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Lieblingsgedichte der Deutschen

Lieblingsgedichte der Deutschen

Titel: Lieblingsgedichte der Deutschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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Bald wird es schnei'n -
Weh dem, der keine Heimat hat!

Der Fischer
- Johann Wolfgang von Goethe -
    Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,
Ein Fischer saß daran,
Sah nach der Angel ruhevoll,
Kühl bis ans Herz hinan.
Und wie er sitzt und wie er lauscht,
Teilt sich die Flut empor:
Aus dem bewegten Wasser rauscht
Ein feuchtes Weib hervor.

Sie sang zu ihm, sie sprach zu ihm:
"Was lockst du meine Brut
Mit Menschenwitz und Menschenlist
Hinauf in Todesglut?
Ach wüsstest du, wie's Fischlein ist
So wohlig auf dem Grund,
Du stiegst herunter, wie du bist,
Und würdest erst gesund.

Labt sich die liebe Sonne nicht,
Der Mond sich nicht im Meer?
Kehrt wellenatmend ihr Gesicht
Nicht doppelt schöner her?
Lockt dich der tiefe Himmel nicht.
Das feuchtverklärte Blau?
Lockt dich dein eigen Angesicht
Nicht her in ew'gen Tau?"

Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,
Netzt' ihm den nackten Fuß;
Sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll
Wie bei der Liebsten Gruß.
Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm;
Da war's um ihn geschehn;
Halb zog sie ihn, halb sank er hin
Und ward nicht mehr gesehn.

Über ein Stündlein
- Paul von Heyse -
    Dulde, gedulde dich fein!
Über ein Stündlein
Ist deine Kammer voll Sonne.

Über den First, wo die Glocken hangen,
Ist schon lange der Schein gegangen,
Ging in Türmers Fenster ein.
Wer am nächsten dem Sturm der Glocken,
Einsam wohnt er, oft erschrocken,
Doch am frühsten tröstet ihn Sonnenschein.

Wer in tiefen Gassen gebaut,
Hütt an Hüttlein lehnt sich traut,
Glocken haben ihn nie erschüttert,
Wetterstrahl ihn nie umzittert,
Aber spät sein Morgen graut.

Höh und Tiefe hat Lust und Leid.
Sag ihm ab, dem törigen Neid:
Andrer Gram birgt andre Wonne.

Dulde, gedulde dich fein!
Über ein Stündlein
Ist deine Kammer voll Sonne.

Ich habe dich so lieb
- Joachim Ringelnatz -
    Ich habe dich so lieb!
Ich würde dir ohne Bedenken
Eine Kachel aus meinem Ofen schenken.
Ich habe dir nichts getan.
Nun ist mir traurig zu Mut.
An den Hängen der Eisenbahn
Leuchtet der Ginster so gut.
Vorbei--verjährt--
Doch nimmer vergessen.
Ich reise.
Alles, was lange währt,
ist leise.
Die Zeit entstellt alle Lebewesen.
Ein Hund bellt.
Er kann nicht lesen.
Er kann nicht schreiben.
Wir können nicht bleiben.
Ich lache.
Die Löcher sind die Hauptsache in einem Sieb.
Ich habe dich so lieb.

Sommermorgen
- Hoffmann von Fallersleben -
    O Sommermorgen, wie bist du so schön,
So schön im Thal und auf den Höhn!

Wenn's Morgenroth aus Osten strahlt
Und golden den Saum der Wolken malt,

Und mit immer glänzend rötherer Glut
Auf den Wipfeln der dunkelen Wälder ruht;

Wenn Halm' und Blumen in Flur und Au
Frisch duften im kühlen Morgenthau;

Wenn durch des Waldes Stille der Quell
Vorüber rieselt silberhell;

Wenn durch die Blätter säuselt der Wind
Und im Felde die Lerch' ihr Lied beginnt:

Dann muss das Herz in Andacht beben
Und auch gen Himmel sein Lied erheben.

Also sprach Zarathustra: O Mensch! Gib acht!
- Friedrich Nietzsche -
    O Mensch! Gib acht!
Was spricht die tiefe Mitternacht?
"Ich schlief, ich schlief -,
Aus tiefem Traum bin ich erwacht: -
Die Welt ist tief,
Und tiefer als der Tag gedacht,
Tief ist ihr Weh -,
Lust - tiefer noch als Herzeleid:
Weh spricht: Vergeh!
Doch alle Lust will Ewigkeit -,
- Will tiefe, tiefe Ewigkeit!"

Archibald Douglas
- Theodor Fontane -
    "Ich hab' es getragen sieben Jahr,
Und ich kann es nicht tragen mehr,
Wo immer die Welt am schönsten war,
Da war sie öd' und leer.

Ich will hintreten vor sein Gesicht
In dieser Knechtsgestalt,
Er kann meine Bitte versagen nicht,
Ich bin ja worden alt,

Und trüg' er noch den alten Groll,
Frisch wie am ersten Tag,
So komme, was da kommen soll,
Und komme, was da mag."

Graf Douglas sprichts.
Am Weg ein Stein lud ihn zu harter Ruh',
Er sah in Wald und Feld hinein,
Die Augen fielen ihm zu.

Er trug einen Harnisch, rostig und schwer,
Darüber ein Pilgerkleid, -
Da horch, vom Waldrand scholl es her
Wie von Hörnern und Jagdgeleit.

Und Kies und Staub aufwirbelte dicht,
Herjagte Meut' und Mann,
Und ehe der Graf sich aufgericht't,
Waren Ross und Reiter heran.

König Jakob saß auf hohem Ross,
Graf Douglas grüßte tief,
Dem König das Blut in die Wangen schoss,
der Douglas aber rief:

"König Jakob, schaue mich gnädig an
Und höre mich in Geduld,
Was meine Brüder dir angetan,
Es war nicht meine Schuld.

Denk nicht an den alten Douglas-Neid,
Der trotzig dich bekriegt,
Denk lieber an deine Kinderzeit,
Wo ich dich auf den Knieen gewiegt.

Denk lieber

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