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Lieder von Sternen und Schatten

Lieder von Sternen und Schatten

Titel: Lieder von Sternen und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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erstattet, und ich möchte Ihnen ihre Berichte nun bekanntgeben. Abteilungsmutter Jolip, würden Sie die Ereignisse schildern, die sich zugetragen haben, als Sie Ihre Befehle ausführten?«
    »Ja, Proktor.« Jolip stand auf. Sie war eine blonde Frau mit weißer Haut und magerem Gesicht, deren Uniform locker an einem schmalen Körper hing. »Ich wurde einem Trupp von zehn Leuten zugeteilt, um den sogenannten Klippen-Clan zu verjagen, dessen Pyramide am Fuß einer niedrigen Granitwand im wilderen Teil des Gebirges steht. Die von unserer Feindaufklärung beschafften Informationen deuteten darauf hin, daß es sich um einen der kleineren Clans handelte, mit nur gut zwanzig Erwachsenen, so daß ich auf schwere Waffen verzichtete. Wir nahmen jedoch eine Strahlkanone Klasse Fünf mit, da die Zerstörung der Jaenshi-Pyramiden mit Handfeuerwaffen allein eine mühsame Angelegenheit ist. Im übrigen war unsere Bewaffnung eine ganz normale.
    Wir rechneten nicht mit Widerstand, aber in Erinnerung an den Zwischenfall am Ring-aus-Stein war ich vorsichtig. Nach einem Marsch von etwa zwölf Kilometern durch die Berge zur Felswand schwärmten wir im Halbkreis aus und rückten langsam vor, mit gezogenen Kreischpistolen. Ein paar Jaenshi wurden im Wald aufgegriffen, und wir nahmen sie gefangen und ließen sie vor uns hermarschieren, als Schild für den Fall eines Hinterhalts oder Angriffs. Das erwies sich natürlich als unnötig.
    Als wir die Pyramide an der Klippe erreichten, warteten sie auf uns. Mindestens zwölf von den Kreaturen, Sir. Eine saß in der Nähe des Pyramidensockels, die Hände auf den Stein gepreßt, während die anderen eine Art Kreis um ihn bildeten. Sie blickten alle zu uns auf, machten aber sonst keine Bewegung.« Sie schwieg einen Augenblick und fuhr mit dem Finger nachdenklich an ihrer Nase entlang. »Wie ich dem Proktor berichtet habe, war von diesem Augenblick an alles sehr merkwürdig. Im vergangenen Sommer habe ich zweimal Trupps gegen die Jaenshi-Clans geführt. Beim erstenmal war, da sie von unseren Absichten nichts ahnten, keiner von den Seelenlosen zur Stelle; wir zerstörten einfach die Pyramide und zogen wieder ab. Beim zweitenmal drängte sich eine Menge der Wesen um uns, behinderte uns mit ihren Körpern und geriet uns in die Quere, ohne eigentlich unmittelbar feindselig zu sein. Sie zerstreuten sich nicht, bis ich eines der Wesen niederkreischen ließ. Und ich habe natürlich die Berichte von Abteilungsvater Allor über seine Schwierigkeiten am Ring-aus-Stein studiert.
    Diesmal war es ganz anders. Ich befahl zweien von meinen Männern, die Strahlkanone auf ihr Dreibein zu stellen, und gab den Kreaturen zu verstehen, daß sie aus dem Weg gehen müßten. Mit Handzeichen, versteht sich, da ich von ihrer gottlosen Sprache nichts verstehe. Sie gehorchten sofort, teilten sich in zwei Gruppen und, nun, sie stellten sich auf beiden Seiten der Schußbahn auf. Wir hielten sie natürlich mit unseren Kreischwaffen in Schach, aber alles schien ganz friedlich zu sein.
    Und so war es auch. Der Strahler zerstörte die Pyramide säuberlich, und es gab einen großen Feuerball und eine Art Donner, als das Ding explodierte. Ein paar Splitter flogen herum, aber niemand war verletzt, da wir alle Deckung genommen hatten und die Jaenshi unbesorgt zu sein schienen. Nachdem die Pyramide zerschmettert worden war, konnte man einen starken Ozongeruch feststellen, und einen Augenblick lang ein kurz anhaltendes bläuliches Feuer – vielleicht ein Nachbild. Ich hatte jedoch kaum Zeit, das wahrzunehmen, da in diesem Augenblick alle Jaenshi vor uns auf die Knie fielen. Alle gleichzeitig. Und dann preßten sie die Stirnen auf den Boden. Ich glaubte einen Augenblick, sie wollten uns als Götter anbeten, weil wir ihren Gott zerstört hatten, und versuchte ihnen klarzumachen, daß wir nichts von ihrer tierischen Anbetung wissen wollten und nur verlangten, daß sie diese Gegend sofort verließen. Aber dann sah ich, daß ich mich getäuscht hatte, denn in diesem Augenblick kamen die anderen vier Clanmitglieder aus den Bäumen über der Klippe herunter und kletterten hinab und gaben uns die Figur. Dann standen die anderen auf. Als letztes sah ich, daß der ganze Clan nach Osten davonging, fort vom Schwert-Tal und den umliegenden Bergen. Ich nahm die Figur an mich und brachte sie dem Proktor.« Sie verstummte, blieb aber stehen und wartete auf Fragen.
    »Ich habe die Figur hier«, sagte Wyatt. Er griff neben seinem Sessel hinunter und

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