Liebhaber der Finsternis
zusammen und duckte sich.
„Du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Du hast nichts falsch gemacht. Setzt dich, wir haben zu reden.“
Sie nahm auf der Couch Platz und zog die Beine schützend an ihre Brust. Wie ein wilder Krieger stand er vor ihr.
„Ich denke, es ist Zeit für ein längeres Gespräch. Was weißt du über uns?“, fragte er, als wäre nichts gewesen. Er hatte die Hände hinter den Rücken gefasst und schritt wie ein gefangener Tiger auf und ab.
„Ihr seid Vampire und trinkt Blut“, antwortete sie kleinlaut und wickelte den Morgenmantel fester um ihre Knie.
„Das ist alles? Hat er dir gestern Abend nichts über den Clan erzählt? Hat er dich nicht darauf vorbereitet, was dich erwartet? Hat er dir keine Wahl gelassen?“
Sie nestelte am Gürtel und dachte an die vergangene Nacht. Sie hatte nicht geglaubt, dass Vampire rot werden könnten, aber sie spürte ohne Frage Hitze in ihre Wangen steigen. „Er hat mich gefragt, ob ich wirklich eine Unsterbliche werden will und ich habe Ja gesagt.“ Leah wollte ihm nicht sagen, dass sie sich mit etwas anderem als Reden beschäftigt hatten. Sein leises Knurren deutete sie als Missfallen und schlang die Arme noch fester um ihre zitternden Knie. Außerdem hätte Corben selbst diese Aufgabe übernehmen können, und zwar, bevor er sie mit in diesen alten Kasten geschleppt hatte.
„Also gut, es bleibt mal wieder an mir hängen.“ Er atmete tief durch und begann mit seiner Geschichtsstunde, die sie wie gebannt aufsog.
„Unser Clan besteht aus zwölf Mitgliedern. Ein jeder von uns wurde in einer Vollmondnacht aus dem Himmel verbannt. Wir sind die zwölf schwarzen Apostel, denen der Herr im Himmel zur Strafe die Unsterblichkeit verlieh. Seitdem wandeln wir in Dunkelheit gehüllt über die Erde. Wir waren nie menschlich und deshalb können wir auch keine menschliche Nahrung aufnehmen. Uns bleibt nur Blut, das uns bei Kräften hält, denn wir besitzen einen anderen Verdauungstrakt. Jedes Mal, wenn wir Blut vergießen, sollen wir daran erinnert werden, dass wir seines verraten haben. Eine Strafe, die uns bis in alle Ewigkeit verfolgt. Nichts kann uns töten. All die Märchen, die man sich über uns erzählt, sind falsch. Du aber bist anders. Wir haben dich zu einem Vampir gemacht, deine Macht ist begrenzt, man kann dich töten. Und deshalb ist es wichtig, dass wir dich darüber in Kenntnis setzen.“
Er sah ihr in die Augen und sie zweifelte keinen Moment an seinen Worten. Als er fortfuhr, hing sie an seinen Lippen.
„Du wirst allein mit dem Blut von Menschen nicht bei Kräften bleiben, deshalb wirst du dich in jeder Vollmondnacht an einem der unseren nähren müssen.“
Abhauen ohne die Konsequenz des Ablebens war keine Option mehr. Sie versuchte, aufkeimende Verzweiflung hinunterzuschlucken. Jedenfalls hatte sie Cian, um sich an ihm zu stärken. Doch dafür wollte sie erst die Bestätigung. Weitere Fehler sollten ihr nicht unterlaufen. „Oh, aber das ist kein Problem oder? Dafür habe ich Cian, richtig?“
„Nein. Cian war deine erste Wahl, aber ein jeder von uns steht für einen Monat im Jahresverlauf und in dieser Reihenfolge wirst du dich an uns nähren. Solltest du in einer solchen Vollmondnacht nicht bei dem entsprechenden Vampir sein, wirst du den Monat nicht überleben. An allen anderen Nächten im Jahr steht es dir frei, sie mit deinem Partner zu verbringen. Es gibt keine andere Möglichkeit. Solltest du dich nicht nach unseren Gesetzen richten, werden wir im Rat darüber entscheiden, ob wir dir unser Elixier entsagen. Falls dieses Urteil ergeht, wirst du aus dieser Welt scheiden. Du siehst, es ist für dich lebenswichtig, dass du Bescheid weißt.“
„Für welchen Monat steht Cian?“, fragte Leah und schluckte.
„Juli.“
Sie wusste das Zucken um seine Mundwinkel nicht zu deuten. Gehörte es zu einem beginnenden Schmunzeln oder stand er kurz vor einem Wutausbruch? Sie dachte nach, es war August. Es würde ein Jahr dauern, bis sie sich an ihm nähren durfte. Wer würde für den September stehen und wie würde so eine Nahrungsaufnahme aussehen? Würde sie das Blut wieder in dem Kelch von letzter Nacht zu trinken bekommen? Sie entschied sich, zu fragen. Leah räusperte sich.
„Wie wird es vonstattengehen?“
„Du wirst mit demjenigen die Vollmondnacht verbringen. Willst du mehr wissen oder reicht dir das im Augenblick?“
In ihrem Kopf ratterte es. Sie versuchte, sich alle Vampire der vergangenen Nacht ins Gedächtnis zu rufen.
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