Linda Lael Miller
sich auf
dem Sofa ausstreckte.
Das Läuten
des Telefons in der Diele weckte sie.
»Was machst
du zu Hause?« fragte Janet. »Dein Arzt hat mir ausdrücklich erklärt, du
solltest mindestens bis Freitag bleiben.«
Elisabeth
wickelte die Telefonschnur um ihren Finger und lächelte traurig. Sie würde
Janet vermissen, und sie hoffte, ihre Freundin würde nicht zu sehr unter ihrem
Verschwinden leiden. »Ich habe mich bis zu deinem Anruf
ausgeruht«, erklärte sie und bemühte sich, wieder ganz wie sie selbst zu
klingen.
»Ich
verschwende nur meine Zeit, wenn ich versuche, dich nach Seattle zu holen,
nicht wahr?«
»Ja«,
antwortete Elisabeth sanft. »Aber glaube nicht, daß deine Freundlichkeit mir
nichts bedeutet, Janet. Es ist nur so, daß ich im Moment mit etwas zu tun habe,
das ich für mich allein ausarbeiten muß.«
»Verstehe«,
sagte Janet. »Rufst du an, wenn du es dir anders überlegst?«
Elisabeth
versprach es, legte auf und wählte die Nummer ihres Vaters am Lake Tahoe. An
diese Gespräche würde man sich vermutlich als Verabschiedung erinnern, wenn
sie es zurück ins Jahr 1892 schaffte.
Als der
Anruf von einem Anrufbeantworter aufgenommen wurde, war sie fast erleichtert.
Sie gab sich zu erkennen, sagte, daß sie nicht mehr im Krankenhaus sei und daß
es ihr gutginge, dann legte sie auf.
Am frühen
Nachmittag erhitzte Elisabeth gerade eine Dose Suppe, als leichter Regen
einsetzte und eine Glühbirne zu flackern begann. Sie blickte unbehaglich zu
dem dunkler werdenden Himmel und fragte sich, ob es bei Jonathan und Trista
gleich ein Gewitter gab. Allein bei diesem Gedanken schnürte sich ihre Kehle
zusammen und brannten Tränen in ihren Augen.
Sie aß
gerade die Suppe und sah sich eine Seifenoper im Fernsehen an, als ein Bote des
Krankenhauses ihre Handtasche brachte.
Donner ließ
die Wände beben, Blitze zuckten, und der Fernseher fiel aus. Elisabeth störte
sich nicht daran, ging nach oben und blieb wieder sehnsüchtig vor der Tür stehen.
Sie lehnte
sich dagegen. Ihre Schultern zuckten unter lautlosem Schluchzen. Die Hoffnung
auf Rückkehr war alles, woran sie sich klammern konnte, und selbst die schwand
schnell.
Doch bald
schon wurde Elisabeth des Weinens müde, straffte sich und hämmerte mit der
Faust gegen die Tür. »Jonathan!« rief sie.
Nichts.
Im Bad
kühlte sie ihr Gesicht mit kaltem Wasser und ging dann entschlossen nach unten,
holte ihre Handtasche und zwang sich, zu ihrem Wagen zu gehen.
Der Einkauf
im Supermarkt wurde zur Qual. Wieder zu Hause, machte Elisabeth sich ein
schnelles Abendessen und nahm dann einen Stapel von Tante Veritys Tagebüchern
von einem Bücherregal im Wohnzimmer mit nach oben ins Schlafzimmer. Mit dem
letzten Holz machte sie Feuer im Kamin, legte sich aufs Bett und begann zu
lesen.
Zuerst
waren die Eintragungen ganz normal. Verity schrieb über ihre Ehe, wie sehr sie
ihren Mann liebte, wie sehr sie sich Kinder wünschte. Nach dem viel zu frühen
Tod ihres Lebensgefährten bei einem Jagdunfall schrieb sie über Trauer und
Gram. Und dann kam die Schilderung von Barbara Fortners Auftauchen.
Elisabeth
setzte sich kerzengerade auf, während sie über das ungläubige Staunen der Frau
und Veritys Bemühungen las, ihr ein Gefühl der Geborgenheit zu verschaffen.
Ein neues Licht fiel auf die Geschichten, die Verity ihren Nichten erzählt
hatte.
Um
Mitternacht fielen Elisabeth die Augen fast zu. Sie schloß die Tagebücher,
stapelte sie auf dem Nachttisch und kroch in ihr Bett. »Jonathan«, flüsterte
sie. Sein Name hallte in ihrem Herzen nach.
Sie wußte
nicht, ob Minuten oder Stunden vergangen waren, als das Schluchzen eines Kindes
sie weckte. Trista!
Elisabeth
setzte sich auf und schleuderte die Decken zurück. Ihre Finger umspannten die Halskette,
während sie auf den Korridor hastete. Mit zitternder Hand griff sie nach dem
Knauf der versiegelten Tür und betete von ganzem Herzen, daß sie sich öffnen
ließ.
Der Name
des Kindes stieg wie ein Seufzer der Erleichterung aus ihrer Kehle, als sich
der Knauf unter ihrer Hand drehte und die Angeln quietschten.
Eine Lampe
brannte auf dem Nachttisch, und Trista starrte Elisabeth an, als hätte sie
nicht glauben können, sie wirklich zu sehen. Dann verzog sich ihr kleines Gesicht
in kindlichem Zorn. »Wo warst du? Warum hast du mich verlassen?«
Elisabeth
setzte sich auf die Bettkante und zog Trista in ihre
Arme. »Ich war krank, Süße.« Freudentränen sammelten sich in ihren Augen. »Glaub
mir, dich zu
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