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Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)

Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)

Titel: Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Schwarzhuber
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einem Schlag war es da: das Gefühl, die unglücklichste Frau der Welt zu sein. Und ein Blick auf den Wecker verschaffte mir ein weiteres Gefühl: das erschreckende Gefühl, ordentlich verschlafen zu haben.
    Mit einem Satz sprang ich aus dem Bett und mit dem linken Fuß genau auf einen kleinen harten Gegenstand. »Autsch!« Es war der kleine Eskimo, auf den ich getreten war. Scheinbar war er in der Nacht irgendwie aus der Tasche gefallen. Mann, tat das weh! Wütend kickte ich ihn mit dem heilen Fuß unter das Bett und verspürte dabei eine gewisse Genugtuung.
    »Jetzt aber schnell, Lene!«, feuerte ich mich selbst an. Ich hasste es, zu spät zu kommen. Ich hinkte zum Kleiderschrank und griff nach dem hellblauen Kleid, das Michi besonders gerne … Stopp! Kein Michi mehr. Kein Kleid heute. Und auch keinen Rock! Ich zerrte meine gute alte Lieblingsjeans aus dem wochenlang unberührten Hosenstapel. Anschließend schlüpfte ich in ein T-Shirt mit der Aufschrift: » Das Leben ist nicht das einfachste! « Und ich zog bequeme Sneakers an. Jetzt fühlte ich mich schon ein wenig besser. Ich war genau richtig angezogen, um den kommenden Tag einigermaßen zu überstehen.
    Nachdem ich mir eilig die Zähne geputzt, ein wenig Wasser ins Gesicht geklatscht und die Haarmähne zusammengebunden hatte, fiel mir plötzlich ein, dass ich letzte Nacht nicht mit meinem Auto nach Hause gefahren war, sondern mit dem Taxi. Auch das noch! Gott sei Dank war mein Vater noch nicht draußen auf den Feldern.
    »Was machst du denn noch hier?«, fragte er mich verwundert, als ich ihn im Gewächshaus fand. Mein Vater war Biobauer und bewirtschaftete den Hof nach den strengen Vorgaben eines Ökoverbands. Nahrungsmittel waren für ihn das kostbarste Gut der Menschen, und dementsprechend sorgsam und respektvoll ging er damit um.
    Nachdem meine Mutter kurz nach meiner Einschulung bei einem Autounfall ums Leben gekommen war, hatte mein Vater mich ganz alleine großgezogen. Und vor ein paar Jahren hatte er den alten Pferdestall in eine schnuckelige Zweizimmerwohnung für mich umgebaut.
    Unser Hof war sehr modern und hatte nicht im Geringsten etwas mit den heruntergekommenen düsteren Gebäuden zu tun, die Filmemacher so gerne zeigten, wenn ihre Geschichten in Niederbayern spielen. Allen Leuten, die aufgrund dieser Bilder denken, dass die Menschen in Niederbayern noch in Holzschlapfen über den matschigen Hof laufen oder in Häusern mit zusammengewürfelten Möbelstücken aus den Zeiten beider Weltkriege um einen Tisch sitzen und sich aus einer Schüssel die Suppe teilen, sei gesagt: Auch bei uns haben Einbauküchen, das vierundzwanzigteilige Essgeschirr und Kaffeeautomaten bereits Einzug gehalten. Und die eine oder andere Frau stolziert sogar in Manoloschuhen über den hübsch gepflasterten Hof ihres schicken Einfamilienhauses.
    »Ich hab verschlafen. Fährst du mich bitte ins Büro?«
    Vater nickte. Er war kein Mann der großen Worte. Und auch kein Mann der hohen Geschwindigkeiten. Die Fahrt nach Passau, normalerweise in zehn Minuten zu schaffen, dauerte mit ihm am Steuer seines nagelneuen Hybridautos mehr als doppelt so lange.
    Mit eineinhalbstündiger Verspätung hetzte ich an meinen Schreibtisch, entschuldigte mich in Richtung meiner Kollegen und legte sofort los. Gott sei Dank war viel los heute, sodass ich kaum dazu kam, über Michi und mich nachzudenken. Zumindest so lange nicht, bis ein Karton auf meinen Tisch knallte und ich erschrocken hochfuhr.
    »Das soll ich dir von Michi bringen!« Sabine stand vor mir und lächelte mich mit einem Blick an, der an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ: »Ätsch, jetzt gehört er mir!«, sagte dieser Blick. Mein Mund wurde schlagartig trocken. Ich bemühte mich, Haltung zu bewahren, nahm den Karton mit meinen Habseligkeiten und stellte ihn unter den Schreibtisch. Eindeutiger hätte Michi mir nicht sagen können, dass es zwischen uns endgültig aus war. Und das Schlimme daran: Ich hatte es ganz alleine verbockt! Trotzdem hatte es ihm wohl nicht schnell genug gehen können, sich mit seiner tüchtigen Mitarbeiterin zu trösten. So sakrisch kann die Liebe dann doch nicht gewesen sein, dachte ich bitter.
    Sabine stand immer noch da. Was wollte sie denn noch? Trinkgeld vielleicht? Miterleben, wie ich einen Weinkrampf bekam? Aber darauf konnte sie lange warten, denn Tränen waren momentan aus. Die Kollegen ringsherum schauten neugierig. Auch ihnen würde ich keine Gelegenheit geben, mir beim Heulen zuzusehen.

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