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Limit

Limit

Titel: Limit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Mikroschrott freigesetzt worden sein. Vielleicht leidet unser Freund an Verstopfung. Hat der Huros eine Umgebungsanalyse durchgeführt?«
    »Leichte Kontamination. Was ist mit den Splittern? Könnten sie die Blockade ausgelöst haben?«
    »Möglich. Stammen wahrscheinlich vom Arm selbst. Vielleicht hat sich auch was verzogen, und er steht unter Spannung.« Die Astronautin studierte eingehend das Gelenk. »Andererseits, das ist ein Manipulator, keine Kuchengabel. Das Objekt wird höchstens sieben oder acht Millimeter groß gewesen sein. Ich meine, es war nicht mal ein richtiger Impact, so was muss er eigentlich wegstecken können.«
    »Du kennst dich ja mächtig gut aus«, meinte Thorn anerkennend.
    »Kunststück«, lachte sie. »Ich beschäftige mich kaum noch mit was anderem. Space debris ist unser größtes Problem hier oben.«
    »Und das da?« Er beugte sich vor und zeigte auf eine Stelle, wo ein winziges, helles Bröckchen herausstach: »Könnte das von einem Meteoriten stammen?«
    Spektor folgte seinem ausgestreckten Zeigefinger.
    »Auf jeden Fall stammt es von dem Ding, das den Arm getroffen hat. Näheres werden die Analysen ergeben.«
    »Eben«, sagte Haskin. »Also beeilt euch. Ich schlage vor, ihr holt das Zeug mit dem Ethanolgebläse raus.«
    »Haben wir so was denn?«, fragte Thorn.
    »Der Huros hat so was«, erwiderte Spektor. »Wir können seinen linken Arm dafür benutzen, im Innern sind Tanks und an den Effektoren Düsen. Aber das müssen wir zu zweit machen, Vic. Schon mal mit einem Huros gearbeitet?«
    »Nicht direkt.«
    »Ich zeig's dir. Wir müssen ihn teilabschalten, um ihn als Werkzeug benutzen zu können. Das heißt, einer von uns muss helfen, ihn zu stabilisieren, während der andere –«
    Im selben Moment erwachte der Manipulator zum Leben.
    Der riesige Arm reckte sich aus dem Laderaum, stieß zurück, vollführte einen Schwenk, erfasste den Huros-ED und versetzte ihm einen Stoß, als sei er seiner Gesellschaft überdrüssig. Reflexartig drückte Thorn die Astronautin nach unten und aus der Kollisionszone heraus, konnte jedoch nicht verhindern, dass der Roboter ihre Schulter streifte und sie herumwirbelte. In letzter Sekunde gelang es Spektor, sich im Gestänge festzukrallen, dann prallte der Manipulator gegen Thorn, riss ihn weg von ihr und vom Ring und katapultierte ihn in den Weltraum.
    Zurück! Er musste zurück!
    Mit fliegenden Fingern versuchte er die Kontrolle über seine Steuerdüsen zu erlangen, gefolgt vom pirouettierenden Torso des Huros-ED, der näher und näher kam, Haskins und Spektors Schreie im Ohr. Der Unterleib des Roboters traf seinen Helm. Thorn überschlug sich und geriet in hilflose Kreiselbewegung, während er über den Rand der Ringebene geschleudert wurde und sich fürchterlich schnell von der Raumstation entfernte. Entsetzt begriff er, dass er im Bemühen, die Astronautin zu schützen, seine einzige Chance vertan hatte, sich selbst zu retten. In wilder Panik tastete er umher, fand endlich die Bedienelemente für die Steuerdüsen, zündete sie, um seine Flugbahn mit kurzen Stößen zu stabilisieren, den Kreiselkurs zu beruhigen, bekam keine Luft mehr, begriff, dass der Anzug Schaden genommen hatte, dass es aus war, schlug um sich, wollte schreien –
    Sein Schrei gefror.
    Vic Thorns Körper wurde hinausgetragen in die stille, endlose Nacht, und alles änderte sich in den Sekunden seines Sterbens, alles.
     

19. MAI 2025
    [DIE INSEL]
    ISLA DE LAS ESTRELLAS, PAZIFISCHER OZEAN
     
    Die Insel war wenig mehr als ein felsiger Brocken, der äquatorialen Linie aufgereiht wie eine Perle einer Schnur. Verglichen mit anderen Inseln der Umgebung nahmen sich ihre Reize eher bescheiden aus. Im Westen stach eine recht ansehnliche Steilküste aus dem Meer, gekrönt von tropischem Regenwald, der dunkel und undurchdringlich an zerklüfteten Vulkanflanken haftete und fast ausschließlich von Insekten, Spinnen und einer bemerkenswert hässlichen Fledermausart bewohnt wurde. Rinnsale hatten sich in Spalten und Schluchten gegraben, sammelten sich zu Sturzbächen und ergossen sich donnernd in den Ozean. Zur Ostseite fiel die Landschaft terrassenförmig ab, durchsetzt von felsigen Erhebungen und weitgehend kahl. Palmenbestandene Strände suchte man vergebens. Schwarzer Basaltsand kennzeichnete die wenigen Buchten, über die das Landesinnere zugänglich war. Auf steinernen Vorposten im Brandungsgewitter sonnten sich regenbogenfarbene Eidechsen. Ihr Tagesablauf bestand darin, sich bis zu

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