Linda Lael Miller
Stunden hatte er um das
Leben einer Mutter und ihrer Zwillinge gekämpft, wobei er die Frau und eines
der Kinder verloren hatte. Das Leben des zweiten Kindes hing an einem seidenen
Faden, aber er konnte einfach nichts mehr machen.
Erschöpft
wollte Jonathan in sein Bett fallen, doch bevor er das tat, wollte er
sicherstellen, daß es Elisabeth nicht wieder einfallen konnte zu verschwinden.
Er nahm
eine kleine Kerosinlampe und ging in das Gästezimmer. Die achtlos auf dem
Sekretär zurückge lassen Halskette schien in der Nacht zu funkeln und zog
Jonathan mit einer unerklärlichen Magie an.
Obwohl er
wußte, daß er sich am Morgen dafür schämen würde, nahm er den Anhänger und
ging in sein Zimmer zurück, wo er die Lampe ausblies und in sein Bett sank.
Irgendwann
in dieser sternenlosen Nacht erwachte Elisabeth. Sie mußte ins Bad, was
bedeutete, daß sie nach draußen zu dem Abort gehen mußte, wenn sie nicht das
Nachtgeschirr benutzen wollte – was sie ganz sicher nicht wollte.
Die Luft im
Freien war schwül und schien unter lautlosen Drohungen zu vibrieren. Mit einem
kleinen Schauer zwang Elisabeth sich den dunklen Weg entlang.
Sie war auf
dem Rückweg, als das Undenkbare geschah und sie mitten auf dem Pfad verharren
ließ. Ein Blitz zuckte aus dem dunklen Himmel und zersplitterte buchstäblich
das Dach des Hauses. Für einen schrecklichen Moment glühte alles um sie herum,
Bäume und Berge wirkten wie benommene Schläfer im Gleißen eines Blitzlichts.
Sofort
schossen Flammen aus dem Dach. Elisabeth schrie auf. Die Tiere im Stall hatten
das Krachen gehört und rochen wahrscheinlich das Feuer. Sie wurden wild vor
Angst. Elisabeth konnte sich nicht um sie kümmern. Sie mußte zu Jonathan und
Trista.
Sie
zerstörte die Mauer entsetzter Untätigkeit, rannte in das Haus und schrie
hustend Jonathans und Tristas Namen.
Die kurze
Treppe zu Tristas Zimmer war von schwarzen Rauchwolken erfüllt, die so dicht
waren, daß sie sich auf Elisabeths Haut wie fettige Schmiere anfühlten. Atmen
war kaum möglich.
Hinter
dieser Wand aus Rauch hörte sie Trista »Papa! Papa!« schreien.
Elisabeth
schleppte sich noch ein paar Stufen nach oben, kam jedoch nicht weiter. Ihre
Lungen waren leer, und sie verlor die Orientierung. Sie schluchzte, rutschte
aus, verlor den Halt und schrammte über die Stufen.
Schließlich
nahm sie wahr, daß jemand sie an ihrem Flanellnachthemd
packte. Starke Hände hoben sie auf stählerne Arme, und einen Moment dachte sie,
Jonathan hätte sie und Trista gefunden, und sie drei wären in Sicherheit.
Doch dann
hörte Elisabeth eine Stimme, die sie nicht erkannte. Ein großer Regentropfen,
warm wie Badewasser, traf ihr Gesicht. Sie öffnete die Augen und starrte in
das verstörte Gesicht von Farley Haynes.
Sie blickte
sich um. Der Mann von der anderen Straßenseite, seine fünf Söhne und andere
Männer bewegten sich in dem höllisch flackernden Licht der Flammen. Sie
hatten eine Eimerkette zwischen der Quelle und dem Haus gebildet. Scheuende
Pferde waren von dem gefährdeten Stall auf die Weide geführt worden.
Marshall
Haynes stellte sie nieder. »Jonathan ... Trista ...« keuchte sie heiser und
wollte zu dem Haus.
Der Marshal
schlang einen Arm um ihre Taille und hielt sie zurück. »Es ist zu spät.« Seine
Stimme rasselte. »Alle drei Treppen sind blockiert.«
In diesem
Moment stürzte ein Teil des Daches mit lautem Krachen ein. Elisabeth schrie,
kämpfte wild gegen den Griff des Marshalls und verlor das Bewußtsein.
Als
Elisabeth keuchend
und schluchzend zu sich kam, fand sie sich auf einem Wagen, der über die dunkle
Straße zur Stadt rumpelte. Sie setzte sich auf und wandte sich an den Mann,
der auf dem Bock saß und das Gespann lenkte.
Sie stemmte
sich auf die Knie hoch. Die Haare flogen um ihr Gesicht. Ihr rußverschmiertes
Nachthemd war mit Heu und Stroh bedeckt. »Jonathan und Trista«, würgte sie
hervor. »Habt ihr sie herausgeholt? Hat jemand sie gerettet?«
Marshal
Haynes wandte sich ihr zu, doch die Nacht war mondlos, und sie konnte nur seine
Umrisse sehen. Regen setzte so heftig ein, daß er seine Stimme erheben mußte.
»Das ist
etwas, worüber wir beide uns unterhalten müssen, kleine Lady«, sagte er.
Elisabeth
erinnerte sich an das einstürzende Dach von Jonathans Haus, und sie schloß die
Augen. Erst als Farley den
Wagen vor dem Gefängnis anhielt, begann ihr Schockzustand zu schwinden. Galle
stieg in ihrem Hals hoch, als sie sich daran erinnerte, was sie gelesen
Weitere Kostenlose Bücher