Liebeszauber an der Algarve
die Kinder, das wird sie beruhigen.“
Seine Miene verfinsterte sich, und Grace biss sich auf die Lippe. Der Himmel schien plötzlich nicht mehr ganz so strahlend blau zu sein. „Es ist nicht so, dass ich nicht bei dir bleiben will, Marco. Dies ist ein Notfall.“
Wortlos stand Marco auf, ging zum Rand der Terrasse und blickte hinüber auf die in der Ferne schimmernden grünen Rasenflächen des Golfhotels. Wo sie sich kennengelernt hatten …
Grace folgte ihm, unfähig, seine starre Haltung zu ignorieren, die ihr sagte, dass Marco sich bereits innerlich von ihr distanzierte. Was sie vorhatte, betrachtete er zweifellos als Verrat.
„Was erwartest du, wie ich mich fühle?“ Er drehte sich um und sah sie an. „Ich weiß, wie du dich um andere sorgst, aber was ist mit dir? Du warst nach deiner letzten Afrikareise völlig erschöpft und sollst dich doch eigentlich erholen. Vor allem möchte ich nicht, dass du deine Gesundheit aufs Spiel setzt. Dort wütet ein Fieber, Grace. Hast du mir nicht erzählt, dass der kleine Azizi daran gestorben ist?“
Errötend senkte sie den Kopf. „Wir wissen noch nicht, ob die beiden Mitarbeiter an demselben Fieber erkrankt sind, das Azizi getötet hat. Vielleicht ist es weniger gefährlich. Das muss im Labor des Krankenhauses festgestellt werden. Das Wichtigste ist, dass diese armen Kinder Hilfe bekommen. Ja, ich war bei meiner Rückkehr erschöpft, aber ich bin stark und gesund. Mir geht’s dort ganz bestimmt gut.“
Tränen stiegen ihr in die Augen, weil Marco offensichtlich nicht einmal erwägen würde, sie nach Afrika zu begleiten. Außerdem deutete sein Ton an, dass es verrückt von ihr war, eine solche Reise zu machen.
„Ich will nicht, dass du fährst. Dass du es wahrscheinlich so oder so tust, weiß ich. Schließlich dreht sich bei dir alles darum, den Benachteiligten zu helfen. Sich zu engagieren ist lobenswert. Etwas anderes ist es, sich in Lebensgefahr zu bringen!“
„Es tut mir leid, Marco. Du hast recht. Ich fahre. Versuch, deswegen nicht schlecht von mir zu denken.“
„Ich denke nicht schlecht von dir, Grace. Das könnte ich gar nicht. Trotzdem wünschte ich, du würdest es dir noch einmal überlegen.“ Marco steuerte auf die offenen Glastüren zu, die ins Wohnzimmer führten.
In dem Moment kam ihr in den Sinn, dass sie ihn vielleicht lange Zeit nicht wiedersehen würde. Eine Träne rann ihr über die Wange, weil ihre Beziehung solch eine unglückliche Wendung nahm.
„Marco? Bitte lass uns nicht im Streit auseinandergehen. Ich verspreche dir, dass mir nichts passiert. Kannst du kurz warten?“
Auf dem Tisch lagen noch der Block und der Kuli, weil sich Grace Notizen über ihre Reise gemacht hatte. Schnell nahm sie beides und schrieb ihre Handynummer und ihre Adresse in England auf. Nachträglich fügte sie noch die Telefonnummer und Adresse ihrer Eltern hinzu, dann riss sie das Blatt ab und reichte es Marco.
„Falls du dich mit mir in Verbindung setzen möchtest oder musst, solltest du das hier haben.“
Er nickte und schob den Zettel in die Hosentasche. „Sind deine Flüge schon gebucht?“
„Ja. Das Büro in London hat alles organisiert. Das Taxi zum Flughafen kommt in neunzig Minuten.“
„Hast du genug Geld?“
„Ja.“
„Dann gibt es nichts mehr zu sagen, oder? Bis auf eins: Pass auf dich auf, und riskier nicht mehr als unbedingt nötig.“
Bei den letzten Worten klang seine Stimme heiser. Dann umfasste er ihr Gesicht und küsste Grace leidenschaftlich auf den Mund. Ehe sie sich’s versah, drehte sich Marco um und ging ohne einen Blick zurück weg. Sekunden später hörte sie die Haustür zuknallen.
12. KAPITEL
Der Regen prasselte auf den Asphalt. Nach der trockenen, brennenden Hitze an der Algarve hätte er das Wetter in London erfrischend finden können, aber Marco war zu deprimiert, um darauf zu achten, ob es regnete oder nicht. Während er aus dem Fenster des Mercedes unbekannte Vorortstraßen betrachtete, durch die zu fahren er bis jetzt nie Grund gehabt hatte, hämmerte sein Herz bei der Aussicht, Grace nach sechs endlosen langen Wochen wiederzusehen.
Deprimiert war er, weil die Trennung von ihr ihn zermürbt und daran gehindert hatte, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, ihn hatte aufbrausen lassen, immer wenn etwas nicht lief, wie er wollte.
Mehrmals hatte er vergeblich versucht, Grace auf ihrem Handy anzurufen. Danach hatte er mehrmals vergeblich bei der Hilfsorganisation in London angerufen. Da er kein Angehöriger
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