkehrte, lagen die Mädchen Seite an Seite auf dem großen weißen Bett und lächelten ihm wie zwei schelmische Kinder zu.
Plötzlich klopfte jemand heftig an die Tür. »Son las dos de la mañana niñas! Fuera!«, zischte der Etagenwächter den Mädchen durch den Türspalt zu.
»Ah, verstehe. Der Aufpasser steckt mit euch unter einer Decke. Und ich dachte, ihr hättet es aus Liebe getan!«, sagte Jo auf Französisch.
»Es la vida amor! Este hijo de
Weitere Kostenlose Bücher