Linda Lael Miller
Handlungen
durchdringt.
»Ich möchte
heute zeitig gehen, wenn es Ihnen recht ist«, sagte Ellen und erschreckte
Elisabeth ein wenig. »Will nicht in den Regen geraten.«
Elisabeth
hielt sich gerade noch zurück, bevor sie Ellen anbot, sie mit ihrem Wagen
heimzufahren. »Vielleicht sollten Sie jetzt gleich gehen.«
Die
Haushälterin war sofort einverstanden, räumte Bügelbrett und Bügeleisen weg und
brachte Jonathans saubere Hemden nach oben. Bald darauf war sie fort.
Es regnete
noch immer nicht, und von Jonathan war nichts zu sehen.
Elisabeth
fühlte sich unbehaglicher als je zuvor.
Sie stieg
die schmale Treppe zu Tristas Zimmer hinauf und klopfte leise.
»Herein!«
rief eine kindliche Stimme.
Lächelnd
öffnete Elisabeth die Tür und trat ein. Ihre Miene wurde sofort ernst, als ihr
Blick auf den Anhänger fiel, den Vera um den Hals trug. Sie brauchte ihre
ganze Selbstbeherrschung, um sich nicht voll Entsetzen auf das Kind zu werfen
und die Halskette wegzureißen, ehe ihre tückische Magie wirken konnte.
Vera
lächelte breit und zeigte eine große Lücke, wo sich ihr Vorderzahn befinden
sollte. »Sehe ich nicht hübsch aus?« fragte sie und erwartete offenbar eine zustimmende
Antwort. Ganz sicher war es nicht verwunderlich, daß ihre Kinder – die
Buzbee-Schwestern – so abenteuerlich geworden waren. Sie sollten Veras angeborene
Zuversicht erben.
»Du siehst
hübsch aus«, erwiderte Elisabeth und schob sich in die Mitte des Raums, wo die
beiden kleinen Mädchen auf dem Teppich mit Puppen spielten. Neben ihnen sank
sie auf ihre Knie.
Vera
strahlte Elisabeth an. »Ich hätte die Kette nicht anprobieren sollen, ohne Sie
zu fragen«, sagte sie und tastete nach dem Verschluß. »Hier.«
Elisabeths
Hand zitterte leicht, als Vera die Kette und den Anhänger darauf fallen ließ. »Wo
hast du das gefunden?« fragte sie mit einem Blick auf Trista.
Ihre
zukünftige Stieftochter blickte unbehaglich drein. »Auf Papas Kommode.«
Elisabeth
ließ die Halskette in ihre Rocktasche gleiten. »Es wird regnen, Vera, ich
finde, du solltest lieber nach Hause laufen.«
Trista war
enttäuscht, protestierte jedoch nicht, sondern folgte Vera die Treppe
hinunter.
Aus Angst,
die Schwelle zum Korridor zu überschreiten, wenn sie die Halskette an sich
hatte, warf Elisabeth sie hinüber. Erst als sie sich bückte und das Schmuckstück
wieder vom Boden aufhob, fiel ihr ein, daß sie unter Umständen die Kette auf
eine andere Zeitebene hätte werfen können, so daß sie sie nie wiedergesehen
hätte.
Sie trug
die Halskette in das Gästezimmer, legte sie auf das Schreibpult, ging dann
hinunter und hielt von der Veranda Ausschau nach Jonathans Pferdegespann.
Statt
dessen sah sie die unerschrockene Vera nach Hause reiten, während Trista
verloren auf dem Türchen hin und her schwang.
»Das sollte
heute ja wohl nur ein Hochzeitstag sein«, sagte sie und schob die Unterlippe
ein wenig vor.
Elisabeth
legte lächelnd eine Hand auf die kleine, mit Leinenkrepp bedeckte Schulter. »Tut
mir leid, daß du enttäuscht bist, Süße. Falls es dir hilft, ich bin es auch.«
»Ich
wünschte, Papa würde heimkommen«, sagte Trista und blickte zur Stadt. Der
warme Wind ließ dunkle Haarsträhnen um ihr Gesicht flattern. »Ich glaube, es
wird einen Hurrikan geben.«
Trotz ihres
Unbehagens lachte Elisabeth. »Es wird keinen Hurrikan geben, Trista. Die Berge
bilden eine natürliche Barriere.«
Als wollte
er sich über ihre Erklärung lustig machen, schlug in diesem Moment ein Blitz
hinter dem Haus ein, und Trista und Elisabeth schrien erschrocken auf und
rannten nach hinten, uni nachzusehen, ob der Hühnerstall oder der Holzschuppen
getroffen worden war.
Elisabeths
Herz hämmerte schmerzlich in der Brust, als sie den Baum am Rand des Obstgartens
sah. Der Stamm war gespalten, das Innere verkohlt und rauchte noch. Im Stall
wieherten Jonathans Pferde, witterten etwas, rochen wahrscheinlich das
verbrannte Holz.
Zu allem
Überfluß war die Luft noch immer knochentrocken und mit einer unsichtbaren Kraft
aufgeladen, die alle anderen Geräusche mit einem drohenden Surren unterlegte.
»Wir
sollten lieber hineingehen«, sagte Elisabeth. Trista sah Elisabeth besorgt an. »Was
ist mit Vera? Wenn sie nun nicht sicher heimkommt?«
Es lag
Elisabeth schon auf der Zunge, sie könnten ja anrufen. Sie wünschte, einen
Wagen anspannen zu können, aber sie konnte es nicht und Trista wahrscheinlich
auch nicht.
Sie konnte
reiten, wenn auch nicht gut. »Wir holen
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