Dem Feuer versprochen
Sonntag.
Mir blieben nur noch sieben Tage, um alles vorzubereiten und mein Herz hüpfte vor Vorfreude. Bald würde all das hier ein Ende haben und ich wäre endlich von den Ketten der Unsterblichkeit befreit. Ich war es wirklich satt unsterblich zu sein, alle zu verlieren, die ich liebte und jeden Tag in das gleiche junggebliebene Gesicht zu blicken und 1999 Jahre sind wohl auch wirklich langsam genug. Ich wurde gejagt, geliebt, verletzt und verbannt und bin über Tausende Male gerade so dem Flammentod entkommen, doch dieses Mal würde ich nicht wegrennen, nicht fliehen. Ich war bereit. In sieben Tagen war mein 2000er Geburtstag und er würde mein Todestag sein.
Niemand wusste von meinem Vorhaben, nicht meine Schwester Claire, die mit 200 Jahren, die Jüngste von uns war, auch nicht mein Bruder Todd, der mit 1200 Jahren zwar schon sehr alt war, aber sich dennoch benahm, wie ein 10-Jähriger und ebenso wenig meine liebevollen Eltern Samuel und Victoria.
Victoria war eine Geborene und keiner wusste so genau, seit wann sie nun tatsächlich auf dieser Welt wandelte und Samuel war ihre erste und einzige große Liebe. Vor 3500 Jahren hatten die Beiden sich kennen und lieben gelernt und Victoria hatte ihrem Liebsten die ewige Jugend geschenkt. Ich bewunderte die Beiden für ihr Durchhaltevermögen, ihre Treue und ich beneidete die Beiden darum. Natürlich hatte ich in fast 2000 Jahren auch geliebt, doch niemals hätte ich diese Liebe mit der von meinen Eltern messen können. Was die Beiden hatten, war einzigartig und so blieb es mir verwehrt mein endloses Dasein zu teilen.
Claire lebte zusammen mit ihrem Mann Joel im Süden Frankreichs und Todd war zwar Single, doch niemals allein. Er hatte keinen festen Wohnsitz, bereiste die großen Städte dieser Welt und hatte überall eine neue Geliebte. Er liebte die Freiheit und er würde sich niemals binden. Ich war aber anders, ich wollte niemals alleine bleiben, aber in so vielen Jahren hatte ich es nicht geschafft wenigstens einen halbwegs akzeptablen Mann zu finden. Ich war es inzwischen auch leid zu suchen. Die Einsamkeit zerfraß mich in meinem Inneren und in sieben Tagen würde ich diesem unerträglichen Schmerz ein Ende bereiten.
Ich blickte gen Boden und schüttelte den Kopf, als ich mein Werk betrachtete. Seit drei Tagen saß ich in meiner kleinen Wohnung und versuchte einen Abschiedsbrief an meine Familie zu verfassen. Bisher aber erfolglos, wie die unzähligen zerknüllten Entwürfe auf meinem Teppichboden bestätigten. Seinem Dasein ein Ende zu bereiten war die eine Sache, doch dieses seinen Angehörigen zu erklären, war wiederum eine Andere.
„Es tut mir leid, aber ich konnte nicht mehr.“
„Bitte seid mir nicht böse.“
„Ihr seid nicht schuld daran, ihr konntet mir einfach nicht helfen.“
„Bitte versteht mich.“
Jeder Brief, den ich schreiben wollte, enthielt diese Sätze, nur halt eben in leicht abgewandelten Form. Jedes Mal, wenn ich anfing zu schreiben, bildete sich ein dicker Kloß in meinem Hals, der mir das Atmen erschwerte und ich fühlte mich so unendlich schuldig.
Ich hatte das Gefühl mich rechtfertigen zu müssen und alles fühlte sich so falsch an, dabei hatte ich mir meinen Tod gründlich überlegt.
In sieben Tagen hatte ich Geburtstag und da die 2000 auch für Vampire ein besonderer Anlass war, würden viele meiner Verwandten, Freunde und einige flüchtige Bekannte vor meiner Wohnung auftauchen, um mir zu gratulieren. Ich würde die Glückwünsche und die Geschenke dankend annehmen und einen wundervollen Tag mit meinen Liebsten verbringen und dann, wenn sich der ganze Ansturm gegen Abend hin auflöste, würde ich einen Spaziergang machen. Vor zwei Wochen hatte ich eine alte Scheune gefunden, die ich kurz vor Mitternacht aufsuchen würde und diese wunderschöne Scheune würde ich in Brand setzen, um dann gegen Mitternacht in den Flammen meinen lang herbeigesehnten Tod zu finden.
Meine Haut kribbelte und die kleinen Härchen an meinen Armen stellten sich auf. Es war die Vorfreude, die meinen Körper derartig reagieren ließ. Natürlich hatte ich Angst vor den Schmerzen, wenn die Flammen auf meine weiche Haut trafen und sich durch das zarte Fleisch fraßen, doch mir blieb nichts anderes übrig.
Ich hatte nur die Wahl zwischen den Flammen oder eine Enthauptung. Obwohl Letzteres der schnellere Tod wäre, war mir nicht wohl bei der Sache kopflos ins Jenseits über zu treten. Außerdem würde mein Körper, bis er gefunden werden
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