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Lied der Wale

Lied der Wale

Titel: Lied der Wale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Thomas
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Namen aus Davids Mund zu hören, ließ aus einer Erinnerung wieder ein lebendiges Wesen entstehen.
    »Und?«
    »Sie haben ein System eingeführt, bei dem du zuerst Förderersein musst, um Zugriff auf die Daten der Wale zu bekommen. Dreißig Dollar im Jahr.«
    »Dann zahlen wir eben die dreißig Dollar. Das ist es mir wert zu erfahren, wie sie das machen. Oder fällt’s dir schwer, Steve Geld zukommen zu lassen?«
    »Blödsinn!« Die Kälte in seiner Stimme erschreckte Leah. Die ganze Geschichte hatte sein Nervenkostüm ziemlich angegriffen. Er bemühte sich um ein Lächeln und entschuldigte sich sofort mit einem sanften Kuss.
    »Da ich jetzt offiziell dein Gigolo bin, hab ich deine Kreditkarte benutzt, und zehn Minuten später warst du Förderer der SeaSpirit-Bewegung«, erklärte er mit bitterer Miene. »Und eine Minute später habe ich gemerkt, dass die Wale nicht zu orten sind.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ganz einfach: Wenn man einen Wal anklickt, bekommt man ein Foto zu sehen und die Daten, wann und wo er fotografiert wurde. Steve hat offenbar das gesamte Fotoarchiv geklaut. Hat der Wal einen Paten, erscheint dessen Name daneben und auf Wunsch auch sein Foto. Das nennt man ›kleine Patenschaft‹, und der Spaß kostet hundert Dollar im Jahr. Für fünfhundert kriegt man die große Patenschaft, da kann man den Standort und den Weg seines Wales verfolgen. Diese Option ist jedoch erst in Kürze verfügbar . Fünfhundert Dollar! Das muss man sich mal vorstellen. Kinder können sich so was nicht leisten.«
    »Komm her, du Gigolo«, sagte Leah und nahm ihn in den Arm.
    »Ja«, seufzte David, »deine Idee zahlt sich aus. Zumindest für Steve.«
    Leah traute sich nicht, das Schweigen zu brechen. Sie hatte Angst vor der Richtung, die das Gespräch nehmen könnte.
    »Leah, so kann’s nicht weitergehen«, sagte David schließlich, und ihr wurde kalt.
    »Wir können beide nicht weiter so tun, als ob ich noch deiner Pflege bedarf – sosehr ich das auch genieße.«
    Da sind wir schon zu zweit, dachte sie traurig.
    »Ich weiß nicht, ob du das nachfühlen kannst, wie eng es einem um die Lunge wird, wenn man diese Luft hier atmet.«
    »Nun, ich konnte hier immer gut joggen.« Sie räusperte sich.
    »Du weißt, was ich meine. Ist einfach eine andere Luft als auf dem Wasser. Ich hab in der Stadt das Gefühl zu ersticken, und das liegt nicht am Smog. Ich fühl mich hier wie ein Tiger im Käfig.«
    Leah nickte. Sie hatte es ja die ganze Zeit über gewusst, dass er eines Tages genau das sagen würde. »Was willst du jetzt machen?«
    »Ich weiß es nicht. Ich hab kein Schiff, kein Geld, mir eins zu besorgen, die Wale werden weiter gejagt, und ich kann nichts tun.«
    Sie erinnerte sich an Geoffreys Prophezeiung, und mit einem Mal wurde Leah klar, dass ihre unrealistische Hoffnung, David als politischen Schreibtischtäter bei ihr in der Stadt halten zu können, völlig absurd war. Er würde eingehen. Wie ein gestrandeter Wal ohne Wasser. Wie sie ohne ihn. Aber besser sie als er.
    A uf dem Spaziergang nach Hause wusste sie genau, was zu tun war. Sie musste David in eine Fernsehsendung bringen und auf diesem Weg eine Spendenaktion starten. Für seinen Kampf, für das nächste Schiff, für einen neuen Anlauf, der ihn ihr ohne Zweifel nehmen und weit weg von ihr bringen würde. Kurz glomm der alte Glanz in seinen Augen auf, aber er verschwand sofort wieder. »Es wird nicht funktionieren. Kein Sender gibt sich für so was her.«
    »David, ich werde alle Kontakte anzapfen, die ich habe. Ich muss nur wissen, ob du mitziehst, wenn ich einen Spender finde.«
    »Natürlich zieh ich mit, was für eine Frage.«
    »Gut«, meinte Leah und drückte David ihr Handy in die Hand, »dann lass uns gleich anfangen. Du versuchst Joe oder Masao an die Strippe zu bekommen, die sollen dir sagen, wie du Govind erreichen kannst, er hat noch eine Menge Filmmaterial. Mal sehn, ob wir’s benutzen können.«
    E s sah alles andere als rosig aus. Leah hatte alle ihre Beziehungen spielen lassen, war sogar mit einem ihr unendlich unsympathischen Produzenten essen gegangen. Er hatte wohl auf einen Nachtisch in der Horizontalen spekuliert. Am nächsten Morgen folgte die Absage. Die fünfzehnte. Drei ihrer Ansprechpartner hatten ihren Arbeitgeber beim Fernsehen gewechselt, für die anderen war das Thema schon ausgelutscht. Idioten.
    Betrübt strich sie mit einem dicken Filzstift gerade einen weiteren Namen von ihrer Liste derer, die in Frage kamen, als das Telefon

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