Lisa

Nonnen ebenso wie bei den Palettenund beim Gipsdiebstahl und bei den zerschlagenen Bierkästen die DNA von diesem Phantom.
    Hilgert hat hinterher noch eins aufs Dach gekriegt, wieso er nicht selbst längst darauf gekommen ist. Ob er schläft, ob er nur Dienstreisen nach Afrika machen will. Er ist bei mir durch die Wohnung getrampelt und hat gebrüllt wie ein Stier, dass er es denen zeigen wird, dass er sie bloßstellen wird.
    Sie haben diese Theorie dann überprüft und festgestellt, sie stimmt. Zumindest in den Fällen, wo man prüfen konnte, woher die Stäbchen stammten, waren sie aus ein und derselben Firma, die vor vielen Jahren mit Kampfpreisen zu Kundschaft in der ganzen Welt gekommen ist. Die damaligen Mitarbeiterinnen haben sie zwar nicht alle gefunden, doch es war eindeutig. Alle alten Stäbchen wurden eingestampft und neue bestellt und damit hatte es sich.
    Stand groß in den Zeitungen: DNA-Rätsel gelöst! Phantomfall aufgeklärt! Blamage für Ermittler! Werden sich vielleicht einige daran erinnern.
    Wenn ich gesagt habe, es war eindeutig, muss ich dazu anmerken: Eindeutig für alle außer Hilgert.
    Ich mag den wirklich. Er ist eigen. Er ist so – nicht verbissen, aber er ist er. Er ist er selbst. Er hat nicht die Gestik einer Person und die Hemden einer anderen und die Sprache einer dritten, und seine Ansichten sind nicht aus den Ansichten von allen möglichen anderen Leuten zusammengesammelt, sondern er hat sie selbst entwickelt, gegen innere und äußere Widerstände. Ein charismatischer Typ, muss man sagen. So wird man nicht leicht, so wie der, das erfordert einige Mühe.
    Einen wie ihn zum Freund haben, versteht ihr? Das hatfür mich viel bedeutet. Einen wie ihn zum Freund haben, das wollen wir alle. Wenn euch so jemand mag, und er mag mich, er mag mich wirklich, dann könnt ihr nicht ganz schlecht sein. Hilgert ist irgendwie ähnlich wie Mike, nur zurechnungsfähiger. Mit einem wie Hilgert geht ihr durch die dunklen Täler. Und wünscht euch, so wie er zu sein.
    …
    Habe nachgedacht. Über die – Moment, ich brauche noch was zu trinken. Ich habe Wodka im Kühlschrank.
    …
    So, das hat jetzt eine ganze Weile gedauert, liegt daran, dass ich ein Volltrottel bin. Ich hatte vorhin das Licht ausgeschaltet und die Fenster zum Lüften aufgerissen, während ich in der Küche Brote schmiere. Und wie ich zurückkomme, schwirren zwei Fledermäuse im Zimmer herum.
    Aber krieg die wieder raus! Ich habe Glück gehabt, nur zehn Minuten. Grausig genug waren die. Diese Tiere fahren euch nämlich mit den Flügeln ins Gesicht. Boah, der reinste Horrorfilm. Dieses Rascheln, der Luftzug, dann der Flügelschlag in eurem Gesicht … na danke.
    …
    Ich habe mir ohne Rücksicht auf weitere Arku… Artikulationsschwei… da haben wir es, Artikulationsschwierigkeiten noch einen hineingepelzt, damit alles seine Richtigkeit hat.
    Warum tut mir der Rücken so weh? Warum wohl, weil ich stundenlang hier sitze. Ich könnte auch im Liegen reden, aber ich weiß nicht, ob ich das Mikro da hinunterbringe, außerdem könnte mir schlecht werden. Im Liegen zu trinken bin ich nicht gewöhnt.
    Die Fledermäuse haben mich an Blindheit denken lassen,und natürlich ist mir gleich Mike eingefallen, mein Zweimeterirgendwasfreund mit den Anfällen. Der kann in die Sonne schauen. Kein Scherz, der hält das aus! Und er ist nicht blind. Sieht sogar sehr gut. Wir haben ihn Buchstaben von Tafeln lesen lassen wie beim Augenarzt, der sieht besser als die meisten von uns. Keiner kann es begreifen, er schaut fünf Minuten lang in die Sonne, wenns verlangt wird. Einer wie der ist mir noch nicht untergekommen.
    Das ist schon auch einer, neben dem man durch dunkle Täler gehen möchte. Nur besteht in seiner Gesellschaft kein Zweifel daran, dass es euch irgendwann erwischt. Wenn Hilgert neben euch geht, könnt ihr davonkommen. Der eine verbrennt irgendwann, und alles in seiner Nähe verbrennt mit, und der andere brennt, aber es gibt eine Chance.
    Ich hoffe, das ist alles noch irgendwie nachvollziehbar.
    …
    Gerade fiel mir auf dem Klo beim Anblick des Fotos der bekleideten Katze wieder das Buch ein, das die geplatzte Leber Katha und mir zu Weihnachten geschenkt hat. Es heißt »Mit Katzen tanzen«. Ich will euch nicht langweilen, also wenn jemand kein Interesse hat an den existentiellen Delirien von Esoterikern, wäre das vielleicht ein günstiger Zeitpunkt, um aufs Klo zu gehen oder sich Chips zu holen. Denn jetzt kommt eine saublöde