Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)
aussehender Mann und als Anwalt für Vertragsrecht sehr erfolgreich. Warum er sich ausgerechnet mit mir eingelassen hatte, war mir heute noch ein Rätsel. Es war vor einem halben Jahr, als er lässig in seinem schicken Anzug in die Anzeigenabteilung der Zeitung geschlendert kam und eine Annonce für seine Kanzlei aufgab: »Freundliche, flexible Bürohilfe gesucht.« Mir blieb bei seinem Anblick fast die Luft weg. Und meine Konzentrationsfähigkeit glich der einer adipösen Seiltänzerin mit Gleichgewichtsstörungen, als er mich mit seinen eisblauen Augen anlächelte und sich dabei eine schwarze Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Meine Güte, was für ein Mann! Für einen kurzen Moment überlegte ich sogar selbst, mich bei ihm zu bewerben. Ich wurde nervös, als er beim Ausfüllen des Anzeigentextes mit mir flirtete. So nervös, dass ich seine Telefonnummer mit der eines anderen Kunden verwechselte. Der suchte auch Mitarbeiterinnen. Allerdings unterschieden sich sowohl die Arbeitszeiten als auch das Tätigkeitsprofil dieser Damen mehr als deutlich. Sie durften ihre Arbeit überwiegend in horizontaler Lage ausüben – hauptsächlich nachts.
Als herauskam, dass ich das verbockt hatte, gab es von meinem Chef eine ordentliche Standpauke. Ich wollte das natürlich wiedergutmachen und fuhr zu den Inserenten, um mich persönlich zu entschuldigen. Noch immer wurde ich rot, wenn ich an das breite Grinsen des Saunaklubbetreibers dachte, als ich mit einer Flasche des guten Verlagshausweins, der gewöhnlich nur zu Weihnachten an Großkunden verschenkt wurde, bei ihm auftauchte. Dabei hatte er meinem Chef bereits drei kostenlose Anzeigen abgeschwatzt. Und dann kam der Hammer: Der Boss des Arabian Nights hatte mir doch allen Ernstes einen Job in seinem Etablissement angeboten. Er sah großes Potenzial in mir. Vor allem in meinem appetitlichen Vorbau, von dem er kaum seinen Blick wenden konnte. Falls ich jemals über eine berufliche Veränderung nachdenken sollte, genüge ein Anruf und wir wären im Geschäft, meinte er augenzwinkernd und leckte sich dabei lüstern über die Lippen.
»Meine Telefonnummer hast du ja, Schätzchen. Aber pass auf, dass du sie nicht wieder vertauschst.«
Er lachte schallend. Der Mann hatte immerhin Sinn für Humor. Vielleicht wäre er gar kein so übler Chef? Mein Abteilungsleiter war ja manchmal schon ein wenig trocken. Ob es im Klub auch Weihnachtsgeld gab? Und Mutterschutz und Erziehungsurlaub? Es hätte mich auch sehr interessiert, ob man sich an Brückentagen freinehmen durfte. Ich ersparte es mir aber dann doch, ihn danach zu fragen. Ein Blick in die abgeklärten Gesichter der Damen, die an der Theke auf Kundschaft warteten, genügte, um zu erkennen, dass es hier nicht viel zu lachen gab.
Und dann stand ich auch nicht so wirklich auf rote Ledersofas und Reizwäsche als Arbeitsbekleidung. Nein, dieser Beruf war eindeutig nicht für mich geeignet. So freundlich es mir möglich war, schlug ich sein gut gemeintes Jobangebot aus.
Rechtsanwalt Michael Sommer hatte mich erst ein wenig zappeln lassen, bis ich bemerkte, dass er mich mit seinem strengen Blick nur necken wollte. Noch für denselben Abend hatte er mich zum Essen eingeladen. Anschließend teilten wir brüderlich den guten Verlagswein. Meine Entschuldigung nahm er entgegen und erklärte mir allen Ernstes, dass ich durch meinen Fehler eine Seele vor dem Fegefeuer gerettet hatte. Die neue Bürohilfe war eine der jungen Frauen, die sich eigentlich für den unmoralischen Job im Saunaklub bewerben wollte. Michi hatte die hübsche Blondine – Sabine ihr Name – auf Anhieb sympathisch gefunden. Sie war freundlich und flexibel. Und sie war eine Hilfe im Büro. Erst gestern hatte er sie vor meinen Augen als beste Sekretärin gelobt, die er je hatte. Das beruhigte mich. Sehr sogar. Allerdings fragte ich mich, ob stattdessen im Saunaklub eine der Bürokraftanwärterinnen gelandet war. Und ob meine Seele zukünftig im Fegefeuer dafür schmoren musste.
Insgeheim beschäftigte mich auch die Frage, ob ich im Arabian Nights wirklich eine so steile Karriere gemacht hätte, wie der Boss dort es mir prophezeit hatte. Doch mir schwante, dass ich das niemals herausfinden würde.
»Wie sagst du denn einem Mann, dass du ihn liebst?«, riss Claudia mich aus meinen Gedanken.
»Ich … also, ich sage, nun ich …«, stotterte ich herum und starrte zur Kommode. Und erstarrte. Das konnte doch nicht möglich sein! Der kleine Eskimo stand wieder mit dem Gesicht
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