Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
sich nicht auf dich verlassen kann, du übertreibst immer. Und dann erkundigt er sich noch einmal, hast du das Laken und den Überzug gewechselt, und sie sagt, das Laken war sauber, sie hat sich auf den Überzug erbrochen, der Überzug ist schmutzig geworden, das Laken nicht. Es hat überhaupt nicht sauber ausgesehen, behauptet mein Vater, man muss auch das Laken wechseln, das ist es, was ich dir zu sagen versuche, und sie wird gereizt, aber David, warum verlässt du dich nicht auf mich, es ist ganz sauber, was willst du von mir, und ich höre, wie eine Schranktür knarrend geöffnet wird, ich will, dass du noch einmal die Bettwäsche wechselst, verlangt er, das ist nicht sauber genug, ich kann nicht in einem schmutzigen Bett schlafen, und wenn ich nicht schlafe, kann ich meinen Vortrag nicht schreiben. Dann mach es doch selbst, zischt sie, während sie schon wütend das Laken abzieht, schließlich tut sie am Schluss immer das, was er will, und er faucht, man könnte glauben, ich verlange Gott weiß was von dir, und ich halte mir die Ohren zu, ich weiß, dass dies nur der Anfang ist, nichts hat sich seit damals verändert, der herannahende Streit kündigt sich an wie ein Sturm, ich erinnere mich an jeden früheren Streit, alle haben mich mit Entsetzen erfüllt, ob dies nun womöglich der Streit war, der die Familie endgültig zerstören würde, der zu einem Riss in meinem Leben führen würde, ob sie sich jetzt trennen würden oder morgen früh, und ich erinnere mich, wie ich Amnon in unseren ersten Jahren versprochen habe, wir würden uns nie streiten, wenn wir Kinder hätten, komm, lass uns die Auseinandersetzungen jetzt erledigen, bevor wir Kinder kriegen, aber letztendlich haben wir uns getrennt und sie nicht. Habe ich Gili vor solch albtraumhaften Nächten bewahrt, als ich unser kurzes Familienleben mit einem Beil zerschlug, oder wird er sich sein Leben lang nach den schimpfenden Stimmen sehnen, die ihm Sicherheit gaben, denn zwei Menschen befanden sich im Nebenzimmer, mit ihm unter einem Dach, und sie waren seine Eltern.
Mit letzter Kraft kehre ich am Morgen nach Hause zurück, die Knochen zittern unter meiner Haut, bei ihnen würde ich nie gesund werden, ich wehre mich gegen ihr Drängen, wie soll ich gesund werden, wenn ich nicht schlafen kann, aber sie wird Gili von der Schule abholen und vielleicht sogar bis abends bei ihm bleiben, bis es mir wieder besser geht, so haben sie unter sich meine Gesundung genannt, als wäre es nur eine Frage der Zeit, so versuche auch ich es mir in den Tagen danach einzureden, kraftlos im Bett liegend, aber manchmal erinnere ich mich daran, dass man sich nicht immer erholt, diese Möglichkeit gibt es, es gibt Menschen, die nicht wieder gesund werden, sie werden von der funktionierenden Welt abgeschnitten, die bis vor kurzem noch ihr Zuhause war, und am Ende werden sie in eine spezielle Klinik gebracht, dort wird ihr Schreien von den Wänden geschluckt, ihr Schreien wird eingemauert und isoliert, damit es die Routine der Welt nicht stört, und mir scheint, dass ich meine Seele zwischen den beiden Bereichen schweben sehe, zu diesem gehört sie nicht mehr und zu dem anderen noch nicht, ein grausamer Zwitter, eine ungezügelte Sphinx. Wenn ich sie nur loswerden könnte, sie heimlich ersticken, wenn ich nur ohne Seele leben könnte, ohne Bein kann man leben, ohne Gebärmutter und sogar mit nur einer Niere, ich sollte mir diese Seele herausnehmen lassen, diese Seele, die ungezügelt in mir herumtobt, ich sollte sie aus meinem Inneren ziehen, denn sie wuchert bösartig, in all den Jahren hat sie so getan, als wäre sie gesund, und ausgerechnet jetzt, wo ich sie dringend brauche, ist sie krank geworden, ich werfe mich in der stillen Wohnung im Bett herum, der Computer ist schon seit vielen Tagen ausgeschaltet, auf dem Anrufbeantworter häufen sich die Nachrichten und werden am Abend gelöscht, ohne abgehört worden zu sein, ich schmiede Pläne für den Nachmittag, wer kann heute den Jungen abholen, ich will auf keinen Fall zur Schule gehen, vor den anderen Müttern stehen, während ich schon keine Mutter mehr bin, denn in dem Moment, als ich aufhörte, Amnons Frau zu sein, habe ich auch aufgehört, Mutter zu sein, ich bin zu einer Babysitterin geworden, die sich drückt, ich habe die Last der Verantwortung abgeworfen, also, heute wird Amnon ihn abholen und morgen meine Mutter und danach die Mutter von Ronen, von Itamar, und am Ende wird er mich nicht mehr erkennen, was hat Amnon
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